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OKNach einem sehr schönen Marathon 2007 in Mailand, sollte es dieses Jahr noch einmal Mailand sein, um die weißen Stellen in der Erinnerung aufzufrischen. So stehen wir also am Samstag um 5:00 am Terminal 2 des Flughafens München und erfahren, dass sich unsere Crew verspäten wird. Nach dem nötigen Enteisen des Fliegers geht es dann mit zwei Stunden Verspätung in einer Ersatz-Propellermaschine Richtung Mailand. Leider ist es an diesem Samstag sehr stürmisch, so dass es mein unangenehmster Flug überhaupt wird. Bis zur Landung werden wir furchtbar durchgeschüttelt. Dafür gibt es über der Po-Ebene dann aber strahlenden Sonnenschein und einen wunderbaren Blick auf Mailand und die Alpen.
Nach einer langen Busfahrt und unserem Check-In im Hotel in Bahnhofsnähe, das man auch dieses Jahr wieder über den Veranstalter zu einem günstigen Preis buchen konnte, geht es zum Dom, wo die Marathonmesse in einem großen Zelt stattfindet. Es gibt keine Wartezeiten bei der Anmeldung und wir halten sofort die Startunterlagen in Händen. Die erforderliche Gesundheitserklärung wird nur kurz angesehen und an uns zurück gegeben. Anscheinend nimmt man das nicht mehr so genau. Beim Weggehen vom Schalter erscheinen unsere Namen schon auf einem Bildschirm - ganz nett. Die Marathonmesse ist recht überschaubar. Ein Highlight ist der Stand der Stadt Mailand bei der es hochwertige Werbegeschenke gibt. Judith hatte ihre Mütze vergessen und bekommt eine schöne Schirmmütze. Beim Verlassen gibt es noch die obligatorische Läufertüte, die auch dieses Jahr wieder ein hochwertiges Laufshirt enthält.
Wir nutzen die Zeit am Nachmittag noch zu einer Besichtigung des Mailänder Doms, verzichten aber auf den Aufstieg auf das Dach mit seinem sehenswerten Rundblick über Mailand. Danach geht es noch zur Kirche Santa Maria delle Grazie, wo wir das letzte Abendmahl von Leonardo da Vinci ansehen wollen. Leider bekommen wir gesagt, dass man sich eine Woche vorher telefonisch für einen Besichtigungsplatz anmelden muss. Also weiter zum technischen Museum, welches mit seiner Schifffahrts- und Eisenbahnabteilung wirklich sehenswert ist. Leider hat es nur noch eine Stunde geöffnet und es lohnt sich nicht mehr den vollen Eintrittspreis zu zahlen. Inzwischen ist es dunkel und empfindlich kalt geworden. Die Zeit reicht noch für einen Besuch des Stadtpatrons St. Ambrosius, dessen Fest am 7.12. gefeiert wird. Beim Hotel finden wir noch ein nettes Lokal für unsere persönliche Pastaparty.
Am nächsten Morgen gibt es ab 6:00 ein Läuferfrühstück, danach geht es zur U-Bahnstation, wo wir erfahren, dass wir keine Freifahrt haben. Gottseidank haben wir 5,50€ für eine zweitägige Netzkarte mitgenommen. So günstig bekommt man dass in München nicht.
Dem Untergrund entschwunden lacht uns die Sonne an, obwohl es im Schatten nur 3 Grad hat, wärmen wir uns durch die schwarzen Laufhosen nun schön auf. Eine Läuferin kommt mit kürzestem Sommerlaufdress vorbei, wahrscheinlich eine Toppläuferin? Die Organisation am Castell Sforcesco, welches auch eine wichtige Pinakotek beherbergt ist wie erwartet gut. Während wir am Toilettenhäuschen anstehen kommt eine japanische Touristengruppe vorbei und fotografiert natürlich alles.
