Es is kaa Stadt uff der weite Welt,
die so merr wie mei Frankfort gefällt,
un es will merr net in mein Kopp enei,
wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei!
In der Annahme, daß ich Euch diese Liebeserklärung des Frankfurter Heimat- und Mundartdichters Friedrich Stoltzes aus seinem mehrversigen Frankfurt-Gedicht an die heimliche hessische und die nach dem Krieg verhinderte bundesrepublikanische Beinahe-Hauptstadt nicht zu übersetzen brauche, berichte ich heute von einem nicht nur für mich ganz besonderen Marathonwochenende.
Mein spezielles Verhältnis als gebürtiger Koblenzer zu dieser Stadt erklärt sich aus meiner Verschleppung vom gesegneten Rheinland in die hessische Diaspora im zarten Alter von einem Jahr. Der Berufstätigkeit meines heute hochbetagten Vaters geschuldet, habe ich hier meine gesamte Schulzeit verbracht. Lange nicht mehr hier gewesen, nutzen Elke und ich den Freitag und Samstag zum Besuch von Orten, die in meiner Kindheit eine besondere Rolle spielten.
Eine besondere Rolle spielt bei mir seit mittlerweile 23 Jahren auch unser Lieblingssport, weshalb uns der allererste Gang natürlich zur Messehalle, dem Kulminationspunkt dieses sportlichen Wochenendes, führt. Noch besuchen erst vergleichsweise Wenige die umfangreiche Messe mit ihren zahlreichen Angeboten, auch sind die Startunterlagen ohne jede Wartezeit zu haben. Wirklich schön ist es, nach den vielen Jahren auf den Straßen Deutschlands und der Welt, langjährige Weggefährten zu haben, die einen schon aus der Entfernung angrinsen.
Norbert Wilhelmi, unser wohl bekanntester und bester Lauffotograf, unterhält sich mit Sven Schnitker, der am Sonntag mit seinem Kumpel Markus Bourcarde (beide vom Team Naumburg/Wetzlar) den Opernplatz beschallen wird. Wir beide hecken vorerst noch Geheimes aus, über das zu gegebener Zeit berichtet werden wird.
Am Samstag steht erst einmal etwas an, das ich seit vielen Jahren neiderfüllt aus der Ferne verfolge: Der Brezellauf. Ich liebe lockere Vortagsläufchen, die ich unangestrengt mit Elke abjoggen und dabei eine nette Gegend betrachten kann. Anmelde- und kostenfrei (!) gibt es (ohne Zeitnahme) eine attraktive 7,5 km-Runde vom Messegelände zum Main, über die Untermainbrücke von „Hibbdebach nach Dribbdebach“, also auf die Sachsenhäuser Seite, und über die Friedensbrücke retour. Die beiden Fußgängerbrücken Holbeinsteg und den historischen Eisernen Steg nutzen wir mit an die zweitausend Gleichgesinnten dabei leider nicht, was wir am Nachmittag beim Schlendern nachholen.
Hinterher gibt’s auch für uns endlich die hochbegehrte Brezelmedaille (Metall) und ihre Verwandte aus Laugenteig zum Reinbeißen. Und noch Getränke bis zum Abwinken. Klasse! Natürlich werden es bis zum Abend wieder einmal viel zu viele Lauf- und Geh-km werden, ehe wir die Beine nach dem Besuch der berühmten Sachsenhäuser Ebbelwoi-Wirtschaft Gemaltes Haus erschöpft ausstrecken.
Die läuferfreundliche Startzeit um 10 Uhr inkl. „geschenkter“ Stunde nach der Uhrumstellung garantiert einen mega entspannten Morgen. Zunächst nochmal auf der Messe zum Warmhalten treffe ich unter den versammelten Zug- und Bremsläufern Dirk Pretorius, den ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe, und der heute für die Einhaltung der 4:59 Std. mitverantwortlich sein wird. Hier beginnt leider schon etwas sehr Enttäuschendes, das ich mit Schrecken aber erst nach dem Lauf feststellen werde: Ein Elektronikfehler in der Kamera lässt diese nur kleinstformatige Bilder produzieren, weshalb die Fotos vom Marathon für den Zweck auf dieser Seite kaum zu gebrauchen sind. Ich bin mindestens so enttäuscht wie Ihr und der Herr Chefredakteur.
