354 Frauen behaupteten, August der Starken,sei der Vater ihrer Kinder. Also knapp 50 % mehr, als bei einem Marathonläufer, der unter 4 Stunden läuft.
Aber deswegen nannte man ihn nicht „den Starken“: Mit 1,76 Meter war er für die damalige Zeit zwar ziemlich groß, wog aber 110 kg und war kaum marathongeeignet. Aber am 15.02.1711 zeigte er in der Öffentlichkeit seine Kraft, als er ein Hufeisen zerbrach, sich das zertifizieren liess und Eisen und Zertifikat im Tresor aufbewahrte. Ich zerquetschte dagegen rohe Kartoffel auf dem Schulhof, weil ich besser als Wolf Larsen war und habe kein Zertifikat dafür!
„Von Gottes Gnaden König in Polen, Großfürst in Litthauen, Reußen, Preußen, Masovien, Samogitien, Kyovien, Volhynien (da lacht Ihr!), Podolien, Podlachien, Lieffland, Smolenscien, Sewerien, Tschernikovien, Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg, Engern und Westphalen, Erzmarschall des heiligen Römischen Reiches, Churfürst, Landgraf inThüringen, Markgraf zu Meißen, Ober- und Unterlausitz, Burggraf zu Magdeburg, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf zu der Mark, Ravensberg und Barby.
Mein lieber Herr zu Ravenstein, ich beende das jetzt, muss noch laufen und wenn ich meine 295 Marathon/Ultra Titel aufzähle, dann gibt es nur einen Gewinner: Den Dresden Marathon! Stark!
Mit 17 Jahren tingelte August der Starke inkognito durch Europa. Grand Tour, oder auch Kavalierstour nannte man das bei jungen Leuten beiderlei Geschlechtes, die sich drei Jahre lang „das Horn abstoßen“ durften. Als Zweitgeborener hatte er keine Aussicht auf die Herrschaft in Sachsen, liess es deshalb überall krachen. In Madrid hatte er was mit der tugendhaften Marquesa de Manzera - ihr Ehemann hetzte eine Mörderbande quer durch Europa hinter ihm her.
1693 heiratete er standesgemäß eine deutsche Prinzessin und nahm sich gleichzeitig seine erste Mätresse, Elenore von Kessel. Ganz normal war das damals. Die Mätresse übernahm sämtliche Staatsakte, also Empfänge und Festlichkeiten. Wer damals keine Mätresse hatte, der galt als Sonderling, so wie der preussische Soldatenkönig Friedrich I.
August jedenfalls knüpfte so nicht nur polnische, russische, sondern auch türkische Verbindungen. Dann starb sein älterer Bruder an Blattern, den Pocken, die er sich von seinen Mätressen einfing, und August wurde Herrscher. Er unterstrich seine Macht mit dem Bau der barocken Gebäude in Dresden. Zur Finanzierung erfand er Steuern, mit denen wir noch heute leben müssen. Mit diesen Steuern finanzierte er unter anderem auch Start-up Unternehmen, wie die Meißner Porzelanmanufaktur. Sachsen wurde aufgrund seiner Wirtschaftspolitik zu einer Art Weltmacht.
1697 wurde August in Krakau zum polnischen König gekrönt. 66 Jahre dauerte die Herrschaft der Wettiner über Polen. Dort begrub der Herrscher von Sachsen, Polen und Littauen seinVermögen.
Der Dresden Marathon kostet 42 Euro und bietet eine wunderschöne Sightseeingtour durch Elbflorenz. Im Congress Center beginnt die Tour. Dort gibt es die Startunterlagen und eine unerwartet große Marathonmesse. Sehr zentral gelegen, alles fussläufig erreichbar. Dort ist auch die Garderobe für persönliche Kleidung.
Der Start ist auf der Ostra Allee, benannt nach einem früheren Dörfchen. Ein riesiges Plakat weist den Weg dorthin. Das ist nötig, denn viele Läufer kommen mir entgegen, um noch die Kleiderbeutel abzugeben. Das Gelände wird von der Yenidze-Tabakfabrik dominiert, sieht aus, wie eine Moschee. Einerseits, weil 1886 kein Fabrikgebäude die Silouette von Dresden verschandeln sollte, andererseits als Werbung für den Tabak, der aus Yenidze, damals noch Osmanisches Reich, kam.
Auf einem verfallenen Torbogen steht „Orangerie“, dies war der Eingang zum „Herzogin Garten“, sächsischer Genetiv, auf deutsch: Garten der Herzogin. Seit Kriegsende liegt das Gebiet brach, nun hat die Erbengemeinschaft von August dem Starken das Gelände verkauft. Die Orangerie soll rekonstruiert werden, dahinter Wohnungen entstehen.
