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Laufberichte

„Gliggauf“ aus Sachsen

15.04.07

Rekordbeteiligung dank Hoch „Peggy“

 
Gliggauf aus Werdau. Wir machen wieder eine Reise in die Vergangenheit. Erlaufen uns die Wälder in Thüringen und Sachsen. Ja, und für einige Anekdoten und Begebenheiten ist auch noch Zeit.

 

Nachdem am Tag zuvor in Bad Frankenhausen der erste Teil meines Doppeldeckers anstand, habe ich sozusagen als zweite Tragfläche den Werdauer Waldlauf gewählt. Meine Anreise vom Kyffhäuser geht relativ problemlos vonstatten, lediglich auf der Autobahn 4 im Bereich von Jena staut sich’s aufgrund eines Unfalles. Auf diesem Highway ist auch noch eine Menge Arbeit nötig, denn die Vorkriegsautobahn mit den engen Kurvenradien, den hohen Steigungs- und Gefälleprozenten, zum Teil auch noch ohne Pannenstreifen, ist nicht mehr zeitgemäß, zumal ja der Verkehr gerade aus dem Osten doch deutlich zugenommen hat. Und gerade in so einem Gefällbereich ist ein Fahrzeug durch das Buschwerk am Fahrbahnrand geschossen und erst nach einem gehörigem Flurschaden auf dem angrenzenden Feld stehen geblieben.

 

Gegen 17.30 Uhr erreiche ich dann Werdau, wo bereits die Hinweisschilder angebracht sind. Ich stelle mein Fahrzeug an der Jugendherberge ab und mache mich zu Fuß auf in die Sportschule Werdau, wo die Meldestelle und auch unser morgiges Ziel eingerichtet ist. Ich erhalte meine Unterlagen für den Marathonstart und nehme nebenbei noch Verbindung auf zu Peter Schmidt, dem Boss des Werdauer Waldlaufes.

 

Zurück bei der Jugendherberge beziehe ich dann meine vorbestellte Unterkunft. Frau Kosak als Herbergsmutter (ist das noch die richtige Bezeichnung?) zeigt mir das Zimmer und gibt mir noch Tipps, da mein Magen knurrt. Die zwischen ihr und dem Peter Schmidt vorab abgesprochene Übernachtungsmöglichkeit für 15 EUR einschließlich des Frühstücks ist eine gute Idee, denn in der Unterkunft haben sich knapp zehn Läufer einquartiert.

 

Am Abend marschiere ich dann in die Altstadt von Werdau. Ratskeller, Italiener oder Chinesisch, für den Gaumen wird sich sicher was finden. Zuerst blicke ich mich noch ein wenig um. Werdau ist Große Kreisstadt mit rund 25000 Einwohnern und damit genau so groß wie meine Heimatstadt Neuburg. Während bei mir die breite Donau fast in Sichtweite ist, plätschert hier die Pleiße als Bächlein Richtung Norden. Zwickau liegt nur wenige Kilometer entfernt und dem Eishockeyfreund wird wohl Crimmitschau, auch um die Ecke, bekannt sein.

 

Bereits um 1170 wurde das Dorf Werde gegründet. Im 14. Jahrhundert erhielt der Ort das Stadtrecht zuerkannt. Ja, und bereits im 16. Jahrhundert war Werdau ein bedeutender Standort der Bierproduktion. Die Tuchmacherei wurde ebenfalls stark betrieben. 1670 und 1756 brannte die gesamte Stadt nieder. Schon frühzeitig war Werdau per Eisenbahn zu erreichen. Die Sächsisch-Bayerische Eisenbahn führte nach Hof und Leipzig. Bereits vor dem ersten Weltkrieg lebten hier über 20000 Personen.

 

In der Altstadt auf dem Marktplatz sehe ich in der Abendsonne die Marienkirche, die zwischen 1318 und 1344 als Stadtkirche erbaut wurde. Auch sie fiel den Stadtbränden zum Opfer und wurde 1788 wieder neu errichtet. Der Marktplatz selbst verbreitet durch die ehrwürdigen Bürgerhäuser fast südländisches Flair. Das Rathaus hebt deutlich ab und gehört sicher zu den schönsten in Sachsen. Als ich ein wenig herumstreune, fällt mir ein Eingang des Rathauses auf, wo früher die Polizei-Wache untergebracht war. 2011 wird es sein 100jähriges Bestehen feiern. Nach der kurzen Besichtigung kehre ich bei einem Chinesen ein und haue mir den Ranzen voll.