Bevor es losgeht, lauschen wir vor der Halle noch den Interviews mit dem Renndirektor Jo Schindler, dem Frankfurter OB, Mike Josef, und schließlich dem Vorstandsvorsitzenden des Hauptsponsors Mainova. Den Start der ersten Welle mit den Topfavoriten verfolge ich aus der dritten Reihe am Rand nach etwa fünfzig Metern Laufstrecke. Im Starterfeld sind zahlreiche Weltklasse-Läufer: Allein sieben Athleten mit Bestzeiten von unter 2:07 Stunden kündigt der Veranstalter an. Bei günstigen Witterungsbedingungen könnte ein neuer Streckenrekord drin sein.
Dabei werden vermutlich die großen Lauf-Nationen Kenia und Äthiopien wieder den Sieger unter sich ausmachen. Der Äthiopier Herpasa Negasa (31 Jahre, Bestzeit: 2:03:40 Std.) und der Kenianer Elisha Rotich (34, 2:04:21 Std.) gelten als leicht favorisiert. Tom Thurley (31, Potsdam, 2:14:57) und Jonathan Dahlke (29, Bayer Leverkusen, 2:15:42) sind die aussichtsreichsten deutschen Starter. Den Frankfurter Streckenrekord hält seit 2011 der Kenianer Wilson Kipsang mit der Zeit von 2:03:42 Stunden, damals haarscharf am Weltrekord vorbei. Auch bei den Damen wurde ein illustres Starterfeld zusammengestellt, als deutsches Aushängeschild ist Laura Hottenrott dabei.
Mein Einstieg in die zweite Welle, und da in den letzten Startblock (alles mit einer Zielzeit über vier Stunden plus alle Novizen) entpuppt sich durch die Zuschauermassen als echte Herausforderung. Aber irgendwann ist auch das geschafft. Exakt 15 Minuten nach dem ersten Startschuss überschreite ich die Startlinie, der Ernst des Lebens kann beginnen. Rechts grüßt der bekannte Hammering Man, der hier hoffentlich stehenbleiben und mich nicht an km 30 erwarten wird.
Eine erste, interessante Begegnungsstrecke bietet man uns auf dem ersten km. Am Anfang und am Ende erinnern uns die beeindruckenden Hochhausbauten daran, warum die Bankencity mit einem Augenzwinkern in Anspielung auf New York City gerne auch Mainhattan genannt wird. Im Hochhaus der ehemaligen Dresdner Bank, heute Commerzbank, nahm vor vierzig Jahren auf einem Bitsy-Schreibsystem von TA meine Diplomarbeit Gestalt an. Vor dem Senckenbergmuseum, in dem ich staunend zahllose Stunden verbracht habe, grüßt ein Dino. Kaum jemand schenkt ihm Aufmerksamkeit. Eine erste Percussionsband von rund dreißig lautstarken Unterstützern macht uns Beine.
Auf der Bockenheimer Landstraße erwartet mich an km 5 mit dem ersten, vom Lauftreff Hanau/Bruchköbel betriebenen VP auch gleich der erste Höhepunkt. Allerdings weniger des Flüssigkeitsnachschubs, sondern der freiwilligen Helfer wegen. Meine große kleine Schwester samt Gatten unterstützt hier seit vielen Jahren und in diesem Jahr ist auch erstmals meine deutlich bessere Hälfte mit von der Partie. Sie genießt es sehr, einen großen Lauf auch mal aus dieser Perspektive zu erleben. Die insgesamt 87 (!) hier involvierten Helfer unterstützen rund 14.000 gemeldete Marathonis plus ungezählte Staffeln, die nach der zweiten Welle gestartet wurden. Man bietet uns nicht nur hier eine super Verpflegung an sehr vielen Stellen. Wobei der ganz große Durst bei mir nicht aufkommen wird, denn entgegen der Wettervorhersage wird es den ganzen Tag bedeckt bleiben. Und so fühle ich mich mit Langarm- und T-Shirt doch richtig bekleidet.
Ich nähere mich erstmals dem Opernplatz mit der alten Oper, die zu meiner Schulzeit jahrzehntelang eine eingezäunte Kriegsruine gewesen war. Nach langer Diskussion wurden die verbliebenen Außenmauern wieder mit Leben gefüllt, ein hochattraktives Gebäude mit ebensolchem Vorplatz ist heute das Resultat. „Und hier ist der Wolfgang von Marathon4you.de! Wir freuen uns schon auf seinen Bericht“, klärt Sven auf und raunt mir zu: „Wir sehen uns später, ich hab’s nicht vergessen!“ Ja, was denn? Fragen über Fragen.
