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Laufberichte

Bornholm - Marathon und 100 km

30.08.09

Einmal um Bornholm herum – mit dem Fahrrad und laufenderweise.

Es ist schon mehr als 40 Jahre her, als ich im Segelflugzeug hoch über Stralsund links von den Inseln Hiddensee und Rügen die markanten Kreidefelsen der dänischen Ostseeinsel Møn entdecken konnte. Die Sonne stand im Süden und nur durch die Reflektion des Sonnenlichtes von den blendend weißen Felsen war es bei guter Fernsicht und einer Flughöhe größer 800 m möglich, an wenigen Tagen im Jahr dieses Schauspiel zu erleben.

Ca. 150 km östlich von Møn sieht man die größere Insel Bornholm fast wie in Form einer Raute liegen, in der Mitte liegt Rügen mit Kap Arkona als nördlichste Spitze von Ostdeutschland. Alles so nah und doch so unerreichbar für uns in Ostdeutschland.

40 Jahre später konnte ich mir den Traum von damals erfüllen und mir die Ostsee einmal aus der um 180° gedrehten Perspektive von Skandinavien aus anschauen. Doch der Reihe nach: Hans Sütterlin von Lauftreff Sulz am Eck hatte mir immer wieder von kleinen aber sehr familiär organisierten Läufen in Schweden und Dänemark berichtet. Also Recherche Im Internet. Der Bornholm-Marathon passte genau in meine Urlaubsplanung. Klar war auch: das Fahrrad soll mit. Die Fluggesellschaft Easy Jet bedient täglich von Berlin-Schönefeld aus den Flughafen Kopenhagen-Kastrup, Von dem 50 km südlich gelegenen Fährhafen Køge bestehen täglich 2 Verbindungen mit einer Fahrzeit von 6,5 Stunden nach Rønne auf Bornholm. Die Reisekosten durch eine frühzeitige Buchung im Internet hielten sich in Grenzen: 150 €.

Wer mich kennt, weiß, dass ich schon lange (seit 1985) Marathon und mehr laufe - ausdauernd aber nicht unbedingt schnell. Nicht die Zeit, sondern das Erlebnis der Bewegung in der Natur unter vielen gleichgesinnten Freunden stehen bei mir im Vordergrund. Deshalb freute ich mich schon im Vorfeld so auf diesen Lauf.

Abflug am 27.08.09 nachmittags von Berlin in die dänische Hauptstadt. Etwas aufwendig die Prozedur des „Fahrradverpackens“ in Berlin-Schönefeld, dem zukünftigen Flughafen Berlin-Brandenburg International. Lenker und Pedale so umbauen, dass wenig Platz im Gepäckraum des Airbus 300 benötigt wird und dann ganz viel Pappe mit Klebeband drum herum.

Landung um 17.05 Uhr pünktlich in Kopenhagen-Kastrup. Das Fahrrad kam natürlich nicht auf dem Gepäckband an, sondern wurde mir als Sperrgepäck durch eine Seitentür wohlbehalten entgegengebracht. Über den durch das Stadion und den Fußball bekannten Vorort von Kopenhagen Brøndby fuhr ich auf der Bundesstraße 151 vorbei an den bunt und geschmackvoll gestalteten dänischen Wohn- und Ferienhäusern zu dem 50 km entfernt liegenden Køge. Auffallend aber auch viele Schilder an den Häusern: „Til salg“ – zu verkaufen. Auch auf Bornholm ist mir das aufgefallen. Auch ein Zeichen der Rezession in dem ansonsten doch wohlhabenden Skandinavien?

Die Fähre legte planmäßig eine halbe Stunde vor Mitternacht ab. Schlafkabinen gab es gegen Aufpreis, aber ich war neben einigen Brummi-Fahrern an diesem Donnerstag einer der wenigen Passagiere und so konnte ich mir aussuchen, auf welcher der dreireihigen Sitzbänke ich schlafen wollte. Die Fähre war ansonsten aber gut ausgelastet mit Trailern und anderen großen Transportern.
Gewöhnen konnte man sich schon an die Preise in Dänemark. Als ich einen 0,5 l-Plastikbecher Bier bestellte, musste ich dafür stolze 9 € hinlegen!

Ganz Bornholm hat 44.000 Einwohner, darunter übrigens auch 600 Deutsche mit dauerhaftem Wohnsitz. Und die Insulaner wollen schließlich auch versorgt sein.
Strahlender Sonnenaufgang morgens um 6 Uhr auf Bornholm. Überhaupt die Morgen- und Abendsonnenlichter dort. Vielleicht nur noch zu toppen mit der Morgensonne in Lauterbach auf Rügen und der Abendsonne in Kloster auf Hiddensee.