Die Taschenabgabe liegt direkt neben dem Bereich zur Startaufstellung. Trotzdem sind wir ein bisschen spät dran und stellen uns zu den 5-Stunden Pacemakern. Einen Startschuss hören wir um 9:20 nicht, aber es geht langsam los. Die krumme Startzeit ist wohl eine Mailänder Besonderheit. Auf dem ersten Kilometer geht es noch etwas gedrängt zu, aber danach ist die Strecke so breit, dass man immer problemlos überholen kann. Bei Kilometer vier kommt eine kurze Strecke mit Gegenverkehr und wir können die Spitzenläufer sehen, die bereits sieben Kilometer zurückgelegt haben. Für uns geht es weiter durch Einkaufsstraßen mit teuren Geschäften zum Dom, den wir umrunden um dann Richtung Norden zu laufen.
Nach der ersten Ringstraße, an deren Beginn zwei kleine Tempelchen stehen, kommen wir auf den Corso Buenos Aires, einer langen Einkaufsstraße mit nicht ganz so teuren Geschäften. Hier gibt es auch viele Zuschauer, die uns fleißig anfeuern. Manche italienische Läufer haben ihren Namen auf dem Laufhemd stehen, dass fiel mir schon bei einigen Läufen auf, also hatte ich mir auch einen Aufkleber gemacht mit „Ciao Italia! Andreas from Munich“, da ich mir das lange „Monaco die Baviera“ sparen wollte. Mit Monaco alleine ist hier nämlich immer das Monaco am Mittelmeer gemeint. Das kommt gut an und wird gerne vorgelesen. Ein italienischer Läufer spricht uns an, der sieben Jahre in München gelebt hat und sich sicher ist, dass München viel schöner als Mailand ist. Höre ich zwar gerne, aber so ganz ohne ist Mailand sicher auch nicht. Besonders für mich als Straßenbahnfreund. Hier sind nämlich noch Trambahnen aus dem Jahr 1927 im Einsatz!
Über eine lange Allee geht es an einer der Mailänder Universitäten schnell voran und wir überqueren wieder eine Eisenbahnlinie. Ist das also ein flacher Kurs, denke ich mir? Irgendwie gibt es doch einige kleine Anstiege, auf jeden Fall ist es durch die langen Geraden ein sehr schneller Kurs. An den Haltestellen der Obusringlinie, die hier fährt, stehen viele Wartende, die uns mit „Bravi“-Rufen anfeuern.
Nächstes Higlight ist der Lauf an einem der beiden mittelalterlichen Kanäle, an deren Schnittpunkt ein schönes Ausgehviertel liegt. Hier weiter draußen hat man einen mehrere hundert Meter langen Wohnblock gestellt, aus dem wir auch von vielen Leuten beäugt werden. Kurz danach kommt der Halbmarathonpunkt. Dort scheinen wieder einige Läufer aufzuhören und wohl auch einige (illegale) Staffelübergaben stattzufinden.
Durch gediegene Wohnviertel geht es in die Vorstädte. Man kann gut zusehen, wie sich auf der mehreren Kilometer langen Allee die Wohnqualität verringert. Am Straßenrand sehe ich ein älteres Paar, bei dem uns der Mann im Rollstuhl beklatscht. Ich rufe ihm ein freudiges Ciao zu und sehe ein breites Grinsen in seinem Gesicht. Irgendwie kommt es mir so vor, dass viele Läufer sich zwar über Anfeuerungen freuen, aber selber nie etwas zurück geben. Ein kurzes Winken hat schon oft geholfen, einen Zuschauer auch noch für die nächsten 1000 Läufer am Jubeln zu halten.
Am östlichsten Punkt der Laufstrecke gibt es viele neue Hochhäuser und später Plattenbauten, wie man sie auch aus Deutschland kennt. Jetzt nimmt auch das genervte Gehupe der Mailänder Autofahrer zu. Die Polizisten versuchen immer wieder Autos queren zu lassen, aber der Stau bleibt. Viele Zuschauer schimpfen auch auf die Fahrer. Anscheinend gibt es in Mailand nicht so viele günstige Unterführungen für die Autofahrer und es gibt wohl viele Fahrer, die den Termin und Verlauf des Marathons nicht kennen.
