Es scheint, alles wolle es Düsseldorf in diesem Jahr allen zeigen, wo die Musik spielt. Nicht nur die Wettbewerber in NRW hat Race-Direktor Jan Winschermann dabei im Visier, sondern die gesamte nationale Konkurrenz. Das Elitefeld wird jedenfalls, von der Papierform her, nur von Berlin und Frankfurt übertroffen, denn erstmals ist Wilfred Kigen (3facher Frankfurt-Sieger, Bestzeit 2:07:33) am Start, der wahre Weltklasse repräsentiert.
Damit nicht genug. Mit André Pollmächer, Falk Cierpinski, Martin Beckmann, Susanne Hahn, Claudia Dreher und Melanie Kraus läuft fast die gesamte deutsche Marathonelite in Düsseldorf um die begehrten WM-Tickets und degradiert den am kommenden Wochenende stattfindenden Mainzer Marathon mit seinen Titelkämpfen schon jetzt zu einem Nebenkriegsschauplatz.
Aber auch die Breitensportler und Hobbyläufer mobilisiert die Landeshauptstadt wie nie zuvor. Zu Schnäppchenpreisen von 39,00 und 48,00 Euro konnten sich die Laufbegeisterten bis zum Jahresende 2008 in die Meldelisten eintragen und bis heute sind annähernd 11.000 Läuferinnen und Läufer registriert. Das ist bemerkenswert, weil in Düsseldorf ausschließlich Marathon gelaufen wird („Der Halbmarathon schadet dem Marathon“, so Jan Winschermann) und keine Unterdistanzen die Zahlen schönen. Lediglich eine Marathon-Staffel wird zur Mitfinanzierung des aufwändigen Laufes angeboten. Schülerinnen und Schüler starten kostenlos im Mini-Run. Mit fast 4.000 „echten“ Marathonis wird sich Düsseldorf national weit nach vorne schieben und in NRW am Ende wohl nur von Köln übertroffen.
Seine Startunterlagen holt man sich in den Rheinterrassen, einer bekannten Düsseldorfer Location, direkt am Rhein gelegen. Die Messe fällt etwas klein aus und nennt sich deshalb auch Marathon-Markt. Barfuss oder gar nackig muss deshalb morgen aber niemand an den Start. Es gibt alles (und mehr), was das Läuferherz begehrt, nur kein Gedränge und keine Hektik.
Wer anschließend einen Bummel durch die weltberühmte Altstadt macht, oder zum Shoppen oder nur zum Schauen zur Kö pilgert, reibt sich dann aber verwundert die Augen. Dicht an dicht schieben sich die Menschen durch die Gassen und Gänge der Shopping-Tempel. Kneipen und Straßencafés sind gut besucht, ein freies Plätzchen muss man suchen. Ist das jetzt die Krise? Dann möchte ich hier nicht sein, wenn es wieder aufwärts geht.
Außer einem Plakat hier und einem Banner dort weist nichts auf das morgige Großereignis hin. Nur hin und wieder entdecke ich in der Menschenmasse einen Läufer mit dem roten Kleidenbeutel. "Aber Morgen ist hier der Teufel los", meint der nette Kellner beim Italiener und serviert mir eine Marathon-Portion Spaghetti. Mit 400.000 Zuschauern rechnet auch der Veranstalter. An mehr als 20 Actionpoints wird es an der 42,195 km langen Strecke Remmi-Demmi geben.
Der Marathontag
Der Marathontag ist ganz nach dem Geschmack der schnellen Läufer. Es ist bedeckt und kühl, mehr als 16 Grad sollen es heute nicht werden. Am Startgelände bei den Rheinterrassen werden die Zuschauer auf der Großereignis eingestimmt, während die Läuferinnen und Läufer ihre Klamotten ins Depot bringen.
Als erstes gehen die Kinder auf ihre Strecke, dann die Handbiker und schließlich, ein Düsseldorfer Novum, die Einradfahrer. Vielleicht ist es weltweit der einzige Einrad-Marathon. Nur gut eineinhalb Stunden braucht der Schnellste für 42 km.
Dann machen sich die Marathonis und Staffelläufer bereit und um 9.30 Uhr geht es los. Mit den Favoriten und ihren Pacern in der ersten Reihe stürzt sich auch Moha Fertahi ins Geschehen, obwohl wesentlich jünger als ich, so ungefähr meine Gewichts- und Leistungsklasse. Ronald Rutto, für die Pace der deutschen Läufer zuständig, schaut entsetzt als wolle er sagen: „Was machst duuu denn hier?“
Na, ja, ich will’s kurz machen. Er hält das Tempo nicht lange durch. Bei der Halbdistanz wird er nach gut 2 Stunden gesehen, für die zweite Hälfte lässt er sich dann etwas mehr Zeit – 2:44 – fast hätte ich ihn noch überholt.