Zum zweiten Mal zieht es mich in die Mitte unseres Landes zum Mitteldeutschen Marathon, genauer gesagt nach Halle an der Saale. Die Händelstadt liegt unweit von Leipzig, für diejenigen, die sich geographisch in der Region noch immer nicht so richtig auskennen. Für einen Marathon bin ich derzeit aber nicht ausdauernd genug, so dass ich mich für den Halbmarathon angemeldet habe.
Die 21. Ausgabe steht an und dafür werben die Städte Halle mit ihrem Bürgermeister Egbert Geier und Leipzigs OB Burkhard Jung, flankiert vom MP des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reinhard Haseloff. Alle drei heißen in ihren Grußworten die Läuferschar herzlich willkommen. Ein großer Dank geht an den Verein run e.V. für die sportliche Ausrichtung und an die Familie Cierpinski für das Engagement.
Ich kann mich noch an meine Teilnahme vor acht Jahren erinnern, als Waldemar Cierpinski seinen Olympiasieg im Marathon vor 40 Jahren feiern konnte. Mit einem Bier im Stehen haben Waldi und ich Party als Letzte verlassen.
Teilnehmen kann die ganze Familie. Es werden angeboten: Marathon (auch als 4er-Staffel), Halbmarathon, zehn Kilometer laufend und walkend, der Salzwirkerlauf über 2,7 Kilometer für die ganze Familie und den Nachwuchs und Wandern kann man auch noch.
Wir fahren wieder mit der Bahn nach Halle, Stichwort Deutschlandticket, und kommen auf die Minute pünktlich an. Das Einchecken in der modernen Jugendherberge ist gleich erledigt und die Unterkunft ist nur zehn Minuten vom Markt (dort ist Start und Ziel) und 20 vom Hauptbahnhof entfernt. Danach suchen Henny und ich noch eine Möglichkeit zur Einkehr.
Am nächsten Tag trennen sich unsere Wege. Während Frau diverse Museen und Kunstausstellungen besucht, will der Autor eigentlich den parkrun auf der Ziegelwiese in Halle besuchen. Doch am Vortag stelle ich nach einer überirdischen Eingebung fest, dass der Lauf ausfällt, ein anderer aber in Leipzig stattfindet. Weit ist es dorthin ja nicht. Freundlich werde ich als „Fremder“ willkommen geheißen. Mir dienen die fünf Kilometer als privater Frühstückslauf bei kühler Witterung. Die Wiesen im Park selbst sind angereift.
Zurück in Halle hole ich mir als erstes die Startunterlagen im Stadthaus. Die Ausgabe erfolgt durch freundliche Helfer, es kommt zu keinen Wartezeiten und man hat für jeden Läufer noch ein freundliches Wort auf den Lippen. Zusammen mit dem Umschlag erhalten wir einen Schuhbeutel und wer sich noch mit Sportsachen eindecken will, der braucht nur ein paar Meter über den Marktplatz zu Waldemars Sportgeschäft gehen. Einen Rabatt gibt es dort auch noch.
Später mache ich noch einen Spaziergang hinunter zur Saale auf das jenseitige Ufer. Am Abend besuchen wir dann noch ein Konzert des Sinfonischen Musikschulorchesters Sachsen-Anhalt in der Händelhalle. Was die jugendlichen Musiker uns aus dem Klassiksektor darbieten, ist große Klasse.
Am nächsten Tag müssen die Marathonläufer früh aus der Kiste, denn ihr Start ist um 09.00 Uhr in Leipzig an der Red-Bull-Arena. Der Rückweg zu Fuß nach Halle wird zur Herausforderung, denn es gibt kräftigen Gegenwind. Wir können vor dem Halbmarathon ganz entspannt in der Jugendherberge frühstücken, unser Start ist erst um 11.00 Uhr. Vor dem Wind können wir uns dann später in der Stadt und in den Waldstücken zumindest teilweise verstecken.
Gegen 10.30 Uhr sind wir unten am Marktplatz, wo schon die ersten Kinderläufe über die Bühne gehen. Ein Moderatorenteam unterhält Aktive und Zuschauer. Wir gehen ins Stadthaus, dort können die Kleiderbeutel abgegeben werden. Die Menschenschlange zur Kleiderabgabe ist übersichtlich. Während einige einlaufen, sucht ich im Zielbereich den Waldemar, um ihm zum gelungenen Event zu gratulieren. „Dir viel Spaß“, wünscht er mir, um sich gleich wieder anderen Aufgaben zu widmen. Gestern hat er noch Absperrgitter geschleppt.
Dann werden wir aufgerufen, uns in den abgesperrten Block zu begeben. Ich stelle mich in den hinteren Teil, damit kann ich gleich mit einem ruhigen Tempo beginnen. Es ist kühl, vielleicht zehn Grad, aber der Wind zehrt doch an einem. Nur den ganz Harten reicht eine Schicht am Oberkörper. Bei mir sind es zwei und das sollte auch genügen.
