Und wenn ich schon am Mut machen bin, hier noch eine kleine Geschichte. Ich laufe schon die ganze Zeit mit Matthias Becker, der 2008 den Deutschlandlauf (ca. 1200 km in 17 Tagen) gefinisht hat. Gemeinhin denkt man ja, solche Läufer kommen von einem anderen Planeten oder haben nie in ihrem Leben etwas Anderes gemacht. Das ist eine einfache Erklärung, mit der man es sich wieder bequem machen kann.
Aber so ist das nicht. Matthias hatte mit Sport nichts am Hut, bis er just an seinem 35. Geburtstag einen Vortrag von Ulrich Strunz (Forever young) hörte. „Am nächsten Tag bin ich gelaufen und habe bis heute einen Riesenspaß dabei“, erzählt er mir. Seinen ersten Marathon macht er 2002 in Freiburg. Und dann kommen mir wohl bekannte Sätze: "Keine Lust auf schnelle Zeiten“, "Lieber lang als schnell“, "Spaß statt Stress“ usw. Seine Laufstrecken werden immer länger und schließlich macht er mit dem Deutschlandlauf sein bisheriges „Meisterstück“. Weil er dabei „vieles falsch gemacht“ hat und der Genuss etwas zu kurz kam, wiederholt er den Lauf von Rügen nach Lörrach in diesem Jahr.
Was können wir daraus lernen? Talent ist nicht hinderlich, aber nicht Voraussetzung für einen Marathon oder mehr. Der Wille, Training, Fleiß, Disziplin und Ausdauer sind wichtiger. Und das kann jeder aufbringen.
Auf dem Harzweg laufen wir meist flach oder leicht aufwärts weiter. Links fällt der Wald steil zum Murgtal hin ab. Manche Wiesenflächen reichen bis hier herauf. Dann sieht man noch alte, auf Steinsockeln errichtete Heuhäuschen, die ganz typisch für diese Gegend sind. Bald hat man auch einen ersten Blick auf die Schwarzenbachtalsperre. Mit 2 Kilometer Länge ist der Stausee der größte See im Nord- und Mittelschwarzwald. Erbaut wurde die Talsperre 1922 bis 1926 und gilt noch heute als Pionierleistung.
Wir laufen zunächst noch in entgegen gesetzter Richtung leicht ansteigend, dann aber abwärts und plötzlich scharf links ab in Richtung des Stausees (668 m, km 24). Normalerweise ist er bei schönem Wetter wie heute ein viel besuchtes Ausflugsziel für Einheimische und Urlauber. Heute ist es ruhig. Liegt es an der Baustelle an der Staumauer, oder ist das Wasser wie so oft in den letzten Jahren mit Algen verseucht? Ungefähr einen Kilometer folgen wir einer Pendelstrecke entlang dem See, dann geht es auf 2 Kilometern leicht aufwärts. Bei km 28 erreichen wir die Verbindungsstraße zwischen der Schwarzwald-Tälerstraße und der Schwarzwaldhochstraße, die wir unter Polizeischutz überqueren.
Jetzt wird es auf der Birkenaustraße, einem schottrigen Forstweg, etwas steil. Aber schon nach der ersten Kurve ist die Steigung moderat und für jeden gut zu laufen. In kurzen Abständen hat der Veranstalter Wasserwannen aufgestellt, an denen man sich erfrischen kann. Manchmal kann man dazu auch einen Naturbrunnen oder ein Bächlein nutzen. Dringlich ist es heute nicht, denn die Temperaturen bleiben im Rahmen.