 

Zurück in der Unterkunft, habe ich einen Zimmergenossen bekommen. Es ist ein Amerikaner, der auch den langen Kanten laufen will. Zum Frühstück gibt’s Wurst, Käse, mehrere Sorten Marmelade, Honig, Joghurt und Obst in mehreren Variationen. Der Tisch ist also reichlich gedeckt. Ich gehe dann wieder zur Sportschule, um meinen Rucksack mit der Wechselbekleidung abzugeben.

 

Was ist zum Werdauer Waldlauf zu sagen? Zunächst einmal, das man hier sehr günstig die Möglichkeit hat, einen Marathon zu laufen. Bei zeitiger Voranmeldung über diese Distanz nimmt man nur zwölf EUR. „Laufende“ Starts sind auch möglich über die Halbmarathondistanz, zehn und vier Kilometer. Für die Walker, Wanderer und Jogger sind zusätzlich Strecken über 12 und 25 Kilometer ausgeschildert. Auch für diese wird die Zeitmaschine angeworfen. Alle Sportler erhalten Teilnahmeurkunden sowie ein kleines Handtuch. Die schnellsten Läufer erhalten in den verschiedenen Altersklassen Sachpreise. Ich erinnere mich noch an meine erste Teilnahme von einigen Jahren beim Herbstmarathon, wo ich als Sachpreis ein Fünfliterfass Pils bekommen habe. Die Zeitmessung geschieht über einen Transponder, der am Arm getragen werden muss.

 

Im Zielbereich ist emsiges Treiben festzustellen, wobei vor dem Stand des Vier-Kilometer-Laufes eine Traube Teilnehmer ansteht. So 15 Minuten vor unserem Start um 09.00 Uhr gehe ich dann die 400 Meter zum Fußballstadion des SV Rot-Weiss Werdau. An den angrenzenden Teichen werden Enten mit Brotresten von Kindern angelockt. Am Startgelände selbst wird die Straße kurzerhand für uns gesperrt. Peter Schmidt sieht eine Gruppe Jugendlicher, die ihre Startnummern am Rücken tragen. „Wollt Ihr rückwärts durchs Ziel laufen?“ fragt er die entsprechende Betreuerin.

 

Der Oberbürgermeister Volkmar Dittrich, seines Zeichens Schirmherr, hat für heiteres Wetter gesorgt. Nach ein paar Grußworten nimmt er die Startpistole zur Hand und schießt uns auf die Strecke. 240 Sportler des langen und halblangen Kantens laufen los. Uns führt die Strecke entlang der Straße „An den Teichen“ leicht bergauf. Rechts sehen wir nach dem Stadion zwei, drei Wasserteiche und dann linkerhand die Sportschule. Im Schatten ist es noch angenehm kühl. Ideal zum Laufen. Aber die Temperatur wird steigen.

 

Bei einem Sportler der SG Naitschau sehe ich auf dem Rücken einen lustigen Spruch. „De Natschner Rammler,“ das muss uns mal der Läufer erklären, was es damit auf sich hat. Von den Gartenhäuschen auf der linken Seite stehen nur vereinzelte Zuschauer. Ein Junge wedelt mit einer kleinen Deutschlandfahne. Wir verlassen Werdau auf einer kleinen Allee.

 

Nach rund drei Kilometer laufen wir, nun ist der Streckenverlauf wieder eben, in die Waldsiedlung Leubnitz. An der Cotta-Eiche erreichen wir den Rand des Werdauer Waldes, der eines der größten zusammenhängenden Waldgebietes des westsächsischen Raumes ist und bis weit nach Thüringen reicht. Unsere Strecke reicht dann auch hinein in die Greizer Region.

 

Mittlerweile ist das Asphaltband ohne uns abgebogen, wir trampeln weiter auf einem befestigten Waldweg. Durch Holzabfuhr, schätze ich, ist der Weg etwas gewölbt. Wer ein längeres Bein hat und die richtige Wegseite wählt, läuft einigermaßen gerade. Die anderen, wie ich, eiern mal links, mal rechts dahin. Aber den Bestzeitenversuch heben wir uns für später auf. Die Wende der 10-Kilometer-Läufer kommt.

