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Laufberichte

Wiederholungstäter aus gutem Grund

 

Der MOUNTAINMAN Nesselwang findet bereits zum sechsten Mal statt. Hier begann die Veranstaltungsgeschichte des sympathischen Teams. Inzwischen organisieren sie pro Jahr sechs Wettkämpfe mit jeweils vielen verschiedenen Distanzen, Läufern, Wanderern und sogar Hunden  sowie ein Trainingscamp auf Fuerteventura. Hier spürt man deutlich, dass sie mit viel Herzblut Läufer sind, die anderen Läufern ein hervorragend organisiertes Erlebnis bieten wollen.

In Nesselwang stehen in diesem Jahr eine neue XS Strecke mit 5 km und 75 Anmeldungen, S mit 10 km und 330 Anmeldungen, M mit 21 km und 500 Anmeldungen, L mit 33 km und 300 Anmeldungen und XL mit 42 km und 220 Anmeldungen zur Wahl. Teilnehmerrekord! Bernie Manhard und ich laufen die XL-Runde mit 2691 Höhenmetern, mein Freund Thomas musste kurzfristig wegen einer Zerrung auf L ummelden.

Am Freitagmittag kommen Thomas und ich mit dem Zug in Nesselwang an. Etwa eine Viertelstunde brauchen wir vom Bahnhof zum Trendsportzentrum. Für Autofahrer gibt es in einem nahen Gewerbegebiet genug Parkplätze. Noch ist es entgegen der Wetterprognosen trocken.

 

 

Ich freue mich sehr, Jutta, Horst, Annalena und das restliche Organisationsteam sowie die untrennbar dazu gehörenden Moderatoren Rudi und Stefan wiederzusehen. Ich schaue mir die Angebote bei den Ständen der kleinen Läufermesse an. Um 18 Uhr startet ein kurzer Gemeinschaftslauf. Leider schließen sich aufgrund des unsicheren Wetters nur etwas mehr als ein Dutzend Leute der wie gewohnt von Annalena geführten Gruppe an. Nach Rückkehr der Läufer schlendern Thomas und ich zur Alpspitzhalle, in der das Briefing stattfindet. Unterwegs beginnt leichter Regen. Kurz nach unserer Ankunft schüttet es aus allen Kübeln.

Jutta, die MOUNTAINMAN-Chefin, muss das Briefing heute alleine machen, da der Rest des Orga-Teams gerade versucht, die Zelte am Startgelände zu retten, was nicht in jedem Fall gelingt.

Beim Briefing werden wir darauf hingewiesen, dass wir unterwegs per SMS erreichbar sein müssen, da aufgrund der Wetterprognosen ein Rennabbruch wegen Gewitter nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Möglichkeit gehört zu jedem Lauf in den Alpen dazu. Der Zweite Bürgermeister und der Sponsor halten kurze Reden. Dann gehen wir wieder hinaus in den strömenden Regen und suchen in Nesselwang vergeblich ein Lokal, in dem wir etwas zu Abend essen können. Alles überfüllt!

Am nächsten Morgen kommen wir schon früh am Bahnhof an und trinken kurz nach 7 beim Startgelände Kaffee. Jutta erzählt, dass es gestern nach dem Unwetter hier aussah, wie nach einem Tsunami. Bald kommt auch Bernie, den ich schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen habe. Schön, dass wir endlich mal wieder ein paar Kilometer gemeinsam laufen können!

Die Kontrolle der Pflichtausrüstung geht schnell und problemlos. Vor allem auf die Rettungsdecke wird aufgrund der Streckenverhältnisse und der Wetterlage unbedingt Wert gelegt.

Um 8 Uhr starten XL und L Läufer gemeinsam, die Teilnehmer mit Hunden etwas später. Kurz vor dem Start sollen wir uns alle hinknien. Nein, nicht für ein Morgengebet! Wenn die vorderen Aufstehen, die Hände hochheben und nach und nach die anderen folgen, sieht die La Ola Welle viel bombastischer aus. Und gleich nochmal in umgekehrter Richtung!

Zum Start läutet der Zweite Bürgermeister mit einer großen Kuhglocke. Wegen des gewundene Startkanals laufen die schnellen und die langsamen Läufer aneinander vorbei. Nur kurz eilen wir auf relativ flacher Strecke voran. Dann geht es gleich auf sehr spaßiger Route steil bergauf. Über ein dichtes Gewirr aus Ästen und auf recht rutschigem Boden steigen wir steil in die Höhe. Welch ein Spaß schon gleich am Anfang!

 

 

Dies sind die Momente, wegen denen ich nach einem zeitaufwändigen Wanderprojekt  auf die Trails zurückkehre. Wandern ist super, aber noch Lieber bin ich als Trailrunner unterwegs.  Gerade muss ich mich voll konzentrieren, damit ich nicht stürze. Der Alltag ist Lichtjahre entfernt. Es zählen der Trail und ich, alles andere bleibt jetzt völlig nebensächlich. Ja, das ist Trailrunning, wie ich es liebe! Wie froh bin ich, heute hier in Nesselwang dabei zusein.

