Hallo, heute bekommt Ihr meine Eindrücke vom Feuerwehrmarathon in Oberbrechen serviert. „Wo liegt denn das?“ höre ich einige Interessierte fragen. Die gleiche Frage stellte ich mir, als ich im Herbst 2004 aus dem Internet einen entsprechenden Zeitungsartikel fischte. Nun, Oberbrechen liegt an der Autobahn 3 Frankfurt – Köln unweit von Limburg. Der Ort Oberbrechen wurde erstmals 772 als Brachina in einer Schenkungsurkunde erwähnt und hat heute rund 2200 Einwohner. Der Name deutet auf das Brechen des fruchtbaren Bodens im Goldenen Grund hin.
Der Feuerwehrmarathon ist eine Premiere. Gastgeber ist die hiesige Feuerwehr, die zugleich ihr 110jähriges Bestehen feiert und die Kreis- und Deutsche Meisterschaften der Feuerwehren durchgeführt. Der Lauf ist aber auch offen für alle. Diese Einladung können rund 550 Sportler nicht ausschlagen, die auf die 42,195 Kilometer und auf den Halbmarathonkurs gehen. Zugleich sind noch kürzere Strecke für einen Fun Run, einen Walking- und einen Nordic Walking-Bewerb ausgeschildert.
Da ich Mitglied unserer Ortswehr, der Freiwilligen Feuerwehr Joshofen, bin, kann ich natürlich nicht umhin, bei den „Deutschen“ teilzunehmen. Und da ich leidenschaftlicher Langstreckler bin, gibt es bei der Streckenwahl nur eins - es muss der Marathon sein. Die Anreise erfolgt mit Michael Sailer, einem Vereinskollegen, bereits am Vortag. Bei Gewitterregen treffen wir in Oberbrechen ein. Für 10 EUR können wir im Feuerwehrhaus Oberbrechen auf einem spartanischen Feldbett schlafen. Zuvor vertilgen wir noch in einer Wirtschaft am Bahnhof eine große Pizza. Ein Pils genehmigen wir uns noch in der Gemeinschaftsunterkunft für den erholsamen Schlaf. Der fällt aber bei mir nicht so gut aus.
Was mich dann am nächsten Morgen überrascht, ist die Tatsache, dass keiner vor sieben Uhr aus den Federn krabbelt. Die knapp 20 Sportler werden erst unruhig, als das DRK mit dem Frühstücksgeschirr zum Klappern anfängt. Ein kleines Büffet reicht für uns vollkommen. Semmeln, Brot, Butter, Wurst, Käse, Kaffee, Tee, Milch und Fruchtsaft werden aufgetischt. Für die rustikaleren Bäuche gibt’s noch Gurken und Tomaten.
Nach dem Frühstück holen wir in der Schule die Startunterlagen. Meine Voranmeldung schlägt mit 25 EUR zu Buche, die Nachmeldung kostet sieben Silberlinge mehr. Ein Funktionsshirt kann für 21 EUR auch noch erworben werden.
Eine halbe Stunde vor dem Start um 10.00 Uhr machen wir uns auf die Socken zur Emstalhalle. Mittlerweile fängt’s zu nieseln an. Mit rund 19 Grad ist es aber ganz schön dampfig. Die Kleidung wird zur Bewachung in der Aula der daneben liegenden Schule abgegeben. Dann geht’s in den Startblock zur Begrüßung durch die Offiziellen. STILLGESTANDEN, wir hören unsere Nationalhymne, die der Musikzug der Oberbrechener Wehr intoniert.
Die letzten zehn Sekunden werden heruntergezählt und ein Klick der Pistole haut uns auf die Strecke. Das Schießgerät ist wohl nicht geladen. Sogleich führt der erste Kilometer vom Schulgelände rasant hinab in die Ortschaft. 3.50 Minuten für den ersten Kilometer sind schon verdammt schnell, zumal ich auf die 3-Stunden-Grenze aus bin. Ein steiler Anstieg zur Brücke über die Bundesstrasse 8 und die Eisenbahnlinie stellt sich uns entgegen.
