Wir verwenden Cookies um Ihnen eine bestmögliche Nutzererfahrung auf unseren Websites zu bieten. Mit der Nutzung unserer Seiten und Services erklären Sie sich damit einverstanden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
OKDer Rennsteiglauf ist zurück. Im Coronajahr 2020 konnte man die Distanzen nur virtuell bewältigen. Für 2021 wurde der Lauf vom Frühjahr in den Herbst, auf den 3. Oktober verschoben, die 1300 Startplätze für den Supermarathon waren schnell vergeben.
Es gibt ein umfangreiches Corona-konformes Konzept. Die Startnummernausgabe erfolgt am Freitagnachmittags und Samstag früh auf dem Marktplatz im Freien. Die freundlichen Helfer versehen unsere Startertaschen gleich mit den jeweiligen Startnummern. Diese können dann als wasserdichte Kleiderbeutel am nächsten Morgen vor dem Start abgegeben werden. Die Kloßparty fällt dieses Jahr aus, es gibt aber im Ziel „Kloß to go“; also zum aus der Hand essen.
Zwei Stände bieten Thüringer Bratwurst und Bier. Feiern ist aber nicht erwünscht. Als Norbert und ich am Freitagnachmittag dort sind, klappt das alles ausgezeichnet. Auf der anderen Hälfte des Marktplatzes findet der Start für die Wartburg Rally, ein überregionales Motorsportevent statt. Hier ist wesentlich mehr los.
Die Wettbewerbe des Rennsteiglaufs werden entzerrt. Der Marathon mit ca. 2000 Startern und der Supermarathon sind am Samstag und der Halbmarathon mit alleine 4000 Startern ist erst am Sonntag. Zuschauer sind an beiden Tagen weder am Start noch im Ziel erwünscht. Maske ist am Start und im Ziel zu tragen.
Das Startprocedere hört sich komplizierter an, als es ist: Es gibt Blockstarts, jeder Läufer kann Startzeit und -block auf der Teilnehmerliste einsehen, zusätzlich sind die Infos auf der Startnummer aufgedruckt. Immer 50 starten zusammen, alle 90 Sekunden erfolgt ein Start.
Norbert und ich haben Glück mit der Startzeit: 6 Uhr 57 ist optimal, es ist nicht mehr dunkel und genügend Zeit, um auch noch im Hellen zu finishen. Die Vorhersagen für das Wetter dagegen sind uneinheitlich. Norbert wird sogar mit Jacke laufen, ich bevorzuge kurz mit Armlingen.
© marathon4you.de | 15 Bilder |
© marathon4you.de | 15 Bilder |
Morgens herrschen Temperaturen um 12 Grad. Als wir kurz nach halb sieben auf dem Marktplatz eintreffen, ist alles wie immer. Ich liebe diese prickelnde Vorstartenergie, die von der Masse der zum Lauf bereiten Sportler ausgeht. Wobei natürlich wesentlich weniger los ist, als von den früheren Jahren gewohnt. Ich finde, das ist kein Nachteil, weil wir trotzdem einige Bekannte begrüßen können.
Die ersten Starts ab 6 Uhr 30 sind bereits erfolgt. Wir geben erst unsere Tasche an den gelben Lkw's des Sponsors, ab. Dann wird es spannend, unser Start steht unmittelbar bevor. Schnell haben wir das Konzept verstanden. Der Block wird aufgerufen, alle Betroffenen sammeln sich vor der Absperrung. Dann dürfen wir die Kontrolle passieren, es wird herunter gezählt und pünktlich gestartet.
Ohne Gedrängel geht es unter dem Startbogen hindurch über die Zeitmessmatte. Es gibt doch ein paar Fans, die uns jubelnd verabschieden. Auch am Karlsplatz und am Nikolaitor stehen Zuschauer. Einmal scharf rechts auf die Wartburgallee und dann links - hier treibt sogar eine Percussiongroup die Läufer die Steigung hinauf, auch das Fernsehen ist vor Ort.