 

Mein Entschluss stand auch fest, ich umquere die Insel gegen den Uhrzeigersinn von rechts nach links strandnah. Das sind ca. 120 km. Vorbei an dem Inselflughafen Søndre Landevej 2 direkt vor den Toren Rønnes ging es zu einem der schönsten Badereviere, welche die Ostsee zu bieten hat: Die Orte haben so hübsche Namen wie Sommer Odde, Strandmarken, Dueodde, Snogebæk und Balka. Am nächsten Tag dann weiter in Richtung Startort des 11. Bornholmer 100 km-Laufes in Tejn Haven über den malerischen Ort Nexø an der Ostküste. In Nexø dann eine Begegnung mit einem der bekanntesten dänischen Schriftsteller Martin Andersen Nexø. Für uns in der DDR kein unbekannter Name. Seine Bücher „Ditte Menschenkind“ und „Pelle der Eroberer“ waren Pflichtliteratur im Fach Deutsch. Nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter Hans Christian Andersen, der so wunderschöne Märchenbücher wie „Die kleine Meerjungfrau“, „Die Schneekönigin“ und „Der standhafte Zinnsoldat“.

Nachdem ich in Dueodde 1 Tag campiert hatte, wurde mir von einer netten Frau in Svaneke der Lyngholt Familie Camping zwischen Allinge und Vang vorgeschlagen. Die Preise auf Bornholm und überhaupt in Dänemark liegen auch für Übernachtungen deutlich über unserem deutschen Niveau, deshalb war ich doch etwas überrascht, dass mir an diesem Platz mit Swimming-Pool, Aufenthaltsräumen, Dusche (mit warmen Wasser!) für 3 Übernachtungen ein kleines Ferien-Holzhäuschen für nur 33 €/Nacht angeboten wurde. Die Platz-Chefin kümmerte sich rührig um eine Kontaktaufnahme mit dem Laufveranstalter Kim Rasmussen in Allinge. So wurde extra für mich eine Abholung durch Mitläufer am Veranstaltungstag, den 31.08.09 um 11.30 Uhr ab  diesem Campingplatz zu dem ca. 30 km entfernten Startort für den Marathon nach Lobæk etwas östlich von Rønne in der Nähe des Flughafens Stampen organisiert.

An den beiden Tagen davor habe ich mir die Umgebung von meinem Campingplatz angeschaut und war sehr überrascht über die Schönheit dieses nördlichsten Küstenabschnittes von Bornholm mit der beeindruckenden Festung „Hammerhus“, immerhin Nordeuropas größter erhaltener Burgruine.

Einen Tag vor dem Lauf kamen aber dort, ganz im Gegensatz zu dem fast tropischen Temperaturen in Deutschland, ordentliche Hagel- und Regenschauer herunter. Aber am Sonntag dann wieder Sommer pur und sogar noch mit einem ordentlichen Süd- also Rückenwind auf fast der gesamten Marathonstrecke, die aber diesmal im Uhrzeigersinn unmittelbar an der Westküste verlief.

In dem kleinen Auto, mit dem wir dann mit zum Start nach Lobæk fuhren, eine illustre Läufergesellschaft mit Erik Vibert, dem Pastor aus Allinge, der dort noch um 10 Uhr in der schönen Kirche seine Predigt gehalten hatte und der sogar in der Eile aus der Kirche diesen Text immer noch im Büchlein mit sich führte. Unser Fahrer Carsten Møller-Christensen sagte schmunzelnd, der Text wäre allerdings nicht gut geeignet für den Marathon, weil man dabei Gefahr läuft einzuschlafen. Dabei war auch ein Starter aus Belgien mit dem schönen Namen Jean-Marie Brailly.

Unterwegs sahen wir deutlich die frisch aufgetragenen, dicken weißen Pfeile auf der linken Straßenseite als Markierung für die Läufe auf den 4 verschiedenen Distanzen: 100 km, 4 x 25 km Staffel, Marathon und Halbmarathon.

Überrascht waren wir auch, als wir gegen 12 Uhr, also nach 5 Stunden Laufzeit für die 100 km-Läufer, aus dem Auto ca. bei km 65 die führende Frau sahen - Antje Krause vom Ultra Sport Club Marburg, deutlich vor dem Hauptfeld (insgesamt nur 19 Ultraläufer) und ganz locker.  

