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Laufberichte

Erneut zu Gast bei Ineke, Irma und Jan

18.11.07

 

Fotos: Jan Scheffer

 

Wo auch immer ich in den letzten 7 Jahren in den Niederlanden an den Start ging, begegnete ich stets drei liebenswerten Menschen: Dies waren Ineke, Irma und Jan Scheffer aus Leens.

 

Ineke hat sich dem Marathon- und Ultralauf verschrieben und nimmt fast an jedem Wochenende an einem solchen teil. In hohem Maße scheinen Ineke 12- oder 24-Stunden-Läufe zu liegen. Sie hat zwar ein ganz besonders liebes und freundliches Wesen. Noch nie habe ich Ineke gereizt oder gar ungehalten erlebt. Aber diese zierliche Person kann unglaublich kämpfen und über ihre Schmerzgrenze hinausgehen.

 

Einen erneuten Beweis für ihre Härte gegen sich selbst lieferte Ineke am 04.11.2007 beim "Terschelling Marathon Berenloop". Sie stürzte während des Rennens, schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf und verletzte sich am Kinn und Hals. Dies hinderte Ineke jedoch nicht daran, das Rennen fortzusetzen und nach großartigen 4:22:27 Stunden zu Ende zu bringen. Kurz nach ihrer Zielankunft wurden Inekes Verletzungen von einem Arzt mit 6 Klammern versehen. Ich bewundere und mag sie sehr, die liebe Ineke.

 

Eine stetige Reisebegleiterin lnekes war zumindest bislang deren Tochter Irma. Sie nahm zwar selbst nicht an den Wettkämpfen teil, betreute aber aufopfernd ihre laufbegeisterte Mutter. Irma spricht sehr gut deutsch. Sie hat ebenfalls ein besonders nettes und freundliches Wesen und ist der Typ jener jungen Frau, die man gerne als Tochter haben möchte. Leider werde ich Irma in nächster Zeit seltener zu sehen bekommen. Da im Rahmen von Irmas Studium schriftliche Prüfungen anstehen und die Vorbereitung auf diese Klausuren Vorrang hat, wird Irma ihre Eltern bei deren Wettkampfreisen nicht mehr so regelmäßig wie bisher begleiten können.

 

Der Dritte im Bunde ist Jan, Inekes Ehemann, "Manager" und Chauffeur. Er war vor Jahren ein sehr respektabler Triathlet. Das kann ich mir recht gut vorstellen, denn ich habe Hochzeitsbilder und Fotos von Jan als jungem Vater gesehen. Hierauf war Jan schlank wie eine Tanne. Später zwangen Jan jedoch orthopädische Probleme, seine sportliche Karriere als Aktiver zu beenden. Inzwischen hat Jan einige Kilos zugelegt. Wenn man seine hünenhafte Gestalt heute sieht, würde man eher vermuten, dass Jan einst ein erfolgreicher Kugelstoßer oder Hammerwerfer war. Wer jedoch wie ich nun bereits zweimal von Ineke reichlich bewirtet und ständig umsorgt wurde, kann Jans Gewichtszunahme durchaus nachvollziehen. Auch Jan spricht sehr gut deutsch. Und natürlich betreut Jan seine Ineke bei deren Wettkämpfen in vorbildlicher Weise. Auf einen Nenner gebracht: Jan ist ein "echt prima Kerl".

 

Als ich im Juni vorigen Jahres in Den Haag einen 6-Stunden-Lauf bestritt und Ineke dort 12 Stunden lief, übergab mir Jan eine Ausschreibung von einem Marathonlauf, der am 18. November 2006 in Leens (nordwestlich von Groningen gelegen) stattfinden sollte. Ich erklärte Jan, dass ich von dieser Veranstaltung schon bei "Ultr@NED" gelesen habe, sie aber für mich nicht in Betracht komme, weil das "tijdslimiet" (die Sollzeit) 5 Stunden betrage und von mir nicht zu schaffen sei. Daraufhin erwiderte mir Jan, dies stelle kein Problem dar, da er ja selbst der Ausrichter sei. Auch wenn ich mehr als meine üblichen 5½ Stunden benötige, würde man auf meine Zielankunft warten.

 

Mir war das Ganze dennoch nicht geheuer, und ich glaubte, die Sache würde in Vergessenheit geraten. Doch ich hätte es besser wissen müssen. Wenn Jan etwas sagt, dann meint er es auch so. Oberflächliches Dahergerede entspricht nicht seinem Wesen. Da Jan bei allen unseren weiteren Zusammentreffen sein Angebot wiederholte und mir zudem anbot, in seinem Hause vom Freitag zum Samstag (Wettkampftag) und vom Samstag zum Sonntag zu übernachten, war das Risiko einer frühmorgendlichen Anreise unter winterlichen Unbilden ausgeräumt, und es bestand für mich keine Veranlassung mehr, die Startgelegenheit in Leens nicht wahrzunehmen.