In Serpentinen geht es nach oben. Im Vergleich zu den Vorjahren wird hier noch tüchtig gerannt. Das sind die schnellen der hinteren Startblöcke. Ich muss hier bereits gehen. Oben angekommen, verlassen wir die Straße und biegen auf einen Waldweg ein. Der Weg ist mit elektrischen Fackeln beleuchtet. In Abständen stehen PKW, sie beleuchten mit ihren Scheinwerfern den immer noch düsteren Waldweg. Eine tolle Idee! Die Engstelle, an der sich sonst lange Schlangen bilden, ist heute kein Problem.
Dann lichtet sich der Wald und Eisenach liegt zu unseren Füßen. Die Sonne geht gerade auf. Ein atemberaubender Anblick.
Es geht bergab, dann im Wald bergauf. Die meisten laufen hier die kleinen Steigungen hoch. Ich muss schon Gehpausen einlegen. An einer Stelle öffnet sich der Wald, hier stehen Leute, die die Läufer auf den Wartburgblick aufmerksam machen; beim Blick zurück erhebt sich die Wartburg majestätisch aus einem Meer von Wald. Der Anblick ist grandios.
Bis km 5 sind die einzelnen Kilometer noch beschildert. Ab jetzt werden, bis auf die letzten 3, nur noch alle 5 km angezeigt. Am Waldsportplatz bei km 6,4, liegt die erste Getränkestation. Die Helfer sind hinter Plexiglasscheiben geschützt und tragen Maske. An den Tischen gibt es Tee, Cola und Wasser. Sogar diverses Obst wird schon angeboten. Das Obst ist portioniert in Pappschalen zum Mitnehmen. Ich erinnere mich, dass am Rennsteig noch nie jemand verhungert oder verdurstet ist. 500 m weiter an der Hohen Sonne kreuzen wir die B19, um dann sofort wieder im Wald zu verschwinden. Ab jetzt laufen wir offiziell auf dem Rennsteig und haben seit dem Start bereits 200 Hm geschafft.
© marathon4you.de | 35 Bilder |
© marathon4you.de | 35 Bilder |
Der Rennsteig verläuft meist im Wald. Wie bereits beim Höllwand-Marathon vor 2 Wochen festgestellt, sind viele Abschnitte des Rennsteigs neu geschottert. Ich hab vorsorglich Gamaschen über den Schuhen, damit ich keine Steine einsammle. Immer noch werde ich regelmäßig überholt. Das macht mir eigentlich nichts, aus den Vorjahren bin ich aber anderes gewohnt. Normalerweise befinde ich mich hier im Feld der Läufer, die ein ähnliches Tempo haben. Heute ist das wohl anders. Nicht verändert hat sich die grandiose Natur. Das Licht bricht sich durch grünes Blätterdach und gibt einen tollen Kontrast. Obwohl die Sonne durch die Bäume scheint, ist es aber immer noch recht frisch.
Auf einmal erklingen flotte Töne. Zwei Musiker intonieren das Rennsteiglied. Das kommt gut an und manche Läufer scheinen auch recht textsicher. Die Helfer an der Getränkestation Ascherbrück, bei km 12,7, haben die Becher gut gefüllt. Ich bediene mich am Tee.
Zwei kleine Mädchen stehen am Weg und feuern mich an. Vermutlich weil hinter mir keiner mehr kommt, begleiten sie mich ein Stück. Mit ihren unbekümmerten Erzählungen verkürzen sie mir den Anstieg. Oben, hinter km 15, mitten im Wald, liegt die Station Auerhahn der Bergwacht. Meine Begleiterinnen wünschen mir noch viel Spaß. Jetzt feuern mich die Mitarbeiter der Bergwacht an. Wow, hier ist aber ein zugiges Eck, kalter Wind bläst mir ins Gesicht. Mittlerweile hat sich die Sonne hinter dichten Wolken versteckt, und der Wald liegt im feuchten Nebel. Mir ist schon ein bisschen kalt.
Wir überqueren eine winzige Straße. Trotzdem sind hier Helfer, um die Läufer vor potenziellem Verkehr zu schützen. Vielleicht aber auch, weil es jetzt auf einen netten kleinen Trail geht, der etwas versteckt liegt. Das gefällt mir, es ist eng und der Untergrund weich. Das Beste aber ist, der Pfad endet direkt an der ersten Vollverpflegungsstelle auf der Glasbachwiese. Hier gibt es das ganze Programm: Äpfel, Bananen, Zitronen, Schmalz- und Butterbrote. Alles einzeln aufgebaut, so dass man nur sein Essen berühren muss. Und dann natürlich den legendären (Hafer)schleim. Der ist wie immer lecker.