 

Der Hinweg zur Innenrunde bleibt wellig, mehr aufwärts als fallend. Später ist er wieder asphaltiert. Mittlerweile bin ich auf meinen Tischnachbarn in der Jugendherberge aufgelaufen. Der Jürgen Schönfelder aus Leipzig will so im 5-Minuten-Schnitt sein Rennen gestalten. Jeder Kilometer ist hier angezeigt. Mir fällt auf , dass jede Menge Holz zwischengelagert wird, wohl das Ergebnis aus den Waldarbeiten aufgrund des Sturmes Kyrill.

 

Die Verpflegungsstelle Weidmannsruhe kommt (Kilometer 10,6). Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Wir laufen geradeaus in die erste von zwei Innenrunden, während die Halbmarathonis links abbiegen. Unsere Runde ist anfangs gefällig und asphaltiert. Man kann es für fast zwei Kilometer richtig rollen lassen. Das spare ich mir für die zweite Innenrunde auf. Das Marathonfeld ist nun sehr ausgedünnt.

 

Bei 12,3 Kilometer werden wir links eingewiesen. Der folgende Waldweg ist befestigt und steigt wieder an. Bei den 3 Lärchen finden wir erneut eine Getränkestelle, die nicht nur von den Marathonis, sondern auch von den wieder auf unserer Strecke laufenden Halbmarathonis eifrig in Anspruch genommen wird. Hier ist auch ein kurzes Wendepunktstück eingebaut.

Die „Sprinter“ unter den Langstrecklern laufen dann an einer Waldkreuzung geradeaus, während wir links abbiegen. Der Elferteich fast am Ende der Runde lädt ein zum Bad, wenn nur die Uhr gestoppt werden könnte. Die Gedanken sind frei und wir hecheln dann als Quittung den folgenden Stich hinauf. Die erste Runde endet wieder an der Weidmannsruhe, wo sich mittlerweile zahlreiche Radfahrer, Zuschauer und Biergartenbesucher eingefunden haben.

 

Ich verpflege kurz und beschließe, es auf der zweiten Innenrunde laufen zu lassen. Ein paar wenige Gegner kann ich dann überholen. Der Fotoapparat bleibt jetzt in der Tasche. Ich laufe auf das Ende unseres Feldes auf. Der Bernd Seitz aus Regensburg tritt auf die Seite, klatscht und ruft mir und Klaus-Dieter Hellwig zu: „Platz zehn, Platz elf.“ Vor dem Elferteich überhole ich den Klaus-Dieter, da ich mein Tempo weiterlaufen will.

 

Am Elferteich fallen mir dann die zahlreichen Personen auf. Beim Umsehen, glaube ich, erste FKK-Badegäste zu sehen. Wie warm war das Wasser? Für männliche Badegäste, schätze ich, etwa zwei Zentimeter. Weiter, nicht dass mir jemand die Sittenpolizei nachschickt.

 

An der Weidmannsruhe verpflege ich erneut, erhalte auf Nachfrage aber kein Bier, es gibt hier zudem Schleim. Na dann sauf ma halt an Tee. Die Leute im Biergarten lachen, als ich sie auf den Chip banne. Es geht zurück auf dem bekannten Hinweg.

 

Der Rückweg gestaltet sich dann zunehmend schwieriger. Es wird aber besser, als ich an der vorletzten Verpflegungsstelle zwei, drei Apfelschnitte verdrücke. Ein Verfolger kommt noch in aller Hektik angestürmt, greift sich zwei Becher und, schwupps, weg ist er. Der Klaus-Dieter bleibt nach hinten in Sichtweite, näher kommt es nicht, der Abstand wird aber auch nicht größer. Am Trafohäuschen bei Kilometer 41,1 werde ich vom Streckenposten halblinks eingewiesen, ich wäre sonst auf der Vorfahrtstraße weiter gedackelt.

