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Laufberichte

Mein Marathon-Debüt

17.04.05

Einmal muss es sein

 

5:35Uhr, der Wecker meldet sich, endlich ist der große Tag, auf den wir seit 15 Wochen hinarbeiten, da. Schnell aufstehen, mit dem Hund raus, gemütlich frühstücken, (Toast, Honig, Carokaffee) und in die bereitliegenden Laufsachen schlüpfen. Noch einmal mache ich mir Gedanken, was ziehe ich an. Der Himmel ist bedeckt, die Wetterfrösche sprechen sogar von Regenschauern. Ich entscheide mich für die ¾ Lauftight, kurze Hose darunter um jede Reibung zu vermeiden. Unter dem Laufshirt vom PV Triathlon kommt ein Langarm-Laufshirt. Der Laufgürtel ist schon gepackt, Energiegels, Handy mit Headset, und ein Spray gegen die Birkenpollen. Kerstins Glückskäfer kommt auch mit.

 

Um 7:30 geht’s aus dem Haus zur Bushaltestelle am Husemannplatz, da treffe ich mich mit Kerstin und Michael. Gemeinsam fahren wir zur Holzkampschule, Uli und sein Bus warten da. Im Bus verteilte Michael echte Glückspfennige an uns, wir sind bereits alle in guter Stimmung, Essen, wir kommen! Nach 45 Min Fahrt sind wir an der Provinzialstraße in Bövinghausen, alles voller Läufer und es kommen immer mehr.

 

Zuerst gilt es eine Toilette zu finden, wir Männer finden ein paar Büsche, auf die Frauen müssen wir etwas warten. Langsam gehen wir in Richtung Startblock C, immer mehr Läufer sind um uns, die Straße ist gefüllt. Neben einer Tankstelle bleiben wir stehen, hier werden wir auf den Startschuss warten. Aus den Lautsprechern erklingt fetzige Musik, die Stimmung steigt, welch eine Anblick. Läufer vor und hinter uns, so weit das Auge reicht. Der Hof der Tankstelle neben uns wird kurzerhand als Gemeinschaftstoilette umfunktioniert, was soll’s?

 

Noch 20 Minuten bis zum Start, jetzt werden die Topläuferinnen auf die Strecke geschickt, sie bekommen diesen Vorsprung vor den Topmännern, damit im Ziel eine 10.000 € Prämie an den Sieger/Siegerin ausgegeben werden kann. Noch 10 Minuten, wir ziehen unsere Altkleider aus, Michael legt den großen Haufen an den Straßenrand, jetzt ist es in der Menge gemütlich warm. Die letzten Sekunden werden rückwärts gezählt, dann der Startschuss. Er ist gar nicht zu hören. Weil wir so weit weg sind vom Start, oder hat der Dortmunder es nicht geschafft, die Pistole abzufeuern? Tausende Luftballons steigen auf, „Gänsehautfeeling“.

 

Fast 5 Minuten bleiben wir stehen, dann dürfen wir langsam gehen, endlich können wir anfangen zu traben und um 10:09 Uhr passieren auch wir die Startlinie, Stoppuhr drücken und einfach mitschwimmen in der Menge. Als es in Lütgendortmund leicht bergauf ging, hatten wir einen großartigen Blick auf das Starterfeld vor und hinter uns. 20.000 Läufer um uns herum, wir sind dabei, auf geht’s nach Essen.

 

Wir laufen über die Hauptstraße in Langendreer zur Unterstraße, Zuschauer rechts und links, man wünscht uns gutes Gelingen. Auf der Unterstraße, bei Opel Pieper, ist der erste Erfrischungspunkt. Uns zieht es nach links an den letzten Tisch, ein Becher Wasser geschnappt und im Gehen ausgetrunken. Natürlich kommt was kommen muss, wir müssen mal, die Büsche auf der Wittener Str. kurz vor der Autobahnbrücke, bieten uns eine gute Gelegenheit. Weiter geht es hoch nach Opel, dort steht der Verpflegungsstand 2, alles Kollegen von mir, ich kenne aber niemand. Wieder Wasser getrunken, ein Stück Banane dazu und weiter geht es Richtung Altenbochum. Hier erwartet uns ein Eventpoint mit Radio 98,5. Tolle Musik, sehr viel Publikum, es geht beschwingt weiter Richtung Bo.