Nun folgt eines meiner liebsten Streckenabschnitte, die Wurzelpassage. Bergauf muss man ganz schön die Füße heben, ich habe Spaß. Oben geht es erneut über die Straße und etwas bequemer auf einen Waldweg. Nach den 100 Hm Anstieg zur Hirschbalzwiese und weiter zur nächsten Getränkestelle Dreiherrenstein bei km 20,6 bin ich ein bisschen außer Puste. Traditionell wird jeder vorbeikommenden Frau ihre aktuelle Platzierung angesagt. Ich bin 169ste (und vielleicht Letzte?). Ich greife mir einen Becher Cola.
Nach dem Gefälle folgt nun der 5 km lange Anstieg zum großen Inselsberg. Mir fällt sofort ein mächtiger Kahlschlag am Fuße des Berges ins Auge. Weiter oben sieht der Wald aber dagegen gut aus. Aber diese Steigung! War es hier immer schon so steil? Wie machen das die zwei Läufer, die mich hier in kürzester Zeit überholen?
© marathon4you.de | 26 Bilder |
© marathon4you.de | 26 Bilder |
Wir passieren den Aussichtspunkt Oberer Beerberg (841 m). Bergab und wieder bergauf, noch einmal bergab und wieder bergauf. Kurz unterhalb des Gipfels des Inselsberges wird es dann noch einmal richtig steil. Beim km 25 Schild kann man dann bereits oberhalb die drei markanten Türme im Nebel erkennen. Mit 916,5 m ist der Große Inselsberg der vierthöchste Berg Thüringens und die zweithöchste Erhebung des Rennsteiglaufs. Akustisch werden die Läufer von einer Abordnung des Thüringen Ultra aus Fröttstädt gefeiert.
Auch wegen des ungemütlichen Winds laufe ich schnell über die Kuppe und anschließend über die Zeitmessmatte. Den großartigen Ausblick genieße ich im Vorbeilaufen. Hinter dem Parkplatz der Gaststätte geht es scharf rechts auf die hölzerne Treppe, über weitere Parkplätze und dann bergab. Der Abstieg ist zwar geteert, aber sehr uneben. Man muss richtig aufpassen, dass man nicht stolpert, dazu ist es extrem steil. Auf 1,3 km Länge verlieren wir fast 200 Hm. Das Gefälle scheint kein Ende zu nehmen. Ich sehne mich bereits nach der nächsten Steigung. Dann höre ich plötzlich Musik und Lautsprecherdurchsagen. Die Verpflegungsstation Grenzwiese bei km 26,8 ist erreicht. Ich lasse mir noch einmal Schleim schmecken.
Nebenan befindet sich eine GoCart-Strecke. Hier ist auch der Ursprung der Musik, Lautsprecher geben diverse Rennergebnisse zum Besten. Ich halte mich nicht auf. Bei km 30 geht es auf eine Betonstraße. Der Rennsteig läuft in Sichtweite parallel auf schmalem Trail. Hier könnte man auch laufen, man muss aber ständig mit Gegenverkehr, auch Fahrradfahrern, rechnen. Ich bleibe auf der Straße und rolle bergab.
Unten geht es wieder über eine Straße und weiter auf Asphalt. Zwei Läufer kommen von hinten, wir sind froh, als ein Pfeil auf einen Waldtrail zeigt. Leider geht es schon wieder steil bergauf. Der Trail ist traumhaft schön und die matschigen Stellen umlaufen wir einfach.
Am Possenröder Kreuz, bei km 33,6, gibt wie immer Livemusik. Die „Rosataler Kapelle“ intoniert rustikale Blasmusik. Das zieht auch Wanderer an. Hier ist es gemütlich, leider muss ich weiter. Eine kurze Stärkung mit Cola und Banane muss reichen.
Der Wald ist wunderbar, die Aussicht herrlich und die Sonne gewinnt wieder Oberhand. Wenn sich der Wald öffnet, hat man einen tollen Blick auf die Höhenzüge des Thüringer Waldes. Ich bin etwas angespannt. Die nächste VP ist die Ebertswiese - Halbzeit. Ich rechne und rechne, kann ich das Zeitlimit noch schaffen?