Bei Kilometer dreißig kommt man am Guiseppe Meazza Stadion vorbei; wirklich recht beeindruckend. Dann wird es etwas grüner und man läuft an einem Park entlang. Hier haben wir einen phänomenalen Blick auf die Alpen Richtung Nordwesten. Auf der anderen Seite gibt es einen Soldatenfriedhof für Soldaten aus dem vereinigten Königreich.
Es geht durch einen Dorfkern, ich glaube, dass wir kurzzeitig Mailand verlassen. Dann schwenken wir Richtung Westen Richtung Ziel ein. Hier ist auch der höchste Hügel Mailands, von dem man auch den Dom sehen kann. Jetzt geht es noch an einem Straßenknoten vorbei. Man bittet uns rechts zu laufen und die meisten machen das dann auch. Ich bleibe stur und werde recht knapp von einem Bus überholt. Noch habe ich die Kraft laut zu fluchen. Warum haben die sich hier die Absperrhütchen gespart?
Bei Kilometer 38 queren wir wieder den Obusring und erreichen ein schönes Wohnviertel. Judith legt jetzt richtig los und ich muss kämpfen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Hier sehe ich auch die einzige Zuschauerin, die uns aus ihrem Wohnungsfenster zujubelt. Wir schwenken auf einen breiten Boulevard ein und sehen eine Reklametafel am eingerüsteten Friedensbogen (Arco della Pace). Dieser Kilometer wird recht lang, aber die Straße ist für einen Münchner recht beeindruckend. Jetzt noch am Park entlang und bald ist der letzte Kilometer angebrochen.
Hier stehen viele Zuschauer die uns anfeuern. Auch eine Band, die aber gerade Pause macht. Stand nicht in der Zeitung, dass der Veranstalter an jedem Kilometer eine Band stehen haben wollte? Muss ich verpasst haben. Kurz darauf sind wir im Ziel und bekommen unsere Medaille umgehängt. Danach wird der Chip aus seinem Tütchen hinter der Nummer entnommen, was einfacher ist, als sofort den Schuh aufzubinden.
Beim Verlassen des Zielbereichs erfolgt noch eine Gesichtskontrolle zum Gesundheitszustand. Wir dürfen durch. Dabei fällt mir auf, dass hier immerhin ein Sanitätsauto steht. Anscheinend passiert in Mailand nicht so viel? Leider gibt es nur Mineralwasser und kalte Getränke. So ein warmer Tee wäre doch schön oder ein Bierchen? Danach gibt es noch eine Verpflegungstüte.
Im nahen Sportstadion kann man duschen, aber wir fahren doch lieber ins Hotel. Dort treffen wir auch noch ein paar deutsche Läufer, die den Late-Check-Out bis 16:00 wahrgenommen haben, den man über die Anmeldung als Marathonläufer kostenlos dazu bekam. Wir wollen noch einen Tag bleiben, um uns ein bisschen genauer in Mailand umzusehen.
Am Abend geht es in eine Pizzeria an den Naviglio, in der ich die größte Pizza meines Lebens bekomme. Am nächsten Tag erleben wir, dass wir am Marathontag wirklich Glück mit dem Wetter hatten. Es ist ein wolkenverhangener Tag mit Nieselregen. Leider haben in Italien immer noch alle Museen am Montag geschlossen, so dass wir den Tag mit Shopping und viel Straßenbahnfahren verbringen. In der Zeitung steht, dass sich die Zahl der ausländischen Teilnehmer verdoppelt hat und dass die Polizei kurz vor dem Marathon noch eine kleine Streik(?)-Versammlung hatte, die aber noch rechtzeitig beendet wurde. Spät am Abend geht es dann mit Air Dolomiti pünktlich nach Hause. Ich lobe den Wein im Flugzeug und bekomme eine Flasche geschenkt. So schön geht mein Wunder von Mailand zu Ende.