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Laufberichte

Einfach Königlich, doppelt Marathon

06.06.10
Autor: Klaus Duwe

Ein kurzes Stück laufen wir auf der Pappelallee, wo sich der Verkehr etwas staut. Die Autofahrer nehmen die Situation erstaunlich gelassen, steigen aus ihren Wagen und bestaunen die „Verrückten“ die jetzt bei fast 30 Grad im Laufschritt durch die Gegend rennen. Gleich tauschen wir die  heiße Fahrstraße gegen einen schattigen Waldweg und wenig später sind wir beim Schloss Sans Souci (km 15).

Wer sich nicht auskennt, wird es glatt übersehen. Das Schloss ist DIE Attraktion und  immer stark frequentiert. Da ist es unmöglich (aber natürlich schade), es direkt anzulaufen. Ich wundere mich sowieso, wie klaglos die teilweise erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen hingenommen werden.

Auch ohne Sambatrommler an jeder Ecke und ohne tausende Zuschauer ist dieser Lauf ein einmaliges Vergnügen, vor allem für die, die nicht auf Bestzeiten aus sind. Und dass man für den Marathon zwei Runden laufen „muss“, sollte keinen abhalten. Im Gegenteil. Nur im Notfall sollte man sich die zweite Runde schenken. So wie ich. Ich hatte eine schlechte Nacht und am Morgen war ich nicht sicher, überhaupt laufen zu können. Mit zig Fotostopps (am Ende habe ich auf den 21 km über 200 Fotos gemacht) geht es aber ganz gut.

Die Geschichte vom Müller von Sans Souci habe ich in meinem letzten Bericht erzählt. Heute sind die Kartoffeln dran. Seinem Wunsch entsprechend ist der Alte Fritz neben dem Schloss bei seinen Hunden bestattet. Eine schmucklose Platte mit der Aufschrift „Friedrich der Große“ markiert sein Grab. Ständig legen dort Besucher Blumen und  - Kartoffeln ab.  Man will ihm dafür danken, dass er die Knollenfrucht hierzulande eingeführt hat. Kaum zu glauben, dass dazu ein genialer Trick  notwendig war, der aber noch heute hervorragend funktioniert.

Die Ernährung der ständig wachsenden Bevölkerung war damals ein Problem, das durch sich durch Getreidemissernten in manchen Jahren noch verschärfte. Die Kartoffel könnte da nach Überzeugung des Königs in idealer Weise  Abhilfe schaffen, aber die Bauern wehrten sich.  Vielleicht stammt ja  aus dieser Zeit der Spruch: „Was der Bauer nicht kennt, das isst der nicht!“ 

Der Große Friedrich wollte das nicht akzeptieren, ließ Kartoffelfelder anlegen und diese von Soldaten bewachen. Das machte die Bauern neugierig. Was der König bewachen ließ, musste etwas Besonderes sein. Die Bauern schlichen sich auf die Felder und klauten die Früchte, während die Soldaten befehlsgemäß zum Himmel schauten  und ein Liedchen pfiffen. Plötzlich hatte die Kartoffel eine ganz andere Wertigkeit und der Siegeszug begann. Noch heute wird eine bestimmte Zubereitungsform nach dem Alten Fritz benannt: Pommfritz (ha, ha, ha).

Wir laufen die Maulbeerallee hinunter, sind mitten im Park Sans Souci. Auf diesem Gefällstück könnte man jetzt Tempo machen, aber es gibt viel zu sehen: herrlich blühende Sträucher, Skulpturen, Pavillons und kunstvoll geschmiedete Zäune, das Felsentor, das Orangerieschloss (1851-64/km 16) und der Sizilianische Garten. Kein Strauch, kein Baum hat seinen Platz zufällig. Alles ist nach Form und Farbe ausgewählt, ein phantastisches Ambiente. Durch ein Tor laufen wir auf einem sandigen Pfad hinunter zum Neuen Palais (km 18,5). Es staubt fast so, als galoppiere eine Herde Mustangs durch die Prärie.

Das prachtvolle Schloss mit 200 Zimmern wurde nach nur 6jähriger Bauzeit 1769 fertig gestellt. Friedrich II. konnte jedoch keinen sehr großen Gefallen daran finden, es war ihm zu protzig. Er hatte zwar dort auch eine Wohnung, aber das Schloss diente hauptsächlich Gästen des Hofes als Unterkunft. Heute wird es teilweise von der Universität genutzt.

Durch ein großes eisernes Tor verlassen wir den Park. Damit liegen auch die Highlights der Strecke hinter uns. Die letzten zwei Kilometer durch unterschiedliche Wohngebiete kommen ganz ohne aus. Die Zeppelinstraße wird gut gesichert überquert und schon sind wir wieder im Luftschiffhafen. Eine kleine Schleife ist noch zu laufen, dann geht es ins Stadion und auf der komfortablen Kunststoffbahn ins Ziel. 

Spektakulär ist der Zieleinlauf nicht. Aber irgendwie passt das zur Veranstaltung. Das Highlight ist der  unglaublich schöne 21km-Rundkurs mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten und nicht irgendwelche Inszenierungen. „Einfach Königlich“ lautet dazu Veranstaltungsmotto in diesem Jahr. Und der Marathon ist es doppelt. 

Impressionen

Marathonsieger

Männer
1. Olaf Haller, KSV 90 Berlin-Pankow 2:44:56
2. Uwe Laenger, 1. FC Union Berlin  2:55:15
3. Norbert Schepergerdes, BSW  3:00:00

Frauen
1. Karsta Parsiegla, SCC Berlin  3:13:51
2. Nicole Schwindt, LAV asics Tübingen 3:25:15
3. Madeleine Lorenz    3:25:46

440 Finisher

Streckenbeschreibung

Sehr schöner, abwechslungsreicher Halbmarathon-Rundkurs mit kleineren Steigungen; vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten; für Marathon zweimal zu durchlaufen; meist asphaltierte Straßen bzw. befestigte Wege

Rahmenprogramm

Marathonmesse Samstag/Sonntag (FIT – Sport-, Wellness- und Gesundheitsmesse) mit Startnummernausgabe und Vortragsreihe am Luftschiffhafen. Bon für Pasta-Party

Auszeichnung

Medaille, Finisher-T-Shirt, Urkunde (Ausdruck direkt im Zielbereich)

Logistik

Startnummernausgabe Samstag und  Sonntag im Bereich Start/Ziel am Sportgelände Luftschiffhafen. Dort gibt es nur begrenzt Parkplätze. Weitere Parkplätze befinden sich am Bahnhof Pirschheide (fußläufig zum Luftschiffhafen) oder am Hauptbahnhof Potsdam. Von dort fahren für Teilnehmer kostenfrei Straßenbahn und Shuttlebusse (ab 6.30 Uhr) zum Luftschiffhafen.

Am Sportgelände Luftschiffhafen sind auch das Kleiderdepot (Leichtathletikhalle) und Garderoben/Duschen (Schwimmhalle).

Verpflegung

6 Verpflegungsstellen auf den 21 km, Tee und Wasser, Cola, Bananen und Äpfel

Zuschauer

Wenig Zuschauer, nur bei der ersten Runde im Zentrum gute Stimmung.

Kleine Stadtbesichtigung

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Informationen: Potsdamer Schlösser-Marathon
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