© marathon4you.de | 23 Bilder |
© marathon4you.de | 23 Bilder |
An einem scharfen Abzweig steht ein Fan und meint, die Ebertswiese sei noch 1 km entfernt, wir sollen uns schon mal freuen, dort gäbe es tolle Verpflegung. Oh je, 1 km ist noch ganz schön weit. Endlich höre ich von ferne Musik und Lautsprecheransagen. Dann hinter der nächsten Kurve sehe ich die Ebertswiese vor mir liegen. Beschwingt laufe ich den breiten Weg hinunter. Es geht über die nächste Zeitmessmatte und 37,5 km sind nun geschafft. Meine Uhr zeigt 5h45 Laufzeit. Das kann reichen - muss aber nicht.
Der Sprecher sagt mich an. Ich steuere auf den Stand mit dem Schleim zu, hole mir einen vollen Becher, mische noch Cola rein, greife ein Schmalzbrot und laufe gleich weiter. Die traditionellen Kochwürste lasse ich ebenso traditionell liegen. Viele schwören ja darauf, aber ich muss nicht alles probieren. Mein leckeres Schmalzbrot esse ich auf der nun folgenden Steigung. Beim letzten Mülleimer entsorge ich meinen Becher.
Oben hat man einen tollen Blick. Wir laufen rechts am Rand des Waldes entlang. Boah, ist das windig. Ich wechsle zwischen Gehen und Laufen ab. Ein Schild weist uns auf den Glasberg hin (760,6 m).
Der wellige Weg bringt uns zur Getränkestation Neue Ausspanne. Die Helfer sind gut gelaunt das ist richtig ansteckend. Gleich geht es wieder bergauf. Der Rennsteig verläuft hier wunderbar, mal breiter mal schmäler, ich komme ganz gut vorwärts.
An der VP Neuhofer Wiesen, km 45,4, werden kleine geräucherte Würste mit Brot angeboten. Ich bleibe bei Schmalzbrot mit Salz und Schleim. Obwohl ich sicher zu den letzten gehöre, werde ich immer noch angefeuert. Mir fällt auf, dass die entgegenkommenden Wanderer großen Anteil nehmen. So oft bin ich noch nie durch Klatschen und aufmunternden Worte von Zuschauern unterstützt worden.
Der weitere Weg verläuft durch ein Feuchtgebiet. Rechts und links liegen zwischen niedrigen Sträuchern ein paar Tümpel. Große Pfützen auf dem Weg können gut umlaufen werden. Es geht hinauf zum Aussichtspunkt Hoher Schorn. Bänke laden zum Verweilen ein und zwei Retter der Bergwacht stehen auf ihrem Posten.
Nach einem angenehmen Abschnitt bergab, sehe ich bereits die nächste Steigung. Plötzlich zweigt der Weg auf einmal scharf rechts ab. Die Pfeile auf dem Boden sind nicht zu übersehen. Kurz laufe ich auf einem unwegsamen Trail. Die Hoffnung durch den Abzweig die folgende Steigung zu umgehen war trügerisch. Hier geht es erst richtig zur Sache. Oben hängt, etwas versteckt, das km 50 Schild.
An der Getränkestelle Gustav-Freytag-Stein gibt es eine große digitale Uhr. Sie zeigt 15 Uhr 05. Das bedeutet, ich bin jetzt bereits 8h08 unterwegs. Ob das für das Finish reichen wird, kann ich momentan nicht rechnen. Zunächst muss ich den Cutoff beim Grenzadler mit 9 h schaffen. Das sind noch knappe 4 km. Das sollte eigentlich ein Katzensprung sein.
Der Grenzadler bei Oberhof bezeichnet den mannshohen Grenzstein mit preußischem Adler, der die frühere Grenze auf der Schützenwiese zwischen Preußen und Kurhessen kennzeichnet. Heutzutage ist der Name mit den bekannten Wintersportstätten verbunden, dem Biathlonstadion, einer Rodelbahn, dem Skihang und etwas weiter unten zwei Skisprungschanzen.
Ich kann eine Läuferin überholen, die sich dann hinter mich hängt. Das motiviert mich. Zusammen kommen wir gut voran. Zweimal überqueren wir die Strecke der Skater, die im Sommer den Biathleten und Langläufern als Trainingsstrecke dient. Dann kommt das riesige Wintersportareal in Sicht.
