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Laufberichte

Nur kein Understatement!

26.04.15

Köln und Düsseldorf - zwei Metropolen in NRW, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite die herzliche, bodenständige Millionenstadt Köln und auf der anderen das nicht nur mit seiner Königsallee leicht versnobte (und mit 0,6 Mio. Einwohnern deutlich kleinere) Düsseldorf, das nach Ansicht der „richtigen“ Rheinländer eigentlich gar nicht Landeshauptstadt sein dürfte. Da der Kölner Marathon mit seinen begeisterten Menschenmassen, purer Karneval beim Laufen, dort die jüngere Düsseldorfer Ausgabe mit nicht ganz vergleichbarer Begeisterung. Stimmt dieser Eindruck oder handelt es sich schlicht um gerne gepflegte Vorurteile? Ich mache die Probe aufs Exempel und schaue mir das mit meiner auf den Kölner Straßen erlaufenen Erfahrung 42.195 m lang heute Mal in Düsseldorf an.

Nach längerem Überlegen gebe ich dem ÖPNV einen Korb, reise dann letztlich doch mit dem Auto an und parke direkt beim WDR, wenige hundert Meter vom Ziel entfernt. Das stellt sicher, daß ich nach dem Lauf mein Auto auch wiederfinde und nicht wie weiland Kollege Sesterheim verzweifeln muß (sein Bericht ist auch Jahre nach dem Ereignis immer noch höchst vergnüglich zu lesen).

Start und Ziel liegen etwa anderthalb km auseinander und so gönne ich mir einen netten Spaziergang entlang der Gestade Vater Rheins. Passiere dabei den mit 240,5 m Höhe zehnthöchsten Fernsehturm Deutschlands, der zugleich das höchste Gebäude Düsseldorfs ist und das Landtagsgebäude. Dahinter beginnt der Rheinpark Bilk, an dem vorbei heute Mittag die finalen 500 m führen werden, die ich jetzt noch ganz ausgeruht entlangschlendern kann.

Nach den monumentalen Verwaltungsgebäuden des ehem. Mannesmann-Konzerns präsentiert sich mir die heutzutage verkehrsfreie Rheinuferpromenade mit der Pegeluhr, die den aktuellen Wasserstand des Rheins sowie die Uhrzeit anzeigt und noch aus der Zeit der ersten Promenadengestaltung zu Beginn des 20. Jahrhunderts stammt. Dem schließt sich der 1392 erstmals erwähnte Marktplatz als Düsseldorfs zentraler Platz im Herzen der Altstadt an. Hier erfolgt heute die Startnummernausgabe in einem kleinen Zelt, was mir die willkommene Gelegenheit eröffnet, mich auch an dieser Stelle noch ein wenig umzuschauen ohne mich müde zu machen.

Natürlich lasse ich weder das letzte erhaltene Teil des ehem. Düsseldorfer Schlosses, den Schlossturm, noch die große Freitreppe und schon gar nicht den Burgplatz aus, denn hier mündet die 40 km lange namensgebende Düssel in den Rhein. Ja klar, warum sonst hieße es Düssel-Dorf? Ich unterquere die Oberkasseler Brücke, die wir später auf dem 10. und 18. km eine Etage höher überqueren werden. Und schon bin ich im Startbereich angekommen und habe noch vor dem ersten Laufschritt mehr Attraktives als bei so manchem anderen Stadtmarathon insgesamt erspechtet.

 

Start am Rhein und erste km

 

Zum Erspechten gehört auch das zufällige Aufeinandertreffen mit lieben Lauffreunden, das mir regelmäßig diese Laufveranstaltungen versüßt: Peter Heinz ist da, Tim Aepfelbach und Roland Riedel macht gar den 4 Stunden-Zugläufer. Seine Sigrid genießt nach der 24 h-WM in Turin noch eine Schonfrist. Die Teletubbies, vier Läufer aus Augsburg, fragen nach dem Herrn Chefredakteur, aber ich enttäusche sie: Nee, Jungs, hier muß ich heute alleine arbeiten.

Eine angenehme  und sehr bekannte Stimme ist aus dem Startbereich schon früh zu hören: Wolf-Dieter Poschmann, Sportreporter mit einer pB von 2:19:29 Std. moderiert unaufgeregt und kompetent die Zeit bis zum Startschuß herunter. Der fällt um Punkt 9 Uhr, leider ist keine Tribüne aufgebaut und der Mann am Mikro daher nicht zu sehen. Halt, da steht er doch links auf Augenhöhe, ich lege die erste Vollbremsung des Tages ein: „Poschi, bitte ein Foto für die Weltpresse!“ und schon grinst er freundlich in meine Kamera, wie sich das gehört. Ein netter Kerl!