Ah, das berühmte historische Gebäude des Steigenberger Hotels! Wenigstens das ist stehengeblieben, denn die möglicherweise europaweit größte geschlossene Bebauung mit mittelalterlichen Gebäuden, auch aus der Renaissance, wurde bei alliierten Luftangriffen 1944 fast komplett zerstört. Riesige autogerechte Schneisen hat man beim Wiederaufbau ohne Rücksicht auf die historische Struktur geschlagen, eine völlig gesichtslose Innenstadt mit lediglich der halben Römerbergzeile (historisches Rathaus) war die Folge.
Bildete man zunächst nur die gegenüberliegende Häuserzeile nach und rekonstruierte den Römerberg, stand vor etlichen Jahren die Entscheidung an, was mit einem unmittelbar angrenzenden überbauten, abbruchbedürftigem 7.000 m²-Areal geschehen solle. Das Resultat ist die Rekonstruktion der „Neue Altstadt“, die Ihr unbedingt gesehen haben solltet. „Die Stadt hat ihre Seele zurückbekommen“, meint nicht nur meine Schwester.
Zarte Erinnerungen kommen auch beim Passieren der Zeil, zumindest seinerzeit die Frankfurter Haupteinkaufsstraße, hoch. Große Kaufhäuser erfreuten sich großer Beliebtheit. Wer erinnert sich z.B. an das Bieberhaus? Hier gab es für den kleinen Wolfgang das erste große Fahrrad, abgeholt mit Onkel Willi. Gänsehaut beim Schreiben. Ein Spendentor lädt zu guten Taten ein, zum Dank puscheln jede Menge Mädels golden daher.
Erstmals nähern wir uns dem Eschenheimer Turm, einem Relikt der ehemaligen Stadtbefestigung, dessen Beseitigung sich engagierte Bürger zu unserem heutigen Wohl erfolgreich widersetzt haben. Wieder Opernplatz, erneuter verschwörerischer Blickaustausch mit Sven. Km 10 erreiche ich nach netto 1:04 Std. Ok, das ist jetzt nicht gerade eine Spitzengeschwindigkeit, aber wer lange Läufe weitgehend schwänzt, muß vorsichtig agieren, denn der Weg ist bekanntermaßen weit. Und die Ente am Ende fett.
Die Strecke gibt aber wirklich schnelle Zeiten her, ich erinnere an den Fast-Männerweltrekord von 2011. Denn mit einem Gesamt-Höhenunterschied von nur 27,8 m ist die 42,195 Kilometer lange Strecke durch die Main-Metropole extrem flach. Folge: Laut einer seriösen Auswertung soll Frankfurt mit einer Durchschnittszeit von 3:57:56 Stunden für Breitensportler die schnellste Marathonstrecke Deutschlands bieten. Die Äthiopierin Hawi Feysa wird dies heute bestätigen und in 2:17:25 Std. einen fabelhaften neuen Streckenrekord erzielen.
Wieder befinden wir uns am Eschenheimer Turm, verabschieden uns dann aber nach 13 km nach Dribbdebach, ne Kölsche hätt jesoht op de schäl Sick. Der Blick von der Alten Brücke auf die Skyline inkl. des Kaiserdoms ist beeindruckend, weshalb sich hier auch das beliebteste Fotomotiv des Laufs befindet. Das Sachsenhäuser Ufer und der Schaumainkai bieten viel innerstädtisches Grün. Hinter dem Eisernen Steg verabschieden wir uns vom freundlichen Frankfurter Gewässer und ziehen westwärts. Beim Betrachten des Streckenplans sticht mir die Vergleichbarkeit mit Paris und seinem Lauf an der Seine ins Auge.
Im Folgenden halten sich die optischen Genüsse etwas zurück, was aber durch die Präsenz vieler Bands wettgemacht wird. Ein Mädel vor mir hantiert an seinem Handy, was ein älterer Frankfurter herrlich kommentiert: „Net aafs Handy sollste gucke, Mädsche, sonnärn laafe!“
So reiht sich km an km. In Goldstein, das sich Niederrad anschließt, hämmert uns der lokale Moderator ein, daß dies der schönste Stadtteil sei, an zahlreichen Stellen werden kleine Feste gefeiert. Offensichtlich auch feste gefeiert. Wie überhaupt der Zuschauerzuspruch insgesamt sehr gut ist, wir werden wohlwollend und nett begleitet. Halbzeit ist nach netto 2:15 Std., das passt.