 

Am Freitag, dem 17.11.2006, war es dann so weit. Ich reiste erstmals nach Leens, startete bei Jans Premiere-Marathon und war hernach voller Begeisterung über diese vollauf gelungene Laufveranstaltung. Als Jan mich auch in diesem Jahr zur nun 2. Auflage des von ihm organisierten Marathon- und Halbmarathonlaufes einlud, bedurfte es keines Nachdenkens mehr, und ich sagte meine Teilnahme sofort zu. Also begab ich mich am 16.11.2007 erneut nach Leens. Nach ca. 5½-stündiger Bruttofahrzeit durch den mit einigen Staus "gewürzten" Freitag-Nachmittag/Abend-Verkehr und etwa 400 Anreise-km traf ich gegen 20.15 Uhr am schmucken Haus der Familie Scheffer ein.

 

Dort hatte sich - wie schon im Vorjahr - mit Jack Hendrickx aus Putte/NL bereits ein weiterer Übernachtungsgast eingefunden. In netter Unterhaltung und bei ausgiebiger Bewirtung durch Ineke verging die Zeit bis kurz vor Mitternacht auch diesmal wieder wie im Fluge. Dann war Bettruhe angesagt. Und ich, der ich trotz eigentlich ausreichender Routine vor meinen Marathon- und Ultraläufen meist ziemlich schlecht schlafe, konnte ca. 8 Stunden fast durchgehenden Tiefschlafes verzeichnen.

 

Am folgenden Morgen war für mich zunächst die Frage aller Fragen: "Wie würde das Wetter sein?" War im vorigen Jahr pünktlich zu dem um 11.00 Uhr freigegebenen gemeinsamen Start für den Marathon- und Halbmarathonlauf die Wolkendecke aufgerissen und die Läufer/innenschar von nun an mit fast wolkenlosem Himmel, strahlendem Sonnenschein und der für diese Jahreszeit ungewöhnlich milden Temperatur von ca. +12° Celsius verwöhnt worden, so schien mit solch einem Glücksfall diesmal nicht zu rechnen zu sein.

 

Dennoch gab es keinerlei Anlass zur Unzufriedenheit. Zwar war der Himmel zunächst durchgehend mittelgrau bewölkt. Es fielen jedoch keinerlei Niederschläge. Der Wind wehte nur ganz leicht. Und auch die Temperatur empfand ich als "relativ mild". Nach ca. 2 Stunden Laufzeit setzte Aufhellung ein, und nach etwa 4 Stunden Laufzeit riss die Bewölkung weit auseinander, sodass von nun an große Flächen blauen Himmels und angenehme Nachmittagssonne die Läufer/innenherzen erfreuten.

 

Gelaufen wurde erneut auf dem ziemlich geradlinigen und dennoch recht abwechslungsreichen und damit kurzweiligen Rundkurs, vor dessen Beginn und nach dessen Ende ein Wendepunktgegenlaufabschnitt zu absolvieren war. Die Länge dieses völlig flachen und verkehrsfreien Streckenverlaufes betrug exakt vermessene 7.032,5 m, sodass ihn die "Marathonis" sechsmal und die "Halbmarathonis" dreimal zu bewältigen hatten. Jeder km der Runde war glaubwürdig beschildert. Der Belag der brettebenen Wege bestand durchgängig aus einer griffigen Asphaltmischung, die sehr angenehm zu belaufen war. All diese leistungsfördernden Sachverhalte bewirken in Leens Streckenverhältnisse, die es ermöglichen persönliche Bestzeit zu laufen, wenn sich der Wind - so wie im Vorjahr und in diesem Jahr - in Grenzen hält.

 

In Anbetracht jener günstigen Rahmenbedingungen zeichnete sich schon frühzeitig ab, dass ich auch heuer wieder in Leens eines meiner besseren Saisonresultate erzielen würde. Einen Strich durch die Rechnung hätten mir nur die derzeit ständig wechselnden Unstimmigkeiten im Bereich meiner Orthopädie bereiten können. Als ich auch in der 5. Runde noch jeden km-Abschnitt in weniger als 8 Minuten zurückzulegen vermocht hatte, kam mir der Titel eines neulich im Autoradio gehörten Schlagers in den Sinn, der wie folgt lautete: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Recht hatte dieser Text in meiner momentanen Situation. Also ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf. Solch günstige Bedingungen (ausreichend und gut geschlafen, kein Anreisestress, ideale Streckenführung, ideales Laufwetter, von Beginn an Cola an jeder der beiden gut sortierten Verpflegungsstellen) würde ich so bald nicht wieder vorfinden.

