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Laufberichte

Wie Urlaub

18.07.10
Autor: Klaus Duwe

Der Lauf

Nach einem Gewitterregen am Samstag ist der Sonntagmorgen angenehm kühl, manchen fröstelt sogar hier auf 900 m Höhe. Und viele, so fürchte ich, sind gar nicht erst angereist, aus Angst vor der Hitze. Tatsächlich hatten wir hier am Oberrhein vergangene Woche wie fast überall in Deutschland rekordverdächtige Höchstwerte. Aber wie ich eingangs schon erwähnt habe, ist es auf der Höhe immer 5 bis 6 Grad „gemäßigter“. Außerdem bietet die Strecke ziemlich viele schattige Passagen. Mit gutem Gewissen kann man raten, hierher der Hitze zu entfliehen. Trotz heftigem Sonnenschein werden heute die 20 Grad nicht überschritten. Angesichts der Jahreszeit ideal und schade für jeden, der gekniffen hat.

m4y-Leserinnen und Leser sind nicht unter den Verweigerern. In unserer aktuellen Umfrage geben nur 5 % an, bei Hitze auf einen Start zu verzichten. Die anderen passen sich den Bedingungen an. Fast 60 % wünschen sich aber im Sommer eine frühere Startzeit. Diese Botschaft ist auf der Hornisgrinde längst angekommen. Der Start ist um 8.30 Uhr, 6 Stunden gibt man den Marathonis Zeit. Das passt.

Wie bei solchen familiären Veranstaltungen üblich, gibt es vor dem Start keinerlei Hektik. Die meisten Aktiven verlassen das gastliche Festzelt erst, als der Sprecher mahnt: „Noch drei Minuten bis zum Start.“

Wer auf Sieg oder gute Zeiten aus ist, hat sich ganz vorne eingereiht. Es wird nämlich gleich nach dem Start etwas eng und der Vordermann nimmt Einfluss auf das Tempo. Freien Lauf hat man dann wieder beim Kurhaus Sand, als es kurz auf die Schwarzwaldhochstraße geht, auf der sicherheitshalber der Verkehr angehalten wird.

Nach einem kurzen Stück geht es rechts auf einen leicht abschüssigen Waldweg zum Plättig Hotel, wo dann die erste Steigung wartet. Links unten liegt das erwähnte Schlosshotel Bühlerhöhe und die „Adenauer-Kapelle“. Wir laufen Richtung Badener Höhe. Bevor es aber noch steiler wird, geht unsere Strecke links weg auf einen bequemen Höhenweg, an dem bei km 6 die erste Verpflegungsstelle liegt. Es gibt Tee, Iso, Wasser, Bananen, Äpfel und Brot.

Es ist ein herrlicher Tag. Strahlender Sonnenschein, trotzdem nicht zu warm und eine wunderbare Aussicht auf die dunklen Schwarzwaldberge. Im 17. Jahrhundert, so wird berichtet, war hier zwischen der Hornisgrinde und der Murg noch Urwald, in dem Wölfe, Luchse und Bären lebten. „Nichts als Fels und Tannenzapfen“ gäbe es hier, schrieb Grimmelshausen (Simplicius Simplicicimus). Um den Waldreichtum wirtschaftlich zu nutzen, wurde die Gegend im 18. Jahrhundert mehr und mehr erschlossen, Wege gebaut und Bäche und Flüsse, vor allem die Murg, für die Flößerei nutzbar gemacht. Im Zuge der beginnenden Industrialisierung entwickelte sich die Region zu einem Zentrum der Papierherstellung, was das Murgtal bis heute geblieben ist.

Nach der Bernsteinhütte (738 m – 8 km) geht es wieder leicht abwärts zum Scherrhof (676 m – 11,5 km), einem sehr beliebten Ausflugslokal. Nicht weit von hier hat die Oos, das Flüsschen, das durch Baden-Baden fließt, ihren Ursprung. Ein paar Leute, die ihren Frühschoppen mit „Marathon gucken“ verbinden, sind hier immer.

Wir verlassen die Teerstraße und folgen wir einem schmalen Pfad, der mit Hecken und Farnkräutern fast zugewachsen ist. Ein richtiger Urwald, nur die Wildtiere fehlen. „Badischer Ho Tschi-Minh-Pfad“ habe ich den Weg mal getauft. Es läuft wie geschmiert. Nach 3 Kilometer „Traileinlage“ sind wir auf einer bequemen Teerstraße und folgen wenig später einem weiteren Pfad, der uns zur Roten Lache (690 m, km 15), der Passhöhe zwischen Baden-Baden und dem Murgtal bringt. Der gleichnamige Gasthof ist seit fast 100 Jahren ein beliebtes Ausflugsziel und bekannt für seine Torten (Schwarzwälder Kirschtorte) und Forellen.

Und so kommt es zu dem Namen: Wenn sich bei Regen das Wasser in den Pfützen sammelt, spricht der Badener auch von einer Lache. Und durch den Buntsandstein ist hier das  Wasser  rot. Alles klar? Dann geht’s weiter, meist flach, auch mal unmerklich ansteigend. Bei der Halbdistanz signalisiert mit ein Blick zur Uhr, dass ich viel zu schnell unterwegs bin: 2:15, schneller war ich dieses Jahr noch nie. Ok, die Strecke beim Hornisgrinde Marathon führt bis km 26 tendenziell abwärts, dann kommen 16 km mit leichten Steigungen. 240 Höhenmeter, sagt der Veranstalter. Könnte stimmen. Also auch von dieser Seite kann ich jedem Skeptiker den Wind aus den Segeln nehmen. Tagessieger Ronny Seifert  hat sogar eine neue persönliche Bestzeit aufgestellt.

 
 

Informationen: Hornisgrinde Marathon
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