Schon länger sind mir die 4:29er Pacer auf den Fersen, überholen schon mal zu meinem Leidwesen, denn davor läuft’s sich besser als im Pulk. „Noch 21 km hoffen und beten!“ verkündet das Transparent vor der evangelischen Kirche. Ob’s der Herr alleine richten kann? Ein wenig laafe müssen wir schon selber. U.a. nette Fachwerkhäuser erfreuen uns in Schwanheim, bevor nach km 23 der leichte Anstieg zur Schwanheimer Brücke kommt. Ja, wirklich, es sind zwar offiziell nur 27,8 Höhenmeter, aber einige davon sind optisch tatsächlich wahrzunehmen. Wobei ich sagen muß, daß Strava deren gute 80 auswirft, und das nicht nur bei mir. Was soll’s? So oder so ist die Strecke bretteben.
Wieder in Hibbdebach sind wir zunächst in Höchst, wo der Marathon seinen Ursprung hatte. Einige Bands helfen uns auch aus diesem Stadtteil. Einem Heerlager gleich liegt links ein weiterer Staffelwechsel, die man allesamt sehr vernünftig abseits der Hauptstrecke gelegt hat. Allerdings bemerke ich natürlich, daß es die schnellen Staffeln echt schwer haben, sich durchzukämpfen. Insbesondere fiel mir das am Anfang auf, denn zahlreiche Laufquartette haben vermutlich ihre Stärksten an den Anfang gestellt, deren Herausforderung es war, sich durch das dichte Feld der langsamen Marathoner durchzupflügen.
Km 30 erreiche ich nach 3:11 Std., er markiert zwischen Nied und Griesheim den Beginn der von Vielen als endlos empfundenen Mainzer Straße. Bei meinem hiesigen Ersteinsatz 2004 waren es nach meiner Erinnerung die km 32 – 37 gewesen, die mir hinsichtlich der angestrebten 3:30 den Zahn endgültig zogen. Heute nicht. Ok, natürlich bin ich viel langsamer als damals geworden, aber auch erfahrener. Da ich mit mir selber sehr gut klarkomme, meinen Gedanken nachhänge und die Umgebung aufmerksam scanne (nicht zuletzt wegen der potentiellen Fotomotive), hat die Langeweile keine Chance.
Dir und mir Binding Bier!
Ein Frankfurter Kind der Sechziger Jahre wuchs mit dem Henninger Turm auf, das Drehrestaurant suchte seinesgleichen. Und einen tollen Spielplatz gab es, wohl nicht weit entfernt davon im Stadtwald, auf dem ich mich immer wohlgefühlt habe. Die wahrgenommene Konkurrenz zur Henninger Brauerei war die von Binding. „Dir und mir Binding Bier“, das war/ist der bekannte Werbespruch, den jeder Mittelhesse kannte.
Tja, und jetzt seid Ihr an der Reihe, die Ihr unser Portal schon lange kennt: Bier und Frankfurt, war da nicht was? Oder wer? Ich jedenfalls mustere jedes Gesicht zwischen km 32 und 33, selbstverständlich sehe ich ihn sofort. Verabredungsgemäß – natürlich ist das kein Zufall! – steht da unser Joe Kelbel, ehemals aktivster Laufreporter der Welt und eines der Gesichter von Marathon4you. Strahlt von einem Ohr zum anderen und öffnet seinen Rucksack. Ah, zisch und klack und weg! So klang es jahrelang in der Kultserie „Die Camper“, ähnliche Geräusche ertönen am Rand der Mainzer Straße, während die 4:29er Zug- und Bremsläufer grinsend und verstehend vorbeiziehen. Egal, die Zeit wird sich jetzt genommen. „Du kannst den Rest auch mitnehmen!“, meint mein persönlicher Unterstützer, mault aber auch nicht, als ich ihm diesen dalasse. Er ist mit Sicherheit nicht verkommen. Der Joe natürlich auch nicht, dem als nicht mehr laufen Könnender das Herz beim Anblick der viele tausend Vorbeiziehenden bluten muß.
Solche Begegnungen gehen ans Herz und helfen bei der Bewältigung eher eintöniger Strecken. Die Skyline wieder im Blick geht es auf die letzten km, die – nicht wegen des Gerstensafts! – schwerfallen. Gerne hätte ich die 4:29er noch eingeholt, aber dafür hätte ich die letzten Körner zusammenkratzen müssen. Also abhaken.
