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Laufberichte

Oberhausen-Essen: Wir hier im Revier

17.05.09

Viermal war ich bisher beim Karstadt Marathon dabei. Zweimal ging es lediglich von Dortmund nach Essen. Doch das Ruhrgebiet hat mehr zu bieten, als man auf 42 KM  zeigen kann. Also kam die Idee des Twin-Marathons auf und einer der Startorte war jetzt meine Heimatstadt Oberhausen.

Von Oberhausen und Dortmund startet nunmehr zeitgleich ein Marathonlauf und trifft sich dann in Gelsenkirchen, um  gemeinsam in Essen ins Ziel zu laufen. Die Idee kam im sportbegeisterten Ruhrgebiet  bestens an, und im ersten Jahr hatte man schon 20.000 Teilnehmer und mehr als 800.000 Zuschauer. Nun gut, auf diese Teilnehmerzahlen kam man - wie bei vielen anderen Läufen auch - durch Addition aller Laufwettbewerbe.

Angeboten werden auch in diesem Jahr Marathon, Halbmarathon, Firmenlauf, Walking-Halbmarathon, NordicWalking-Halbmarathon Inline-Skater-Marathon, Handbiker-Marathon und Schulmarathon-Staffel. Neu ist, dass für alle Wettbewerbe nun das Ziel in der Essener Innenstadt am Limbecker Platz ist. Dadurch wird das Zuschauerinteresse hier gebündelt und der Zieleinlauf für alle zur Triumphmeile.

Überhaupt hat man in diesem Jahr einiges geändert. Diese Änderungen haben wir einem neuen Management zu verdanken, welches nochmals grundsätzlich über das Konzept nachdachte und wieder frischen Wind in die Veranstaltung brachte. Mit dem Opelwerk, dem Gasometer, dem OLGA-Park , der Zeche Zollverein und der Essener Innenstadt hat der Lauf jetzt noch zusätzliche Anziehungspunkte bekommen.

Im Vorfeld hat die Berichterstattung um Reiner Calmund bereits hohe Wellen geschlagen. Fleißig hat er sich, mit seinem Trainer Joey Kelly, als Walker auf die Halbmarathonstrecke vorbereitet und seine Fortschritte der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt. Fast 30 Kg hat er abgenommen und geht nun als „Iron Calli“ an den Start. Er hat wahrscheinlich viele ermutigt, es auch mal zu versuchen und wird nochmals viele Neugierige zusätzlich als Zuschauer anlocken. Respekt für seinen Mut, denn er bringt immer noch 137 Kg auf die Waage.

Für mich als Oberhausener bietet sich die Weststrecke an. Hier werden wir im Schatten des Gasometers, eines der Wahrzeichen des Ruhrgebietes, starten. Das OLGA-Gelände ist von der Landesgartenschau 1999 übriggeblieben und wird jetzt als Erholungsgebiet und für Veranstaltungen genutzt. Das Einkaufsparadies CENTRO ist sicher bekannter und liegt in unmittelbarer Nähe. Es stellt seine riesigen Parkplatzflächen zur Verfügung. Nach dem Start geht es dann über Bottrop und Gladbeck nach Gelsenkirchen, und von dort gemeinsam mit der Oststrecke nach Essen.

Das Ruhrgebiet ist mit 5,3 Millionen Einwohnern und einer Fläche von etwa 4.435 Quadratkilometern der größte Ballungsraum Deutschlands und die Städte grenzen teilweise nahtlos aneinander. Doch die Bewohner achten schon in den einzelnen Städten eifersüchtig auf ihre Selbstständigkeiten. Aber bei aller Rivalität entwickelt sich auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl, welches man mit  „Wir hier im Revier“ beschreiben kann. Denn der Kern des Ruhrgebietes nennt sich gerne „Ruhrrevier“ in Erinnerung an die Kohlevergangenheit. Genau diesen Kern werden wir dann auch durchlaufen.

Bei einer Veranstaltung wie dem Karstadt Marathon bekommt dieses Gefühl eine Stimme. Laut Veranstalter soll denn auch der Marathon die Region von ihrer schönsten Seite zeigen und ein Werbeträger für das gesamte Ruhrgebiet sein. Im nächsten Jahr wird das Ruhrgebiet dann sogar insgesamt als eine der europäischen Kulturhauptstädte auftreten.

Meine Startunterlagen kann ich schon am Freitag in der Essener Stadtmitte abholen. Für die Marathonmesse hat man eigens ein Messezelt errichtet und es werden keine Parkgebühren erhoben. Gab es in den Vorjahren immer großzügig Taschen oder Rucksäcke, so reicht in diesem auch ein einfacher Plastikbeutel. Der Sponsor befindet sich auch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und muss sparen. Die Messestände bieten auf 2500 Quadratmetern die üblichen Angebote und heute gibt es auch noch Messerabatt.

