Mit Jonas Buud hat nun wirklich niemand gerechnet. Mit der Startnummer 889 nahm er die 78 Kilometer lange Königsdistanz in Angriff, als Erster überquerte er nach 6:03:03 Stunden die Ziellinie beim Davoser Sportzentrum und liess somit mit dem Russen Grigory Murzin (4:10 Minuten zurück) und dem Marokkaner Mohamad Ahansal (16:55) zwei in Davos Altbekannte hinter sich. Die Keschhütte, die mit ihren 2632 Metern Meereshöhe den Kulminationspunkt des Swiss Alpine Marathon Davos darstellt, erreichte der Schwede noch hinter den beiden erfahrenen Ultraläufern.
Auf dem Scalettapass hatte Buud dann bereits die Spitzenposition inne, Murzin als erster Verfolger lag eine Minute zurück. Beim Dürrboden lautete die Reihenfolge umgekehrt, wenig später übernahm der Überraschungsmann aber wieder die Führung. Auf den abschliessenden gut zehn Kilometern baute er den Abstand sukzessive aus. „Ich fühle mich grossartig“, sagte Buud mit einem zufriedenen Lächeln. „Ich lief stets mein eigenes Tempo und liess mich nicht von den Gegnern beirren.“ Alles andere denn bewundernswert gestaltete der Belgier Gino van Geyte seine Premiere am Swiss Alpine Marathon Davos. In Bergün (nach 39 Kilometern) noch an erster Stelle, verlor er zusehends an Terrain und erreichte das Ziel erst nach 8:58:09 Stunden, was dem 177. Rang entsprach.
Die Podestplätze machten am Schluss also die ausländischen Läufer unter sich aus. Die Bezeichnung „bester Schweizer“ wurde Olivier Bernhard zuteil; der vor knapp zwei Jahren vom Spitzensport zurückgetretene Triathlet und Duathlet lief bei seinem, auf dieses Rennen befristeten Comeback mit der Zeit von 6:29:58 Stunden auf den undankbaren, jedoch hervorragenden vierten Rang. „Die 78 Kilometer kamen mir gar nicht so lange vor“, sagte Bernhard, der mit seiner Teilnahme ein langjähriges Versprechen an OK-Präsident Andrea Tuffli einlöste, mit einem Schmunzeln nach dem Zieldurchlauf.
Hätte der 39-jährige Familienvater aus dem Appenzellerland den ärztlichen Rat befolgt, wäre er am Samstag gar nicht erst gestartet. Am Montag vor dem Bergklassiker musste er während seines Trainings- und Ferienaufenthaltes im Engadin wegen Verdachts auf Blinddarm das Spital in Samedan aufsuchen. Tags darauf gab es dann aber Entwarnung, allerdings riet ihm der behandelnde Arzt von einem Start ab. Als wäre dieser Schreckensmoment noch nicht genug gewesen, schwoll am Mittwoch nach einer lockeren Radausfahrt auch noch das rechte Knie wegen Wassers an. Wieder empfahl ihm der Doktor, auf den Swiss Alpine Marathon Davos zu verzichten...
Wenig Glück war dem angeschlagenen Mitfavoriten Moritz Boschung beschieden, der im Bereich Bergün an fünfter Stelle laufend wegen eines Muskelfaserrisses im rechten Oberschenkel aufgab. Nicht so richtig auf Touren kam der italienische Vorjahressieger Giorgio Calcaterra, der sich mit einem Rückstand von 33:21 Minuten auf Überraschungsmann Buud mit dem achten Rang bescheiden musste. Dafür lieferte Elizabeth „Lizzy“ Hawker zum zweiten Mal innert Jahresfrist eine eindrückliche Vorstellung ab; die 31-jährige Britin war mit 6:46:15 Stunden zwar gut eine Viertelstunde langsamer als bei ihrem Rekordlauf 2006, distanzierte ihre Konkurrentinnen aber erneut um mehr als eine halbe Stunde.
Dabei kam die Umweltwissenschaftlerin mit Doktortitel in Polar-Ozeanographie nicht einmal ohne Schwierigkeiten über die Runde. „Auf der Keschhütte hatte ich ziemlich starke Bauch- und Rückenschmerzen“, verriet Hawker und mutmasste wenig später: „Vielleicht ging ich das Rennen zu schnell an.“ Gut teilten die beschwerlichen 78 Kilometer mit 2320 Höhenmetern Raffaela Frey (Au) und Gaby Steigmeier (Brülisau) ein; die beiden Ostschweizerinnen belegten wie vor zwei Jahren – damals hinter der einheimischen Gewinnerin Jasmin Nunige, die am Samstag beim K21 Dritte wurde – die Plätze 2 und 3.
Von einem Meilenstein sprach nach der Premiere des K21- und des WALK-Starts auf der Sunnibergbrücke OK-Boss Andrea Tuffli. „Die Stimmung war hervorragend“, fasste er den Augenschein vor Ort zusammen. Als besonderes Gefühl bezeichneten einige der Teilnehmer und Teilnehmerinnen den Umstand, auf einer Nationalstrasse zu einem Rennen starten zu können. Gar von einem „Supergefühl“ sprach die in Klosters aufgewachsene und nun in Davos wohnhafte Langläuferin Seraina Boner, die auf den 21 Kilometern mit 1:33:40 die Bestzeit realisierte. Auf den zweiten Rang lief ihre Kollegin Seraina Mischol, Dritte wurde Jasmin Nunige, die Gewinnerin der 78 Kilometer langen Königsdistanz beim Jubiläum 2005.
Insgesamt gingen am Samstag in den neun Bewerben (inklusive Mini vom Vorabend) 5057 Läuferinnen und Läufer an den Start. Diese Zahl ist gleichbedeutend mit dem zweitbesten Ergebnis in der 22-jährigen Geschichte nach der Jubiläumsdurchführung vor zwei Jahren. Die grössten Teilnehmerzahlen verzeichneten der K78 (1157) und der K21 (1016). Diese beiden Prüfungen stehen sicherlich auch im nächsten Jahr am letzten Juli-Samstag in der Beliebtheitsskala wieder ganz oben, und es darf davon ausgegangen werden, dass Buud, Hawker, Boner und K21-Männersieger Martin Jost aus Winterthur wie der Grossteil sämtlicher Läufer und Läuferinnen erneut dabei sind.