Start Marathon

Besonders gefreut habe ich mich dann am Start über die kleine illustre deutsche Läufertruppe und dort insbesondere über den „Lederhosenläufer“ Nikolas Grieger, einem angehenden Lehrer für Sport aus Bayreuth, der mit seiner Frau, den beiden Kindern und seinen Schwiegereltern schon ein paar Tage länger auf Bornholm weilte und hier seinen 1. Marathon realisieren wollte.

Pünktlich um 13 Uhr das Startkommando für unsere kleine Läuferschar, bestehend aus einer Frau und 28 Männern., die dann auch alle später gefinisht haben. Die Startgebühr über 250 Dänische Kronen (DKK), das entspricht ca. 35 €, konnte ich direkt am Start entrichten.

Die Verpflegungsposten alle 5 km waren mehr als reichlich mit Wasser, Cola, Himbeer- und Orangensaft, Bananen, Schokolade, Rosinen und weiteren Süßigkeiten bestückt. Jeder Läufer konnte seine individuelle Verpflegung zusammenstellen und zu den Posten mitgeben. Gefreut habe ich mich auch darüber, dass ab km 25 auch Bier angeboten wurde. 

Nikolas' erster Marathon

Mit Nikolas bin ich dann bald nach dem Start über mehr als 25 km zusammen gelaufen. Wir haben in dieser Zeit alle möglichen Themen zum Laufen, zum Leben im Frankenland, über die Lehrerausbildung usw. besprochen. Ich glaube, dass ich noch nie mit einem Läufer so lange zusammen unterwegs war. Eine neue Erfahrung, wie entspannt man laufen kann, wenn man sich miteinander so gut versteht! Eine wunderschöne Passage durch die alte Hafenstadt in Rønne und ein überwältigender Ausblick auf die Westküste Bornholms mit dem schwedischen Festland am Horizont.

Bei km 25 sagte mir Nikolas, dass er jetzt „richtig laufen“ wolle und so musste ich ihn leider ziehen lassen. Später im Ziel waren wir 15 Minuten auseinander. Nikolas hätte sicherlich noch eine bessere Zeit für seinen 1. Marathon erreichen können, aber aus Rücksichtnahme auf mich mit meinem langsamen aber kontinuierlich laufenden Dieselmotor Marke „Lanz-Bulldog“ hat er mich lange begleitet. Vielen Dank Nikolas! Und eins ist versprochen: den nächsten Fichtelgebirgslauf machen wir beide zusammen in der „Lederkrachtenen“!

Bei Hammerhus wurden die weißen Pfeile etwas rar, aber bei km 38 waren sie wieder da. Der Einlauf in das Ziel im Hafen Tejn war durch das Gefälle auf den letzten 2 km angenehm und stolz ließ ich mir die Medaille für meinen ca. 350. Marathon und länger umhängen.  Es gab kostenlos Pasta und Kuchen.
Nach mir kamen nur noch 3 Läufer von der 100-km-Strecke in das Ziel.

Koge - Kopenhagen

Mit Nikolas und seiner Familie gemeinsam fuhren wir auf dem „Notsitzen“ seines Mini-Busses zu meinem Campingplatz. Einen Tag später setzte ich mit der Fähre wieder von Rønne nach Køge über. Mit einem anschließenden langen Tagesausflug am Tivoli vorbei durch das Zentrum Kopenhagens zum Hafen mit der weltberühmten kleinen Meerjungfrau aus dem Märchen von Hans-Christian Andersen verabschiedete ich mich von der dänischen Metropole.

Nach einem kurzen Flug von nur nur 45 Minuten über Rügen, Stralsund und Neubrandenburg landete ich samt Fahrrad gegen 18.25 Uhr wieder sicher in Berlin und konnte meine Frau dort wieder in die Arme schließen. Im nächsten Jahr werde ich auf Bornholm die 100 km laufen und dann auch meine Frau Evelyn mitnehmen. Dann geht es mit der Fähre von Saßnitz nach Rønne, weil fliegen ist nun gar nicht Evelyn´s Sache und warum nun nicht einmal von Rügen einen neuen Weg machen?

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Mein Fazit: Ein großartiger Lauf (einschließlich Radtour einmal komplett um die ganze Insel) mit viel Natur und neuen Freunden wie Nikolas, Erik, Carsten und Jean-Marie. Wir sehen uns wieder Bornholm!

 

 

 


 
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