Auch eine Neuerung ist es, dass man nicht heute schon die Wechselkleidung für den Zielbereich abgeben muss. Das kann man morgen im Startbereich erledigen und die Kleidung wird dann in den Zielbereich befördert. So ist das auch viel angenehmer. Die Teilnehmergebühren schwanken je nach Anmeldezeitpunkt zwischen 39 und 75 Euro. Dafür erhält man laut Ausschreibung neben der Finisher-Medaille ein Funktionsshirt, Garderobentransport, umfangreiche Zielverpflegung und ausreichende Verpflegungsstationen auf der Strecke sowie einen Massagedienst im Zielbereich. Natürlich ist die Strecke amtlich vermessen, jeder Kilometer wird angezeigt, und die Startnummer gilt als Fahrtausweis am Veranstaltungstag im gesamten Verkehrsverbund.

Am Sonntag habe ich nur eine kurze Anreise. Der Start ist praktisch vor meiner Haustüre. Wer seine Startnummer nicht bereits abgeholt hat, kann dies nun noch am Startort erledigen. Der Start erfolgt ziemlich spät um 10:30 Uhr. Dass dies unangenehm werden kann, habe ich vor drei Wochen beim Oberelbe-Marathon erfahren müssen. Heute ist aber stark bewölkt und es regnet bereits.

Ich treffe meinen Vereinsfreund Werner. Leider kann er verletzungsbedingt heute nicht starten, doch er will hier den Start beobachten und sich später den Zieleinlauf anschauen. Auch sonst sind fast alle Bergheider Lauffans hier, um uns moralisch zu unterstützen. Von unserem Lauftreff will heute Sabine ihren ersten Marathonlauf wagen. Sie hat sich mit Monika eine erfahrene Marathon- und Ultraläuferin zur Unterstützung besorgt.

Zuerst sollen dann über 750 Inliner um 10:20 Uhr starten, doch bereits deren Start verzögert sich um eine halbe Stunde. In der Nacht sind wohl einige Absperrgitter verschwunden und die Strecke wird von der Polizei nicht freigegeben. In Dortmund muss man sogar noch länger mit dem Start warten. Die Inliner tragen hier heute ihre NRW Meisterschaften aus. Wir schauen uns ihren Start an. Vorne sind die Profis mit ihrer Hightechausstattung und fahren bereits im Windschatten. Danach wird es immer gemütlicher und die Kostümierung lustiger, also so ähnlich wie bei uns Läufern.

Wir machen uns für den Start fertig und geben unsere Wechselkleidung ab. Gemäß gemeldeter Zielzeit können dann die 762 Marathonläufer ihren Startbereich einnehmen. Unter uns befinden sich auch die Staffelläufer. Für die Schülerstaffeln ist die Teilnahme kostenlos. Eine gute Idee um den Nachwuchs zu werben. Sechs Schüler teilen sich die Strecke und werden dadurch nicht überfordert.

Auch unser Start verzögert sich, was bei dem stärker werdenden Regen und 14 Grad unangenehm ist. Um 11 Uhr fällt dann der Startschuss und das Feld setzt sich in Bewegung. Nach 30 Sekunden habe ich die Startmatte überquert und der Champion Chip hält die Nettozeit fest. Anders als in den Vorjahren starten die Halbmarathonläufer heute in Gelsenkirchen. Dadurch ist das Feld jetzt erheblich kleiner, und ich kann sofort unbedrängt laufen.

Die neue Streckenführung beginnt aber immer noch mit einer leichten Steigung, denn anders können wir die Stadtgrenze nach Bottrop nicht erreichen. Nach anderthalb Kilometer verlassen wir bereits Oberhausen um sofort in Bottrop weiterzulaufen. Trotz des Regens haben sich schon etliche Zuschauer eingefunden und bei Kilometer 5 erreichen wir mit der Bottroper Innenstadt bereits den ersten Aktionspunkt. Eine Musikgruppe spielt auf und die Zuschauer sind schon in guter Stimmung. Kurz danach gibt es auch den ersten Verpflegungspunkt, betreut von der Langlaufabteilung der Bottroper Adler.

Weiter geht es über breite Straßen Richtung Gladbeck. Das Feld hat sich jetzt eingerollt und die hektischen Überholversuche nehmen ab. Immer wieder werden Läufer vom Zuschauerrand angerufen und begrüßt.  Auch im Feld wird gescherzt und gelacht.