Dann führt uns der Kurs in den Goldenen Grund. Zunächst rund zwei flache Kilometer durch Felder und Wiesen, dann kurz parallel zur Bahn. Hier ist ein kurzer ruppiger Wiesenweg eingebaut, und schon sind wir in Niederbrechen. Am dortigen Bahnhof vorbei und schon verlassen wir wieder den Ort.
Dann laufen wir unter der Autobahn 3 und der ICE-Trasse Frankfurt-Köln hindurch. Werschau ist die nächste Ortschaft, die wir durchqueren. Am Ortsende warten Zuschauer, die uns mit Musik weiterhelfen. Weiter geht’s auf einem asphaltierten Weg, wo nach Kilometer 8 die Wende wartet. Zuvor sehen wir natürlich die Führenden. Zu meiner Überraschung befindet sich bei Michael ein Fahrrad, das die Marathonspitze anzeigt. Dann bin ich auch an der Wende und bemerke, dass ein Gegner der Feuerwehrmeisterschaft gerade mal zehn Meter vor mir ist. Da hänge ich mich dran. Den gleichen Weg geht es zurück und wir sehen unsere Verfolger, die zum Teil in dichten Trauben uns entgegenkommen.
In Werschau bei Kilometer 10 steht mein Schrittmacher vor der Verpflegung, weiß nicht recht, was er will und gebraucht noch ein Schimpfwort. Ich selbst greife mir im Vorbeilaufen ein Getränk und renne weiter. Bei Kilometer 11 kommt der „Besenradler“ mir entgegen. Auf dem Pendelstück Richtung Oberbrechen zieht sich das Feld nun doch auseinander. An der Brücke über die B 8 und die Eisenbahn überhole ich zwei weitere Wettkämpfer.
In Oberbrechen laufen wir dann auf der Hauptstrasse gerade weiter Richtung Weyer. Ab Ortsausgang (Kilometer 16) steigt dann die Strasse leicht weiter an. In Weyer biegen wir links ab und stehen am Berg. Hochkämpfen. Am Ortsende sehen wir rechts eine Einzäunung, wo sich rund 20 Gänse befinden. Ein Gänserich stellt sich sogar und will uns Läufer vertreiben. Na, werden die wohl Martini überleben? Bei Kilometer 19, wo der Weg wieder ebener verläuft, befindet sich eine weitere Verpflegungsstelle mit Wasser, Iso, Cola und Tee. Oberbrechen taucht dann auf.
Zum Ortseingang hin fällt die Strecke leicht, so dass das Laufen wieder leichter geht. Mittlerweile hat’s mit dem Regnen fast aufgehört. Im Zieleinlauf werden die Halbmarathonis rechts geleitet, während wir links an der Zeitnahme vorbeirennen. Es findet sogar eine namentliche Ankündigung durch einen Moderator statt. Mein Zeiteisen zeigt gute 1:28 an, was natürlich wahrscheinlich wieder zu schnell ist, aber was soll’s. Auf in die zweite Runde, wo mir unten nach dem Gefälle der Strassenkreuzungsoberaufseher sagt: „Du bist der vierte Marathonläufer“. Ha, bin ich wirklich so weit vorne, ich kann’s fast nicht glauben.
Mittlerweile sind die Marathonis allein auf weiter Flur. Nach vorne sehe ich keinen und nach hinten trau ich mich nicht umdrehen. Karl Valentin hat mal im O-Ton gesagt: „Meng hätt i scho wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“ Die Wende wird’s zeigen. Auf alle Fälle fliegen die Kilometer nur so dahin. Dann nach dem Durchlaufen von Werschau kommt der Führende. Es ist unser Hummel, Michael Sailer. „Quäl Dich Du Sau“, rufe ich ihm zu und er entgegnet, dass ich Vierter bin. Erst mit einem gehörigen Abstand kommen der Zweite und dann der Dritte mir entgegen. Es ist keiner von denen in der Meisterschaftswertung. Dann laufe ich um die Wende (Kilometer 29) und beobachte, dass mein ehemaliger Schrittmacher nun mein Verfolger ist. Ich schätze mal mit rund 200 Meter Abstand. Dann kommen weitere Meisterschaftsläufer in Schlagdistanz. Das wird noch spannend.