© marathon4you.de | 27 Bilder |
© marathon4you.de | 27 Bilder |
Die abgesperrte Laufstrecke führt über die Parkplatzzufahrt zur Skisporthalle. Zuschauer feuern uns an. Es gibt eine Zeitmessmatte für die Supermarathonläufer. Laufzeit 8h45. Puh, das hätte ich mal geschafft. Hier besteht für die Läufer auch die Möglichkeit, mit einer Marathonwertung auszusteigen. Vom Veranstalter wird ein Transport zum Zielort Schmiedefeld bereitgestellt.
Eine kurze Rast mit Cola, Brühe und Schmalzbrot, dann bin ich wieder auf dem Weg. Es geht bergauf am km 55 Schild vorbei. Ein Radler braucht erfreulich lange, bis er mich überholt. Wir wechseln kurz ein paar Worte. Es geht wieder bergab. Ich hab Krämpfe. Aber keine Panik, denn auch mit Gehen komme ich bergab gut voran.
Unten überquere ich die B 247 auf einer futuristischen Bogenbrücke. Hier befindet sich das Rondell, ein steinerner Obelisk als Denkmal der Verkehrsgeschichte an der Kreuzung der B 247 mit dem Rennsteig. Der Name Rondell kommt von einem runden Rasenstück, das früher den Obelisken umgab. Zwei Wanderer merken, dass ich zum Ultralauf gehöre. Ich werde gehörig bewundert.
Wieder bergauf bis zur Getränkestelle Sommerwiese bei km 58,2, dann geht es wellig weiter. Dort probiere ich Apfelschnitze mit Salz, nicht lecker aber zweckmäßig. Außerdem gibt es jetzt dunkles Köstritzer Bier. Das hat mich hier bereits in den Vorjahren auf den letzten Kilometer beflügelt.
Nun folgt ein weniger schönes Stück. Der breite Weg ist im Winter wohl eine Loipe (km 60). Ohne Schnee wirkt der erdige, steinige Weg ziemlich trostlos. Es geht wellig dahin, tendenziell aber hinunter. Unversehens zweigt es dann aber wieder auf einen netten, für den Rennsteig typischen Waldweg ab, und das Laufen macht gleich viel mehr Spaß, obwohl es nun erneut bergauf geht.
Schilder weisen auf das Biosphärengebiet hin, das sich um den Gipfel des Großen Beerberges erstreckt. Bald habe ich den höchsten Punkt der Strecke mit 973 m erreicht. Bereits wieder bergab bewundere ich im Vorbeilaufen „Plänckners Aussicht“.
Hier hat sich der offizielle Fotograf postiert. Er macht gerade Bilder eines Läufers, den ich schon seit Oberhof mehr oder weniger verfolge. Der Fotograf informiert uns, dass hinter uns noch zwei Läufer wären. Aha, ich bin also gar nicht Letzte. Nach einem längeren Abstieg geht es wieder flach. Eine ekelige Rampe folgt und dann geht es einmal über die Straße. Ein Helfer ruft: „Das war die letzte Steigung!“ Ich durchschaue den Schwindel.
Jetzt geht es bergab und der Weg ist schön zu laufen. Ich überhole den Läufer vor mir und rolle bequem bergab. Oberhalb auf der Straße fährt gerade eine Transferbus, der bereits gefinishte Läufer zum Start zurückbringt. Sie winken und ich winke zurück.
Vor der VP Schmücke ist der Weg neu gemacht, früher war hier Wiese, heute kann ich bequem bergab laufen. Dann geht es über die nächste Zeitmessmatte. Plötzlich stellt sich mir ein Helfer in den Weg und meint. „Hier ist Dein Lauf zu Ende, Du bist zu spät“. Zu spät, weil es dunkel wird. Das kommt so unerwartet, dass ich Ihm spontan widerspreche. Ich lasse nicht locker, denn ich fühle mich gut und werde auf jeden Fall ankommen. Irgendwie schaffe ich es, dass man mich dann doch weiterlaufen lässt.