Bald haben wir dann die Stadtgrenze nach Gladbeck erreicht, und nachdem es etwas grüner wurde, geht es nun durch ein Industriegebiet. Schon dringen wieder Musikklänge an unser Ohr und in der Gladbecker Innenstadt geht es ganz hoch her. Wie in den Vorjahren bleibt hier nur eine schmale Gasse für die Läufer und man fühlt sich als Held. Wir passieren die markante Heilig Kreuz Kirche welche ich sonst nur immer von der Autobahn aus sehen kann. Dann geht es aber auf einer großen Ausfallstraße lange geradeaus und bald begrüßt uns schon  das Ortseingangsschild von Gelsenkirchen.

Das ist wieder eine Gelegenheit für die Schalker Fußballfans sich mit ihren großen Vereinsfahnen an die Strecke zu stellen. Dann haben wir bereits die Halbmarathonmarke erreicht und ich bin mit meiner Zwischenzeit zufrieden. Vorbei geht es am Schalker Vereinsheim und bald taucht die Veltinsarena auf. Hier absolviert also der S04 seine Heimspiele.

Die Strecke ist jetzt etwas trist geworden und ständig müssen Eisenbahn- und Autobahnbrücken überquert werden. Auch die Zuschauer sind weniger geworden, aber bevor ich in Trance falle höre ich schon wieder Musik und Beifall. Kurz hinter Kilometer 30 treffen sich nämlich die West- und Oststrecke und wir laufen nun den Rest der Strecke gemeinsam. Hier herrscht nochmals Partystimmung, denn das Zusammentreffen der Strecken wollen doch viele Zuschauer beobachten.

Gut, dass der Regen inzwischen nachgelassen hat. Weiter geht es an dem Revierpark Nienhausen vorbei, und in Essen sehen wir mit der Zeche Zollverein ein von der UNESCO ausgezeichnetes Weltkulturerbedenkmal. Essen muss wohl auch auf sieben Hügeln erbaut worden sein, denn trotz des geänderten Streckenverlaufes sind immer noch etliche Steigungen übriggeblieben. Oder kommt uns das nun auf den letzten Kilometern nur so vor?  Zum Glück treffe ich hier Petra von meinem Essener Verein. Sie läuft ein Stück mit mir und lenkt mich so von meinen schweren Beinen wieder ab.

Die Zuschauer werden immer mehr und machen sich mit fast südländischer Begeisterung  lautstark bemerkbar. Das motiviert für den Endspurt. Bei Kilometer 40 versorge ich mich nochmals gründlich und genieße dann den langen schönen Zieleinlauf.  Hier scheint sich wirklich das halbe Revier versammelt zu haben um alle Läufer zu feiern. Da braucht man sich wirklich nicht hinter Düsseldorf oder Köln zu verstecken.

Dann taucht mit dem Limbecker Platz das Ziel auf. In der Menge erkenne ich meine Frau mit Inge und Werner und winke ihnen glücklich zu. Nach  4:11:58 passiere ich die Ziellinie. Ein Mädchen überreicht mir  eine schöne Medaille und die Zielverpflegung ist wirklich gut und kann ausgiebig genutzt werden.

Bald treffe ich auch meine Vereinsfreunde Carla und Bernd, welche die Halbmarathonstrecke gewalkt sind und „Iron Calli“ weit hinter sich gelassen haben.
Gemeinsam warten wir noch auf Sabine und Monika. Die kommen dann auch bald zusammen ins Ziel und Sabine ist überglücklich ihren ersten Marathonlauf erfolgreich bewältigt zu haben.

Der WDR ist bereits seit 15 Uhr mit einer einstündigen Livesendung dabei und lässt somit auch den Rest der Republik teilnehmen. Der Laufsport wird anscheinend  für das Fernsehen immer attraktiver.

Sieger wurde heute auf der Weststrecke Carsten Schütz in 2:36:12 und Silvia Balbach war mit 3:15:37 die schnellste Frau.

Auf der Oststrecke gewann Samson Bungei aus Kenia in 2:09:21 und holte damit den Landesrekord wieder nach Essen. Ebenfalls aus Kenia war die schnellste Läuferin Rose Chesire in 2:36:50.

Fazit für mich ist, dass der Marathon durch das neue Konzept gewonnen hat. Die späte Startzeit sollte man aber nochmals überdenken.  Durch die getrennten Startpunkte und Startzeiten der einzelnen Läufe kommt man sich nicht ins Gehege, auf der Strecke ist aber deutlich ruhiger geworden. Dass alle Läufe das gleiche Ziel haben ist sicher ein Vorteil, und das Wetter kann der Veranstalter nicht beeinflussen.

Für alle,die das Revier auch einmal von seiner grünen Seite kennenlernen möchten, kann ich noch den Essener Baldeneysee Marathon am 11.10. oder den Bottroper Herbstwaldlauf am 8.11. empfehlen. Ihr werdet staunen, wie vielseitig und schön das Revier ist.     

 

Informationen: Karstadt Marathon
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