Rechts ist der gut 80 Meter hohe Rote Turm zu sehen, zusammen mit dem vier Türmen der Marktkirche Unserer Lieben Frau (auch Marienkirche genannt). Halle wird wegen dieser markanten Silhouette auch „Stadt der Fünf Türme“ genannt. Ja, und gleich nach dem Glockenspiel, das dem Westminsterschlag gleicht, lässt man die Halbmarathonis auf die Strecke.
Wir laufen quer über den Marktplatz und dann an der Marienkirche die Talamtstraße hinunter. Die Straße ist für den Verkehr komplett gesperrt. Dennoch sollten die Augen wegen der Straßenbahnschienen auf den Boden gerichtet werden. Denn wer sich den Fuß jetzt vertritt, dessen Rennen ist schon nach einer Minute beendet. Die Marienkirche zählt zu den bedeutendsten Bauten der Spätgotik. Sie entstand in den Jahren zwischen 1529 und 1554. Auch Martin Luther hat hier gepredigt.
Der Kurs geht hinunter zum Hallmarkt. Über Jahrhunderte war das Areal das Zentrum der halleschen Salzgewinnung und -verarbeitung. Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier das Salzgewerbe eingestellt, die Stadt kaufte das Gelände und baute den Platz in der heutigen Form auf. Beim Volksaufstand in der DDR am 17.06.1953 wurde hier für freie Wahlen und gerechtere Löhne demonstriert. Zur Erinnerung daran war der 17.06. bis zur Wiedervereinigung der „Tag der Deutschen Einheit.“. Seit 2003 trägt der Hallmarkt auch den Namenszusatz „Platz des 17. Juni“.
Kurz geht es auf den Hallorenring über den Mühlgraben zur Mansfelder Straße. Rechts sehen wir an einem Haus den Namen „Klaustor“. 1968 endete hier am Bahnhof Halle-Klaustor der Güterverkehr, der Baugrund wurde für die Errichtung der Trabantenstadt Halle-Neustadt benötigt. Über die Brücke am Multimediazentrum geht unser Kurs nun auf das jenseitige Ufer der Saale, Kilometer eins ist geschafft. So langsam „dröselt“ sich das Feld auf. Gleich danach geht es über die Elisabethbrücke, die die Elisabeth-Saale überspannt, wir sind nun im Grünen angelangt.
Rechterhand sehen wir den Sandanger, eine frühere Insel zwischen der Elisabeth-Saale und der Saale. Heute haben sich dort mehrere Sportvereine niedergelassen. Unser Kurs dreht nun am Rennbahnkreuz nach Norden. Ja, die Spitze ist schon längst weit voraus, der Verkehrslärm hat längst nachgelassen. Auf der Halle-Saale-Schleife verläuft nun unser Weg weiter auf einem geteerten Rad- und Fußgängerweg bis zu einem Hotspot (Kilometer 3), wo wir mit Musik, vielen Zuschauern und einem Moderator unterhalten werden. Für einen Kilometer laufen wir nun auf der Heideallee durch den Stadtteil Heide Süd.
Kilometer 4, jetzt tauchen wir ein in das Waldstück Dölauer Heide. Ich überhole ein Quartett, zwei Mädels, zwei Burschen im mittleren Alter, die ratschenderweise unterwegs sind. Der Waldkater, eine Wirtschaft, scheint temporär länger geschlossen zu sein, liegt linkerhand. Wir lassen den asphaltierten Grund hinter uns, die Wege sind befestigt und werden später enger. Kilometer 5, danach überholt mich Kathrin, die wir beim Frühstück in der Jugendherberge getroffen haben. Sie möchte heute eine Bestzeit aufstellen. Ich gebe ihr noch ein paar Tipps und lasse sie ziehen.
Mit Kilometer sechs berühren wir den Stadtteil Heide Nord und wir tauchen wieder in die Dölauer Heide ein. Hier wird es etwas wellig, auch ist der Laufuntergrund uneben. Ich lasse daher Zeit liegen und sehe ein Ehepaar, das ihren Hund im Radkorb liegend frische Luft schnappen lässt. Es stellt sich heraus, dass das Angehörige von Kathrin sind. Etwa einen Kilometer später, ich bin eingelaufen und werde etwas schneller, kann ich wieder auf Kathrin auflaufen und gehe langsam vorbei.
Kilometer 10, die zweite Verpflegungsstelle, ich greife nach einem Becher Wasser. Wir verlassen die Heide, es geht nun durch das parkähnliche Gelände der Weinbergwiesen.
Wie schon vermutet, hält sich das Thema Wind in Grenzen, manchmal kommt er von hinten, was nicht unangenehm ist. An einer Anhöhe lassen Kinder Drachen steigen. Die Ausschilderung der Laufstrecke ist vorbildlich: Teils hängen Schilder an Bäumen, am Boden finden wir bei jeder Kreuzung und bei jedem Richtungswechsel mehrere gelbe Pfeile. Kurz nach Kilometer 13 erreichen wir wieder die Heideallee, die wir mithilfe Polizei und Feuerwehr überqueren. Gleich danach unterhält uns Musik und der Moderator am Hotspot ein zweites Mal. Wir biegen nun am Weinberg ab und erreichen die Schwanenbrücke und die Wilde Saale. Ruhig kann ich nun auf dem Saale-Radweg das nächste Stück angehen, das uns in den Amselgrund führt.