Bald wird der Weg schmaler. In einem kleinen Hohlweg gibt es Stau. In meinem Teil des Feldes geht es nur mit 1 km/h voran. Dann entzerrt sich das Feld auf einem breiten, bergab führenden Weg. Jetzt gilt es, noch einmal vor dem langen Aufstieg Gas zu geben!

Dann beginnt der berühmte Wasserfallweg, eine der faszinierendsten Routen im Allgäu. Über steile Treppen steigen wir an wilden Wassern entlang. Traumhaft! Da die Metallgitter der Stufen für Hunde nicht geeignet sind, gibt es für diese Läufergruppe eine Umleitung, die ebenso steil ist, aber über Wurzeltrails führt.

Weiter oben marschieren wir nun ebenso steil auf dem Wurzelweg in die Höhe. Auch hier kommen wir an ein paar recht rutschigen Passagen vorbei, aber Bernie meint, dass heute im Vergleich zu den letzten Jahren alles leicht sei. Auf einem Streckenabschnitt zwischen nur niedrigen Bäumen und Sträuchern können wir den Blick weit über das Voralpenland schweifen lassen - natürlich auch hinab nach Nesselwang.

 

 

Erstaunlich, wie hoch wir schon gekommen sind! Schließlich erreichen wir die Stelle, an der die L-Läufer weiter in die Höhe steigen, wir XL-Läufer aber für eine Weile auf einem bequemen Schotterweg mit mäßigem Gefälle schnell in die Tiefe rennen. Nach mehreren Kurven geht der Geschwindigkeitsrausch (bei mir natürlich Übertreibung!) zu Ende und Treppenstufen führen hinauf zur Kapelle Maria Trost, die recht malerisch auf einer kleinen Waldlichtung steht. Dann steige ich wieder steil und manchmal über Treppen bergauf.

Schließlich erreiche ich die erste Verpflegungsstelle, die unterhalb des Hauses der Kappeler Alp steht. Hier gibt es unter anderem Kuchen, Waffeln und belegte Brote. Bei gutem Wetter hat man von hier eine wunderschöne Aussicht, doch die Berggipfel sind jetzt noch von Wolken verdeckt. Trotzdem kann ich in der Ferne Schloss Neuschwanstein erkennen.

Jetzt folgt ein sehr langer Abstieg auf Trails, die wieder volle Konzentration erfordern. Ganz eins mit dem Boden vor und unter mir - das könnte man auch als Mantra sehen. Würde ich auf solchen Wegen nur wandern, würde mir dieses bei hohem Tempo nötige geistige Verschmelzen entgehen. Ich renne steil über Almwiesen bergab. Unten beim Wanderparkplatz Höllschlucht bin ich fast wieder auf Höhe des Startgeländes.

Der Aufstieg auf Schotterwegen ist leicht. Für diese 5 km gibt es sogar eine gesonderte Sprintwertung. So schnell ich kann, marschiere ich über Almwiesen bergauf. Allmählich wird die Aussicht etwas besser, doch ein Teil der Gipfel bleibt heute den ganzen Tag über verborgen.

Schließlich erreiche ich wieder die Kappeler Alp, dieses Mal auf der anderen Seite. Nun begegnen mir die Läufer der S-Distanz, von denen viele mit Hunden unterwegs sind.

 

 

 

 

Es folgt nur noch ein kurzer Aufstieg bis zur VP 2 am Sportheim Böck, bei der ich bei den Äpfeln und Bananen zugreife. Da es von hier nicht weit zur Bergstation der Alpspitzbahn ist, sind sehr viele Spaziergänger unterwegs. Einige fragen mich, was wir hier machen und sind verwundert, wenn ich wahrheitsgemäß antworte.

Wir laufen aber nicht zum Alpspitzgipfel, sondern über Almwiesen auf den benachbarten Edelsberg. Wenige Meter unter dessen Gipfel erreichen wir mit 1626 m den höchsten Punkt der heutigen Strecke. Danach führt mal wieder ein spassiger Trail teilweise sehr steil und an einigen Stellen rutschig in die Tiefe. Eine richtige Gaudi!

Inzwischen überhole ich zu meiner großen Überraschung schon ein paar Teilnehmer der L-Distanz. Immer weiter schweift mein Blick über die inzwischen fast komplett wolkenfreien Gipfel der Allgäuer Alpen. Dann komme ich nahe an der Alpe Stubental vorbei, doch unsere Route führt nicht direkt dort hin sondern zuerst in einer weiten, technisch leichten Runde auf den 1458 m hohen Pfefferberg. Oben bleibe ich kurz stehen und genieße die Aussicht. Es geht zuerst wieder kurz recht steil hinab, dann über Almwiesen relativ leicht weiter.

 

 

Vor der Almhütte sitzt Bernie am der 3.  VP . Es gibt vegane Brühe, von der ich gleich zwei Becher trinke, Cola, Kuchen, Obst und Salz. Die Hälfte der Strecke liegt hinter uns, der zweite Teil hat deutlich weniger Höhenmeter. 