 

Mein Handy klingelt, Gabi ist dran, sie stehen vor dem Aralhaus. Bis dahin ist es nicht mehr weit und es geht schön bergab. Kurz abklatschen im Vorbeilaufen die Unterführung vom Bochumer Hauptbahnhof kommt in Sicht. Alle Läufer klatschen im Tunnel in die Hände, ein toller Lärm.

 

Am Bochumer Rostdenkmal geht es nach rechts auf den Ostring, die Zuschauer stehen Spalier, wir werden getragen. Auf Ostring folgt Nordring und die Herner Straße, vorbei am Bergbaumuseum, eine der vielen Sambagruppen bringt uns in den Takt. Partymeile in Bochum Riemke. Jetzt geht es geradewegs nach Herne. Über die Reebok Partymeile Herne, vorbei am Cafe Del Sol, mit einer weiteren Sambagruppe, nähern wir uns dem Halbmarathonziel.

 

Horst hat angerufen, er steht vor dem Kulturzentrum in Herne. Uns überholen 3 Halbmarathonis aus unserer Gruppe, ich bedauere sie, weil sie bald nicht mehr weiterlaufen dürfen, Michael ist da anderer Meinung, er würde gerne mit ihnen tauschen. In Herne tobt der Bär, wir werden empfangen wie die Weltmeister. Zwei, drei Kurven durch die Herner City, dann ist es plötzlich ganz ruhig, wir sind auf der Gelsenkirchener Straße, links und rechts keine Häuser, also auch fast keine Menschen. Wir nutzen die Gelegenheit, nochmals die Büsche aufzusuchen.

 

Irgendwann erreichen wir die Florastraße noch 3km bis Gelsenkirchen, nun muss auch Kerstin mal ins Dixi, wir drei gehen langsam weiter und ernten besorgte Blicke, ob es uns denn gut gehe. Als wir ihnen sagten, dass wir auf unsere Begleiterin warten, waren sie erleichtert. So kann man auch Pluspunkte beim Publikum sammeln. Plötzlich sehen wir Lothar am Straßenrand, er ist verletzt, aus. So kann es gehen, schade für ihn, er hatte sich so viel vorgenommen.

 

Die Florastraße taucht auf, hier ist der „Come Togther Point“. Ein Punkt auf den wir gewartet haben. KM 30 ist jetzt erreicht, schon von weitem hören wir die Zuschauermassen jubeln, dazu Sambatrommeln. Die echten brasilianischen Tänzerinnen sind sehr leicht bekleidet.

 

Die Stimmung steigt, das Volk jubelt. Nur wenige Meter weiter war der Bowerbar Point. Hier gab es Powergel und Wasser zum Nachspülen. Jetzt haben wir Energie getankt für die letzten 12 km. Wir erreichen Rotthausen, immer wieder sehen wir typische Bergmannssiedlungen. Die Anwohner haben sich vor der Haustür versammelt bei Kaffee, Kuchen, Bier und Gegrilltem. Sie feiern ihre Marathonparty. Essen ist nicht mehr weit, die ersten Steigungen warten auf uns, noch ist alles im grünen Bereich. Wir nehmen auch jeden Erfrischungspunkt mit und trinken gehend unser Wasser.