Um Zeit zu sparen, will ich ohne Verpflegung weiterlaufen. Der Helfer bittet mich aber, Getränke aufzunehmen. Ich lehne ab, weil ich seit 65 Kilometern Wasser mit mir herum trage, das will ich endlich leer trinken. Ohne Pause überquere ich nun, vom Helfer gesichert, die Straße.
Auf einem Singletrail hüpfe ich, nun wieder flott, parallel der Straße bergab. Anschließend kommt ein breiter Weg. Ein Helfer sammelt Müll von der VP ein. Ich informiere ihn, dass ich Letzte bin. Es geht stetig weiter runter. Trails wechseln nun ab mit extrem steinigen Wanderpfaden. Insgesamt tut die Abwechslung gut, aber der anspruchsvolle Untergrund fordert nochmals volle Konzentration. Der Besen-Mopedfahrer fährt an mir vorbei. Sicher kontrolliert er das Ende des Feldes. Seine Expertise über meinen Zustand scheint positiv.
Schon eine Weile folge ich nun den Schildern des Halbmarathons, bei dem jeder einzelne Kilometer ausgewiesen ist. Hinter km 69 nach der letzten Steigung steht die Getränkestation Kreuzwege. Der Verantwortliche, der mich vorhin fast aufgehalten hätte, wartet schon und sagt: „Von jetzt an wirst Du es schaffen“.! Ich lasse mir ein letztes Bier geben und bedanke mich bei den Helfern.
Ein breiter Waldweg schlängelt sich sanft nach unten am km 70 Schild vorbei. Ich kann einen Läufer überholen. Der Schmiedefelder Skilift scheint wieder in Betrieb. An dieser baumlosen Stelle kann man einen Blick auf den heißersehnten Zielort werfen. Ich rolle bergab. Es geht nochmals über eine Straße und die Helfer erwarten mich als Letzte, ich muss also ausdrücklich darauf hinweisen, dass noch jemand kommt. Dann geht es links auf einen kleinen Weg. Hier stehen ebenfalls Helfer die aufpassen, dass keiner den Abzweig verpasst. Ich bin richtig in Schwung. Die kurze, nun wirklich allerletzte Steigung wandere ich allerdings hinauf.
Kurz noch durch den Wald, dann geht es Richtung Ort. Die Feuerwehr räumt schon auf. Ich kann nochmal einen Läufer überholen. Die Weiche für den Zieleinlauf der verschiedenen Wettbewerbe kommt in Sicht. Noch eine Kurve und das Ziel liegt vor mir. Der Anblick ist gigantisch. Vorne sind der lange Zielkorridor und dann bereits das Zielbanner. Schnell kommen noch einige Zuschauer an die Absperrung und jubeln mir zu. Ich bin nur noch ein paar Meter vom Ziel entfernt, da werde ich bereits angesagt.
Ich habe es tatsächlich in 11h 51 geschafft. Norbert ist da und beglückwünscht mich. Er hat heute auch relativ lange gebraucht, konnte sich aber schon massieren lassen. Duschen gibt es leider nicht. Aber Zielbier, T-Shirt und Zielkloß macht das wett.
Als erstes muss ich betonen, dass es nicht in Ordnung ist, mit den Streckenposten zu diskutieren. Ein Cutoff wird vom Veranstalter nicht erhoben, um die Läufer zu ärgern, er dient der Sicherheit des Läufers und der Crew. Aber ich muss mir zugutehalten, dass ich weder verletzt noch erschöpft war, was man sicher auch erkennen konnte. Deshalb bedanke ich mich, dass hier die Regel großzügig ausgelegt wurde und ich ein tolles Finish erleben durfte.
Fazit:
Die Corona-Pandemie stellt Veranstalter von Großereignissen vor große Probleme. Schön, wenn kreative Lösungen gefunden werden. Auch die Läufer sind in der Verantwortung und müssen für sich entscheiden, welches Risiko eingegangen werden kann. Beim Rennsteiglauf ist das ganz gut gelungen. Dass zwangsläufig die Stimmung leidet, wenn Feiern und Zuschauer verboten sind, liegt in der Natur der Sache.
Ich hatte allerdings das Gefühl, dass Läufer und Helfer froh waren, dass die Veranstaltung überhaupt zu Stande kommen konnte. Die Einschränkungen waren deshalb vertretbar. Der Anfang ist gemacht. Vielleicht werden wir in Bälde wieder etwas Normalität erfahren.