Auf dem weiteren Weg merke ich doch langsam die gelaufenen Kilometer. Schön ist es und es baut auf, dass mich meine Mitstreiter auf ihrem Hinweg zur Wende anfeuern. Wieder bei der Brücke über die B8 ist mein Verfolger nun doch weiter an mich heran gelaufen. In Oberbrechen fängt der Rundkurs und später auch der Regen wieder an. Nun gesellen sich noch einige Walker dazu. Auf dem steilsten Strassenstück (Kilometer 38) nach Weyer, mittlerweile schifft’s recht stark, ist es soweit, dass mein Verfolger aufläuft und mir davonrennt. Ein paar Meter gelingt es mir, mich dranzuhängen, aber die Luft ist doch raus. Na, dann muss ich versuchen, den fünften Gesamtplatz und den zweiten in der Meisterschaftswertung zu verteidigen.
In Weyer quäle ich mich noch die Steigung hoch und verlange an der letzten Tränke bei Kilometer 40 Bier, womit ich dort Gelächter auslöse. Auf dem freien Feld vor Oberbrechen kommt noch einer entgegen, es ist wieder Michael, mit dem ich ein paar Worte wechsle. Ja, er hat das Rennen deutlich gewonnen, einfach so aus dem Training heraus. Dann folgt ein langsamer Endspurt, von hinter keine Gefahr, und ich durchlaufe das Ziel als Fünfter.
Der erste Blick geht nach rechts, wo ich wieder das bekannte alkoholfreie Weizenbier aus einer oberbayerischen Brauerei entdecke. Mit zwei Stück Streuselkuchen und Hopfentee lässt sich’s gut regenerieren, nur dass der starke Regen uns schnell auskühlen lässt. Ein trockenes Hemd ziehe ich drüber und mit Michi laufe ich noch kurz aus.
Unten, beim Strassenkreuzungsoberaufseher läuft uns der Hamburger Horst Preisler entgegen. Er bringt heute seinen 1361. Marathon unter Dach und Fach. Nach der Quälerei des Laufes folgt die Schinderei. Das ist dann das kalte Duschen, weil die Anlage wegen der vielen Sportler überlastet ist.
Später, bei der Siegerehrung ist es doch ein tolles Gefühl, wenn man als Zweiter der Meisterschaftswertung auf die Bühne darf. Es gewinnt Matthias Maier (3:01:01, FFW Stuttgart) vor mir (3:03:02) und Stefan Ungermann (3:06:07; FF Hamburg). Einem Offiziellen schlage ich vor, doch in Zukunft die hohe Geistlichkeit als Schirmherr zu verpflichten. Dann hätte man einen besseren Draht nach oben zu Petrus. Das Fest klingt dann noch mit mehreren Vorführungen und einer Lotterie aus.
Über alle Bewerbe ca. 550 Sportler, wobei der Halbmarathon das stärkste Feld anzieht.
Der Pendelkurs leicht hügelig. Der Rundkurs mit fast durchgehender Steigung von Oberbrechen bis Ortsausgang Weyer. In der Summe wohl fast 200 Höhenmeter im Marathon.
Mit Armtransponder. Kein Pfandeinsatz.
Für alle Finishershirt aus Baumwolle. Urkunde aus dem Internet. Pokale, Sachpreise und Medaillen für die Gesamtsieger und Klassensieger.
Duschen in der Emstalhalle. Parkmöglichkeiten in der Nähe vorhanden. Bewachte Gepäckaufbewahrung. Bahnhof in Fußweite.
Alle drei bis vier Kilometer Wasser, Tee, Cola, Iso, Bananen. Abgabe Privatverpflegung möglich.
Leider nur in den Ortschaften, die machten aber Stimmung. Im Start- und Zielbereich viele Zuschauer.
Ein schöner, interessanter Kurs, wo man das ganze Feld durch den Wendepunkt beobachten kann. Aufgrund des starken Zuspruchs kann man sich nur wünschen, dass dieser Lauf auch künftig stattfindet.