Es geht nun noch für einen knappen Kilometer bergab, ich lass es nochmals laufen. Aber an der Sportschule haben wir nochmals für ein paar Meter steil aufwärts zum Sportplatz vor uns. Die letzten 300 Meter auf der Laufbahn sind flach, wo wir dann persönlich vom Moderator angesprochen werden. „Du bist Neunter.“

 

Im Zielkanal wird die Zeit gestoppt und der Chip abgenommen. Ich erhalte die Finisherurkunde und das kleine Handtuch. Als Getränke erhalten wir Tee und Wasser. Ich bleibe noch im Zielbereich, lasse jetzt meine Kamera arbeiten, zumal die Siegerehrungen schon angekündigt werden. Bei der Siegerehrung erhalte ich noch mal eine Urkunde als Zweiter der Klasse M45. Mit meiner Zeit von 3.26.57 Stunden bin ich dann doch deutlich unter 3.30 Stunden geblieben, obwohl ich auf dem Rückweg von der Weidmannsruhe doch rund zwei Minuten verloren habe.

 

Die Sportschule wurde bereits 1938 erbaut, die Erweiterung fand 1951 statt. Eine komplette Renovierung geschah dann 1990 bis 1992. So gibt es mehrere Hallen, Kraftraum, 325-Meter-Laufbahn, Volleyball-, Fußballplatz und ein kleines Freibad. Dort wird schon fleißig geschwommen. Von zwei Stockenten!

 

Für den hungrigen Sportler gibt’s dann Rostbratwürste, Kaffee, Kuchen und Getränke. Peter Schmidt versorgt mich dann vor meiner Abreise noch mit Zahlenmaterial. Nächstes Jahr wird der 30. Waldlauf veranstaltet. Ein Jubiläum. Den Peter würde ein zahlreicher Besuch und ein großes Teilnehmerfeld freuen.

 

Teilnehmer:

Gesamtteilnehmer 554 (Rekord, dank Hoch Peggy), davon 65 Marathonis und 173 Halbmarathonis im Ziel.

 

Streckenbeschreibung:

Ein gutes Drittel asphaltiert, Rest gute Waldwege, wenn auch zum Teil etwas gewölbt. Knapp 400 Höhenmeter. Die Strecke lässt sich in vier gleichlange Abschnitte aufteilen: Hinweg, zwei Innenrunden, Rückweg, jeder Abschnitt rund 10,5 Kilometer.

 

Wettbewerbe:

Marathon, Halbmarathon, 10, 4-Kilometer-Lauf. 25 und 12-Kilometer-Strecke für Walking, Wandern und Joggen. Alles mit Zeitnahme.

 

Siegerliste

Marathon Männer

1. Mirko Hennig 2.44.30;
2. Volkmar Wolfrum 2.46.56;
3. Alexander Kunze 2.50.32.

 

Marathon Frauen

1. Barbara Denzler 4.03.14;
2. Elke Gill 5.22.53;
3. Barabra Gil 5.54.36.

 

Halbmarathon Männer

1. Peter Seifert 1.13.09;
2. Matthias Flade 1.16.01;
3. Sven Thiele 1.20.38.

 

Halbmarathon Frauen

1. Claudia Hempel 1.33.08;
2. Cordula Weißmann 1.37.02;
3. Christiane Türke 1.37.13.

 

Zeitnahme/Ergebnisse:

Transponder. Ergebnisse unter www.werdauer-waldlauf.de.

 

Auszeichnung:

Urkunde/Handtuch für jeden Finisher. Sachpreise für die Klassenbesten.

 

Logistik:

Reichlich Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe. Startnummern am Vortag ab 15.00 Uhr, am Starttag ab 07.00 Uhr. Duschmöglichkeiten. Kleiderablage in den Sporthallen. Günstige Übernachtung in der Jugendherberge.

 

Verpflegung:

Alle fünf Kilometer Verpflegung mit Tee, Wasser, Schleim, Bananen, Äpfel.

 

Zuschauer:

Zuschauer nur an der Weidmannsruhe und im Start-/Zielbereich.

 

Weitere Veranstaltungen des SV Rot-Weiss Werdau:

30.06.2007 Dänkritzer Schmiede-Lauf;

18.11.2007 Herbstmarathon;

31.12.2007 Silvesterlauf;

13.04.2008 Werdauer Waldlauf.

 

Informationen: Werdauer Waldlauf
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