Bereits durchlaufene Straßen werden erneut inspiziert, da meine ich jemanden zu erkennen. Eine Frau steht auf dem Straßenteiler, einen rosa Puschel in der Hand. Ist sie es? Ich bin schon vorbei, als ich mich umdrehe und einen Versuch starte. „Heidi?“ Sie ist es und strahlt noch schöner als der Joe. Heidi hat als FrauSchmitt (ja, zusammengeschrieben) in ihrem Blog tolle Geschichten aus der Sicht einer 08/15-Volksläuferin geschrieben, dazu zwei Bücher, die ich natürlich besitze. In den Geschichten erkennt sich jeder wieder. Und sie ist glücklich, daß ich sie erkenne, mir geht es ebenso. „Ich puschele wie wild. Mein Puschel ist rosa. SEHR rosa!“, zitiere ich sie aus dem Gedächtnis. FrauSchmitt strahlt noch mehr. Später werden wir uns abermals sehen und angrinsen. Wieder eine dieser Begegnungen, die einem die letzten km versüßen.
Und doch ziehen die sich, die Blicke auf die Uhr ob der Restkilometer häufen sich. Nochmal Hauptwache, Spendentor, Zeil, Eschenheimer Turm, dann verheißt das 40 km-Schild die nahende Erlösung. Nein, das ist übertrieben, den nahenden, tollen, so ganz besonderen Zieleinlauf.
Auf dem Opernplatz wird wieder gestrahlt, diesmal von Sven. Auch der Moderator hat einen Rucksack dabei, der sich vor dem durstigen Läufer öffnet. Ja, Toni, so macht man das als Nicht-Bayer im Vorfeld! Während wir genussvoll trinken, schweigt der Sven tatsächlich mal ein paar Sekunden lang. Hoffentlich kürzen sie ihm deswegen das Honorar nicht!
Derart beschwingt ist bald danach die Zielgerade erreicht. Vor dem Starttor, von dem ich vor guten viereinhalb Stunden in umgekehrter Richtung gestartet bin, biege ich links zur Festhalle ein, deren Eingang sich wie ein roter Schlund öffnet. Diesmal bin ich nicht so doof und rase über den roten Teppich, bleibe sogar (den Defekt nicht ahnend) für Fotos stehen. Ich genieße den Teppich, die gut besetzten Tribünen, die Lautstärke, die Musik, die Lichtorgie, überhaupt die ganze Atmosphäre. Dann lässt sich das Ende nicht länger hinauszögern.
Nichtsahnend schieße ich noch Foto um Foto, bevor ich sanft, aber bestimmt hinauskomplimentiert werde. Selber noch erstaunlich dynamisch, kann ich die Treppen bergab ins Freie problemlos bewältigen, was einigen Leidensgenossen sichtlich schwerfällt. Doch die werden, genauso wie ich, hocherfreut sein, denn nach dem wichtigen, warmhaltenden Poncho gibt’s die wohlverdiente Medaille. Und was für eine! Die gehört mit Sicherheit zu den fünf schönsten, die ich im Laufe der vergangenen 23 Jahre einsammeln konnte. Und das sind viele, sehr viele.
Der großzügige Nachverpflegungsbereich erinnert an die Rewe-Verpflegungsdörfer in Bonn und Köln, bietet jede Menge Gelegenheit zur Wiederauffüllung sämtlicher Speicher und zum netten Austausch mit vielen glücklichen Menschen.
War es im Jahr 2004 mein 4. Marathon gewesen, ist es heute, zwanzig Jahre später, am gleichen Ort der 204. Ein witziger, wenn auch wirklicher Zufall. Kein Zufall sollte es für Euch sein, die 42. (!) Ausgabe des Mainova Frankfurt Marathons zu erleben. Das Gesamtpaket aus Messe, Brezellauf und dem tollen Marathon auf flacher Strecke ist ein hochattraktives Ziel, das jeder mal erlebt haben sollte. Es darf aber gerne auch zurückgekehrt werden. Mir hat es super gefallen.
Wir schließen, wie wir begonnen haben, mit dem Mundartdichter Friedrich Stoltze:
Un wann se bei uns sich amesiern,
dann werrd se der Abschied doppelt rihrn.
Un gewe merr recht un stimme mit ei:
Wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei!
Streckenbeschreibung:
Attraktiver Stadtmarathon je hälftig nördlich und südlich des Mains mit offiziellen 27,8 Höhenmetern insgesamt.
Startgebühr:
Je nach Anmeldezeitpunkt 99 bis 149 € für den Marathon.
Weitere Veranstaltungen:
Staffelmarathon mit vier stark unterschiedlich langen Vierteln.
Leistungen/Auszeichnung:
Traumhaft schöne Medaille, Onlineurkunde.
Logistik:
Kürzeste Wege, da alles in und um die Messehalle.
Verpflegung:
Jede Menge VP mit allem, was man benötigt, zweimal auch Gel.
Zuschauer:
Im Start-/Zielbereich richtig voll, gute Stimmung und viel Musik unterwegs, streckenweise aber auch mal ziemlich ruhig