Wir überqueren die Talstraße, wieder unter Schutz von Feuerwehr. Die Helfer arbeiten wirklich sehr professionell, da ist nichts auszusetzen. Links sehe ich dann die Brüderhöhle, ein Geotop. Noch eine Verpflegungsstelle, an der ich mir eine Cola reichen lasse. Danach wird der Blick frei zur Burg Giebichenstein, die hoch oben auf der anderen Saaleseite liegt.
Wir unterqueren die Giebichensteinbrücke und müssen uns auf der Talstraße mühsam hocharbeiten. Schließlich erreiche ich etwas atemlos das Brückenniveau und sehe nun die Burgruine aus der Nähe. Die Burg geht auf eine Siedlung aus dem neunten Jahrhundert zurück. Die Erzbischöfe von Magdeburg residierten hier zwei Jahrhunderte lang und zogen erst Anfang des 16. Jahrhunderts in das Schloss Moritzburg. Wir umrunden die Burg, an der Burgzufahrt führt ein Fußweg steiler als der vorige Anstieg hinunter zum Amtsgarten, wo wir noch eine kleine Schleife drehen (Kilometer 17).
Nun startet unser Defilee, die letzten Kilometer, standesgemäß an der Saalepromenade und am Riveufer, mit viel Aussicht zur Saale, es sind sogar etliche Zuschauer da, die uns anfeuern. Eine Fußgängerbrücke über den Mühlgraben führt uns dann in die Ziegelwiese, wo wir einen Teich zur Hälfte umrunden.
Kilometer 19, die Feuerwehr Merseburg hat die letzte Tankstelle übernommen und reicht allen außer mir Wasser als den letzten Trank. Der gescheite Floriansjünger braucht nämlich kein Aqua, sondern etwas Gescheites - ein Schwarzbier zum Beispiel. Nichts da, durstig werde ich weiter geschickt. Gleich danach überhole ich ein Mädels-Trio in ihren blauen Trikots des TSV Leuna, die ich schon am Start gesehen habe. Nach dem Spielplatz Neuwerk geht’s zum Hallorenring, der letzte Kilometer ist angebrochen. Und der wird kein leichter sein. Es geht hoch in Richtung Ziel.
Nun sind deutlich mehr Zuschauer am Rand, die sich freuen, wenn ich sie anfeurere, obwohl meine Luft auch begrenzt ist. Ein Mann mit zwei Kindern auf dem Rad begleitet seine Frau und biegt erst oben am Markt ab. Den umrunden wir fast zur Gänze. 50 Meter vor dem Ziel mündet die Marathonstrecke in die unsrige ein. Ich laufe glücklich unterhalb des Händel-Denkmals ins Ziel. Meine Zeit ist zweitrangig (2.10 Stunden), wichtig war mir heute zu erfahren, reicht denn die Ausdauer und Kraft für einen Halbmarathon. Es hat gelangt und damit bin ich hochzufrieden.
Im Ziel wird mir gratuliert und die Medaille umgehängt. Es dauert nur wenige Minuten und dann läuft Kathrin ein, sie ist glücklich über eine neue Bestzeit, und das auf einem nicht ganz einfachen Kurs.
Fazit:
Ein Lauf, der viel durch die Natur führt, Höhepunkt ist für alle der Marktplatz mit den erwähnten dominanten Gebäuden. Von den Marathonis höre ich, dass sie der Gegenwind mehr gefordert hat als die Distanz.
Liebe Macher des Mitteldeutschen Marathons, ich ziehe meinen Hut vor eurer Leistung und danke für eure Freundlichkeit. Ein erneuter Besuch in Halle ist eingeplant. Nächster Termin: 12.10.2025.
Ergebnisse
Marathon (289 Finisher)
Männer:
1. Oleg Siebert, Turbine Halle, 2.47.04
2. Jakob Reich, SSV-MG-Ahlsdorf, 2.50.24
3. Florentin Münstermann, SC Ketzin, 2.56.47
Frauen:
1. Lea Rengstorf, o.V., 3.35.50
2. Angie Richter, WirsindMarathon-Leipzig, 3.39.32
3. Andrea Suchsland Team Cleverfit Halle, 3.42.57
Halbmarathon (644 Finisher)
Männer:
1. Kurui Dickson, o.V., 1.09.41
2. Thomas Porebski, Flying Pukeko Racing Team, 1.09.54
3. Sören Ulbrich, SV Halle Triathlon/SG Motor Thurm, 1.13.28
Frauen:
1. Dinet Ahmed, Praxis Dr. Ahmen, 1.33.32
2. Kira Reinhardt, Spiridon Frankfurt, 1.34.16
3. Jana Pillen, o.V., 1.35.35
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