Die Halbmarathonies starten zusammen mit uns, sie sind deutlich in der Überzahl. Nach wenigen Metern sind wir am Zwinger, hat jetzt nichts mit dem Zwingerclub vom August zu tun, sondern ist ein spätmittelalterlicher Ausdruck für die Fläche zwischen alter und neuer Stadtmauer.
Auf dem Postplatz steht der Cholerabrunnen. Der wurde 1841 aus Dank für die Verschonung Dresdens vor dieser Pest aufgestellt. Die Pandemie wurde von russischen Soladaten, die von der indischen Grenze zur Bekämpfung des polnischen Novemberaufstandes abkommandiert wurden, nach Europa gebracht, wenige Wochen später erreichte sie New York.
Die Semperoper ist nach dem Architekten benannt, obwohl semper = immerwährend auch passend ist. Ich mache vor der Kulisse eine Reihe von Fotos, würde jetzt immer noch da stehen, weil der Anblick einfach genial ist. Aber wenn die Halbmarathonis finishen, dann wird es einsam, also hechte ich weiter.
Vorgängerbauten der Augustusbrücke gab es schon seit dem 13. Jahrhundert. Hier war die alte Salzstrasse Halle-Böhmen, später die Strasse, die Prag mit der Messestadt Leipzig verband. Alle Städte liegen links der Elbe, aber die Pässe des Erzgebirges lagen rechts vom Fluss. Diese Brücke wurde 1727 von Matthäus Daniel Pöppelmann gebaut, dem Baumeister, der mit seinen Bauten den Dresdner Barock prägte. Er war der Typ, der 1687 eine Lizenz zum Alkoholausschank erwarb, nur um endlich mal einen Taler zu verdienen.
Die Brücke ist gerammelt voll mit Läufern, wir sind ja auch erst bei km 1. Die Stimmung ist saustark, wir sind in einer Weltstadt. Hinter der Brücke ist links „der Goldene Reiter“. Dargestellt ist Augustus der Starke, der auf einem sich wild aufbäumenden Lipizzaner Hengst reitet. Wir sehen ihn nur von hinten, denn der sächsische Kurfürst war ja König von Polen-Litauen (August II Mocny), also reitet er gen Polen. „Gdy August pil, cala Polska byla pijana“
Wenn August getrunken hatte, war ganz Polen besoffen. August vernachlässigte nötige Reformen in Polen, gab Sachsens Gelder eher für Bestechungen statt fürs Militär aus. So bereitete er Napoleon den Weg, Polen zu einem französischen Versallenstaat zu machen. Das Reiterstandbild ist das Original von 1732, es wurde 1943 zerschnitten und eingelagert.
Diana läuft ihren ersten Halben. Links „Trainer“ Thomas, rechts „Motivator“ und Laufpirat Harald. Später überhole ich Eckerhard Steuck vom LC Leipzig Auensee, Jahrgang 1944, Deutscher Meister beim 24-Stunden-Lauf, beim 50-km-Lauf und beim 6-Stunden-Lauf . Dazu kommen noch einige Sachsenmeistertitel! 298.977 km hat er allein bei der DUV vorzuweisen.
In Sichtweite, ich komme nicht an ihn ran, läuft Uwe Weist. Vor 4 Wochen im Riesengebirge ist er die XII Przejście dookoła Kotliny Jeleniogórskiej über 137 km und gut 5000 Höhenmeter gelaufen. Ich bin heute gut drauf, es gibt nur zwei Freunde, die mich heute in Dresden mit einem Bier bremsen werden.
Am Albertplatz bremst mich nicht die Sambatänzerin, auch wenn mir das jetzt keiner abnimmt. Der Albertplatz ist nach dem sächsischen König benannt. Die Brunnen sind 1906 gebaut worden, es sind artesische Brunnen, das Wasser kommt aus einem 1832 getätigten Anstich. Es ist fossiles Wasser, schiesst mit einem riesen Druck aus der Tiefe von 245 Metern nach oben und fließt dann ungenutzt in die Elbe. Aber egal, ist geil!
Die Streckenführung ist auch geil. Nach einem Abstecher über die Königstr (km 4) kommen wir wieder zum Albertplatz und zur Sambaband. Hier beim Dresden Marathon ist immer eine Sambaband in Hörweite. Leider gibt es nur eine Tänzerin, denke aber, wenn nächstes Jahr mehr Marathonläufer kommen, dann tanzen auch mehr Puppen.