Während der nächsten zwei Stunden laufen Bernie und ich gemeinsam weiter. Zuerst geht es kurz auf einem Forstwirtschaftsweg bergab. Bei km 24 trennen sich die Routen der einzelnen Distanzen. Wer hier nach 14:30 Uhr ankommt, muss laut Ausschreibung ohne Wertung auf der M-Strecke direkt ins Tal laufen. Bernie und ich haben 40 Minuten Vorsprung. Ich zweifle keinen Augenblick daran, das Ziel vor 18 Uhr zu erreichen.

Die nächsten Kilometer geht es ohne technischen Schwierigkeiten mal bergauf, mal bergab. Etwas anstrengend ist der Aufstieg zum Gipfel der Reuterwanne (1541 m), aber die grandiose Aussicht lässt mich die Mühe vergessen. Ein rasanter Trail führt bergab. Zwischendurch können wir wieder mal eine Weile schnell auf einem Schotterweg bergab laufen. Dann erreichen wir VP 4 mit leckerer Speiseauswahl.

Nur noch kurz laufen wir auf einem Forstwirtschaftsweg weiter. Dann beginnt der Aufstieg, den Bernie schon als steilsten des Tages angekündigt hat. Obwohl ich mich noch pudelwohl fühle, kann ich das Tempo von ihm und zwei anderen Läufern nicht halten und falle immer weiter zurück. Aus etwa 1300 m Höhe sehe ich einen Teil des Grüntensee, zu dem ich nun auch hinab laufen werde.

 

 

Auf den Trails komme ich schnell bergab und rechne mir aus, Bernie vielleicht einzuholen. Doch auch er kommt hier wohl flott voran. An der Alpe Blöse halte ich mich relativ lange an der Verpflegungsstelle mit vielen verschiedenen belegten Broten auf, da ich nun ordentlich Hunger und Durst habe. Dann renne ich weiter. Ein  ein Blick auf die Uhr zeigt, dass ich mich wegen dem Zielschluss sputen muss.

Gerade als ich das Ufer des Sees erreiche, beginnt ein Regenschauer. Bisher kam ich entgegen aller Prognosen trocken durch. Also Regenjacke anziehen und weiter. Etwa zwei Kilometer führt nun ein bequemer Weg direkt am Ufer entlang. Bald überholen mich zwei Läuferinnen und ein Läufer. Ich versuche, an ihnen dran zu bleiben, kann aber deren Tempo nicht halten. An der Mündung eines Baches sehe ich einen von Bibern gebauten Staudamm. Als ich den See verlasse, hört der Regen bereits wieder auf.

Über breite Wege laufe oder marschiere ich nun wieder bergauf, manchmal an blühenden Wiesen vorbei. Kurz geht es auf dem Radweg neben einer Straße entlang. Leichte Auf- und Abstiege wechseln. Die letzte VP in Bayerstetten erreiche ich nach der für langsame Läufer kalkulierten Durchlaufzeit. Zum Glück hat der Skiclub Nesselwang eine Kiste mit Cola, Bananen, Äpfeln, Salzstangen, Laugenstangen, Schokoladekuchen und Gummibärchen hinterlassen.

Wieder laufe ich über eine schöne Wiese, dann auf Trails durch den Wald. Endlich erreiche ich Nesselwang. Um 17:45 stehe ich vor der Brauerei nahe Ortszentrum, Luftlinie nicht weit vom Ziel entfernt. Doch ich weiß, dass mir eine Viertelstunde nicht reichen wird, da mich die Strecke nun noch einmal ordentlich auf einem Höhenweg bergauf führt. Sogar einige Treppenstufen darf ich nun noch einmal bewältigen.

Weit unter mir höre ich die Stimmen von Rudi und Stefan. 18 Uhr! Doch bereits gestern wurde beim Briefing gesagt, dass es heute mit der Zielschlusszeit nicht so ernst genommen wird. Noch ein paar Stufen hinauf, steile Stufen bergab, ein kurzes Stück auf dem Trail, den wir heute ganz am Anfang hinaufgestiegen sind, dann kann auch ich aufs Ziel zusprinten. Ein paar Minuten zu spät, aber es zählt noch. Bernie und Thomas warten am Zielkanal auf mich. Ich trinke eine Flasche alkoholfreies Bier und ziehe mich um.

Jetzt beginnt ein richtig heftiger Platschregen. Welch ein Glück, dass Petrus mit dem Öffnen der Schleusen so lange gewartet hat!Wegen dieser Sintflut verzichte ich nun darauf, wie geplant auf die letzten Finisher zu warten und gehe mit Thomas bald zum Bahnhof.

Am liebsten würde ich auch bei den nächsten MOUNTAINMAN Events starten, doch an diesen Wochenenden muss ich arbeiten. Erst im Januar, wenn ich auf der sehr anstrengenden, aber grandios schönen Strecke in Mittersill gerne erstmals die XL-Version laufen will, werde ich voraussichtlich Jutta & Co wiedersehen. Ich freue mich drauf! 

 

 

 

 

 

 

Informationen: MOUNTAINMAN Nesselwang
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