Die Cecilienallee entlang des Rheinparks ist breit, das Feld zieht sich schnell auseinander und jeder findet seinen Rhythmus. Wir laufen nordwestwärts und erreichen das Messegelände. Weltweit bekannt ist die Modemesse, die Düsseldorfs Ruf als Modestadt begründet. Wer sich als Nobelmarke versteht, hat auf der Kö einen Laden.
Weiter geht’s zum Nordpark mit dem Aquazoo (km 4) und bei km 5,5 sind wir wieder am Rheinpark und laufen die schon bekannte Strecke bis zum Landgericht zurück. Über die Kleverstraße kommen wir zur Oberkasseler Brücke (km 9) und überqueren den Rhein. Seit die Bilder vom New York Marathon um die ganze Welt gehen, sind Brücken für Läufer und Zuschauer eine besondere Attraktion – auch in Düsseldorf. Als ich die Menschenmenge sehe, muss ich meine Vorbehalte gegenüber den 400.000 angekündigten Zuschauern revidieren. Ich zähle zwar nicht nach, aber es sind massig Menschen unterwegs. Und die lieben die Marathonis, wie sie Spaß haben, wie sie leiden und wie sie kämpfen.
Es gibt auch ruhige Abschnitte und nicht immer sind es Massenaufläufe. Aber ich behaupte mal, einen Abschnitt von 500 Metern, wo keiner klatscht, gibt es nicht. Irgendwo ist immer ein Fenster offen, dröhnt ein Radio, steht das Gartenmöbel an der Straße oder macht die Mutter mit dem Kochgeschirr Lärm. Beispiel Kaiser-Friedrich-Ring. Was wie eine Zentrumslage klingt, ist eine Anliegerstraße in Niederkassel, rechts Siedlungshäuser, links zum Rhein hin Schrebergärten und Pappelbäumchen. Aber feiern können die Leute dort, meine Herrn, mir dröhnen noch die Ohren.
Die Luegallee gleicht einer Arena. Die Stimmung ist sagenhaft, die Leute treiben dich voran. Obwohl ich beim Fotografieren, besonders auf der Brücke, viel Zeit verliere, ist meine HM-Zwischenzeit die mit Abstand beste dieses Jahr.
Derendorf, Tannenstraße (km 24) – außer den Anwohnern verläuft sich hierher kein Mensch. Aber der bunt geschminkte Trommler mit seiner Bande mobilisiert die ganze Nachbarschaft und alle haben ihre Freude.
Jetzt 1000 Meter durchatmen, die Arena der Metrostars bewundern und sich dann am Brehmplatz (km 27) wieder feiern lassen. Man sieht’s, Düsseltal ist eine gute Adresse für Leute und Firmen mit Geld. Eine Frau bietet mir Traubenzucker an. „Nimm zwei“, meint sie. Ich greife nach allem, was mir Kraft verspricht, auch nach zwei Traubenzucker, denn ich spüre die Kilometer mehr als sonst. Und dann ist es ganz aus. Wie wenn einer den Hebel rumlegt. Ich will loslaufen und es geht nicht. Kein Sprit mehr. Langsam, ganz langsam trabe ich los. Nur weil ich ständig unter Beobachtung stehe, werde ich nicht zum Wanderer. Die Leute am Brehmplatz geben mir den Rest. „Bravo“, „Du bist der Größte“, „Du schaffst das“. Alles glaube ich, nur das nicht.
Ich trabe weiter und werde dauernd überholt. Ich krieg die Krise. Es geht Richtung Wehrhahn. Von der Grafenberger Allee bekommen wir genau das Stück unter die Füße, das ansteigt. Plötzlich das: Die Häuser haben schiefe Wände, verkantete Fenster und metallene Fassaden. Traum oder Wirklichkeit? Beides. Der kalifornische Architekt Frank O. Gehry hatte einen Traum und setzte ihn hier im Neuen Zollhof in die Wirklichkeit um. Ein echter Hingucker, die drei Türme in Weiß, Silber und Rot, bei denen nichts gerade verläuft. Genau das Richtige für Werbeagenturen, Anwälte, Immobilienfirmen und Architekten – sie haben hier ihre Büros.