 

Kerstin, Günter und Michael zeigen langsam Ermüdungserscheinungen, noch kann ich sie ziehen. Wo ist der Mann mit den Hammer, alle schreiben von ihm, alle erzählen von ihm, wir sehen ihn nicht. Vielleicht ist er gerade bei den Läufern, die im Moment nur noch gehen können. Davon gibt es immer mehr. Meine drei Begleiter werden auch immer müder, die Trinkpausen werden ausgedehnt, Michael hat nur noch ein Thema: „Wie weit ist es noch?“


Bei Km 35 haben sie den Biss verloren, mein Ziehen hat keine Wirkung mehr. Kerstin meint „wir sind jetzt lange genug mit Dir gelaufen, lauf los und warte im Ziel auf uns“. Ich sehe ein, sie hat Recht. Noch bin ich so fit, dass ich nicht zu gehen brauche, ich kann laufen und das tue ich auch. Ein Läufer nach dem anderen wird überholt, keine Probleme. Essen ist erreicht. Die Strecke wird bergiger, aber wer Remscheid gemeistert hat, der fürchtet keine Steigung mehr. Jetzt klatscht niemand mehr in den Unterführungen, wird da etwa Kraft gespart? Die Zuschauer stehen jetzt dicht gedrängt, laufen wird zum Schweben. Wo ist die Gruga?

 

Jetzt geht es durch eine Fußgängerzone, unsere Laufbahn ist nur noch 3 Meter breit, so dicht stehen die Leute. Der Lärm schwillt an, der Teufelslappen kommt. Hier beginnt der letzte Kilometer. Viele Teufel treiben uns an, wir werden begrüßt „Hallo Jürgen, schön dass du da bist“ schallt es aus den Lautsprechern. Die Rasseln, Trommeln und Trillerpfeifen machen einen Höllenlärm.

 

Noch immer sehe ich nicht das Ziel. Meine Schritte werden schneller, es kann nicht mehr weit sein. Die Strecke ist jetzt wieder eben. Da, ganz hinten sehe ich ein weißes Tor „ZIEL“. Jetzt lege ich noch eine große Schüppe drauf und fliege durch die Läufer. Meine Fäuste sind geballt, in mir toben die Emotionen, ich balle meine Fäuste wie einst Boris Becker. Rechts sehe ich Kalle aus Witten, er winkt und applaudiert. Nur noch wenige Meter, jetzt werde ich fotografiert, irgendwo muss auch die Kamera für den Finisherclip sein, jetzt nur eine gute Figur machen. Das Ziel ist erreicht, ein letztes Mal wird mein Chip ausgelesen, ich habe es geschafft.

 

Mein erster Marathon. Im ersten Moment ist keine große Erschöpfung zu spüren, dank Kerstin, Michael und Günter, die mich die ersten 35km gebremst haben. Mein Kopf ist leer, die vielen Eindrücke, diese Emotionen müssen erst einmal verarbeitet werden. Ich winke Gabi und Vera zu. Leider darf ich nicht zu ihnen, wichtige Männer in dunklen Anzügen verhindern das.

 

Gleich hinter dem Zielbereich bekomme ich meine Medaille. Im Innenhof der Messe sind alle Läufer versammelt, hier bekomme ich das Finishershirt. Wird natürlich gleich angezogen. Jetzt erst mal etwas trinken. Ich greife zu einem Elektrolyte Drink und gehe anschließend zu dem Weißbierstand. Gerne würde ich auch etwa essen, aber es gibt nur Bananen und Birnen, Bananen hatte ich die letzten 4 Stunden reichlich. Ich hole meinen Rucksack und zieh mich um. Duschen klemme ich mir, wenn ich jetzt eine Bank hätte, wäre das Umziehen leichter. Nach fast 5 Stunden laufen kann man sich nicht so leicht bücken.

 

Wieder draußen auf dem Platz finde ich Kerstin und Günter, wir gratulieren uns gegenseitig. Klaudia kommt auch dazu. Ein Weißbier geht noch, mit dem Glas in der Hand gehe ich langsam zum Ausgang. Was für ein Tag!

 

Informationen: Karstadt Marathon
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