Die ersten drei km führen, zunächst mit Unterstützung gut verpackter, sich einen abpuschelnder Cheerleader am Rheinufer entlang Richtung Norden, was mich direkt an den Bonner Silvesterlauf erinnert. Auch nach vielen Läufen renne ich immer noch zu schnell an, bin mit keinen 17 min. deutlich zu flott für meine anvisierten 4:15 Std., sogar die 3:45 Std.-Ballons habe ich noch hinter mir. Es gibt viel zu entdecken, das beeindruckende Gebäude des Oberlandesgerichts ist wirklich nett anzusehen. „Schreibst Du heute den Bericht?“, fragt mich Henry Hillmann, und wird, da er sich kompetent zeigt, direkt abgelichtet, bevor er in Richtung 3:36 enteilt.

Die 3:45er Ballons lasse ich bald ziehen und die erste von 12 Samba- und sonstigen Gruppen unter der Theodor-Heuss-Brücke macht einen solchen Spektakel, daß ich direkt eine Fotopause einlege. Dr. Dr. Joey Kruell ist in einem Ferrari-roten Rennanzug unterwegs und schwitzt sich vermutlich schon jetzt tot. Seine Geschichte ist hochinteressant und anrührend zugleich: Er läuft seit dem Skiunfalltag des ehemaligen Formel-I-Weltmeisters Michael Schumacher am 29. Dezember 2013 täglich ungefähr 50 Kilometer „für meinen Freund ‚Schumi‘ als „Spirit Healing Run“. Dr. Krüll, selbst Arzt und Sportmediziner, kennt Schumi von der Rennstrecke, wo er jahrelang als Journalist tätig war, und ist sicher, daß er Schumi hilft, wieder gesund zu werden. 2014 müßte er demnach über 20.000 km gelaufen sein. Schaut mal auf Youtube, da gibt es einige nette Videos.

Ob Stefans Freund mit seiner Propellerkappe schneller ins Ziel gekommen ist als beabsichtigt, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Auf jeden Fall gibt’s was zu lachen, als er bemerkt, daß ich ihn knipsen will. Solche Spaßvögel sind doch das Salz in der Suppe, das uns Hobbyläufern die langen km mit Ablenkung würzt. Auf dem 4. und 5. km umrunden wir den Nordpark mit seinem japanischen Garten und dem Löbbecke-Museum. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, entfliehe dabei dem Kopfsteinpflaster und belaufe den besser zu belaufenden Bürgersteig, auch wenn das ausdrücklich untersagt war (wirklich!).

Die Runde ist geschlossen, auf dem 6. km sind wir wieder auf dem Rückweg in Richtung Start und können sogar noch einige Nachzügler bewundern. Vorher hat man uns erstmals mit Wasser versorgt, alle 2,5 km erwartet uns jetzt eine Tränke, verdursten braucht also keiner. Eine weitere Sambagruppe macht uns Beine und freut sich über mein Feedback in Form meiner Kameralinse. „42 km Emotionen“ verspricht uns das großformatige Werbeplakat, das man an verschiedenen Stellen der Stadt plaziert hat. Ob das wirklich so sein wird, werden wir auf den noch ausstehenden 35 km zur Genüge prüfen können, letztlich ist es aber doch meist die eigene hoffentlich positive Einstellung, die am Ende darüber entscheidet, ob ein Marathon toll war. Auf dem achten km drehen wir eine Schleife zur Rampe der Oberkasseler Brücke und nehmen die ersten von heute wirklich nicht nennenswerten insgesamt 36 Höhenmetern.

 

Ausflug nach Oberkassel

 

Von den Start- und Zielbereichen einmal abgesehen, ist die zweimalige Überquerung der Oberkasseler Brücke, der bereits dritten am selben Ort, der Stimmungshöhepunkt des gesamten Laufs. Dicht gedrängte Zuschauerreihen geizen wahrlich nicht mit Beifall, und die Tonhalle zu meiner Rechten, in der wohl überwiegend klassische Musik gegeben wird, ein echter Augenschmaus. Man trommelt, daß die Brücke bebt, und ein von allgemeinem Gelächter begleiteter beherzter Sprung über eine Verkehrsabsperrung bringt mir ein schönes Foto über das Startgelände. Drei Spuren weist die Brücke auf und eingangs des Stadtteils Oberkassel sind die ersten 10 km geschafft, zwischendurch hat sogar einmal kurz die Sonne durch die dichten Wolken gelugt. Wir haben Glück, es bleibt trocken und erst nach ca. 4,5 Std. Laufzeit wird es zu nieseln beginnen.

Eine breite Straße führt uns tief hinein, die Luegalle (Heinrich, nicht Ernst-Dieter!) bietet Platz, v.a. auch für die Staffelwechsel, deren ersten wir jetzt erleben. Wirklich intelligent ist das System, die Staffelläufer zur Seite, abgetrennt von den Marathonern, abzuleiten um ungestört übergeben zu können. Perfekt finde ich auch, die Staffeln nach Buchstaben zu sortieren, so kann jeder seinen Wechselpartner schon von weitem erkennen. Und noch etwas ganz Tolles hat man hier gemacht, was ich erst hinterher sehen werde: Für die Staffelteilnehmer gibt es eine separate Medaille, deren Stücke (also die Einzelmedaillen) puzzleartig ineinander passen.

12
 
 

Informationen: Uniper Düsseldorf Marathon
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