 

Die Ausschüttung von Endorphinen lief jetzt auf vollen Touren. Nun gab es keine Zurückhaltung mehr. Ich erlaubte mir in der Schlussrunde kaum noch Gehpausen, und wenn ja, dann nur ganz kurz ein paar Schritte, um Verkrampfungen oder dergleichen vorzubeugen. Das Ergebnis lautete "5:23:29 Stunden", eine Zeit, die mir in diesem Jahr noch nicht gelungen war. Klar, ich war um 9:25 Minuten hinter meinem Vorjahresresultat zurückgeblieben. Aber die Frage nach dem Warum hatte ich mir ja in letzter Zeit schon oft genug gestellt. Nun musste ich mir dieses Thema nicht schon wieder antun. Ich war also ziemlich "happy".

 

Auch die noch recht zahlreich im Zielbereich versammelten Mitorganisatoren und Helfer/innen schien das halbstündige Warten auf meine Zielankunft nicht zermürbt zu haben. Sie überschütteten mich mit Beifall und Glückwünschen, als ob ich ein hochkarätiger Radprofi sei und soeben das berühmte "Amstel Gold Race" gewonnen hätte.

 

Bei dieser Veranstaltung hatte einfach wieder alles gestimmt. Und so war es nicht verwunderlich, dass auch andere Teilnehmer/innen mit großartigen Resultaten aufgewartet hatten. So z.B. die 3 weiteren deutschen Starter Mario Sagasser, Arne Franck und Hirendra Kurani. Mario und Arne, sehr sympathische Mitglieder des "100 Marathon Clubs Deutschland" (dem ich bis Ende Mai dieses Jahres selbst noch angehörte), durcheilten die Marathondistanz im Gleichschritt und wurden für ihre ca. 350 km weite Anreise und ihren (man lese und staune) jeweils ersten Marathonstart in den Niederlanden mit hervorragenden 3:14:40 Stunden sowie mit den Plätzen 4 und 5 belohnt.

 

Ein bisschen von Marios und Arnes Erfolg gestatte ich mir auch "an meine Fahne zu heften". Wenn es schon nicht mein enthusiastischer Vorjahreslaufbericht gewesen ist, so dürfte es sicherlich die auf meine Veranlassung durch meinen Sohn Frank vorgenommene Bekanntgabe von Jans Marathontermin auf der 100MC-Internetseite gewesen sein, die die beiden "Haudegen" zu einer Reise nach Leens animiert hatte.

 

Auch Hirendra Kurani, der - wie sich seinem Namen entnehmen lässt - indischer Herkunft ist, aber schon lange Jahre in Henstadt-Ulzburg wohnt und von mir bereits längst als sehr geschätzter "deutscher Marathon- und Ultraläufer" vereinnahmt wurde, dürfte das von ihm erzielte Endergebnis von 4:26:09 Stunden als vollen Erfolg verbuchen können.

 

Ich nahm auch in diesem Jahr wieder Inekes und Jans Angebot wahr, die Nacht vom Samstag zum Sonntag ebenfalls noch in ihrem Hause zu verbringen. Nach dem wieder sehr reichlichen Frühstück verabschiedete ich mich dann aber von der Familie Scheffer, weil ich hübsche historische Städte liebe, von denen es in den Niederlanden sehr viele gibt, und ich auf meiner Rückfahrt noch umfangreiches "Sightseeing" betreiben wollte. Dieses hatte mich im letzten Jahr nach Dokkum, Leeuwarden und Sneek geführt und war für mich zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden. In diesem Jahr standen Harlingen, Bolsward, Workum und Hindeloopen auf meinem Programm. Die ausgiebigen Rundgänge durch diese schmucken Städte/Orte waren für mich ein ebenso großer Genuss wie meine vorjährigen Besichtigungen.

 

Nun verbleibt mir nur noch, mich auch heuer wieder bei den jederzeit freundlichen Streckenposten, Betreuerinnen und Betreuern der beiden Verpflegungsstellen, Rundenzählern, Zeitnehmern, Sanitätsleuten usw., usw. bestens zu bedanken. Immerhin hatten die meisten von diesen netten Menschen meinetwegen ½ Stunde länger an ihrem Einsatzort ausharren müssen oder freiwillig ausgeharrt, denn obwohl ich in der vorletzten Runde zum Ausdruck gebracht hatte, dass ich die Strecke nun kenne und sie guten Gewissens ihre Position verlassen könnten, war niemand vorzeitig von seinem Platz gewichen.

 

Ich bin immer wieder sehr beeindruckt, welche Gastfreundschaft mir bei meinen sportlichen Betätigungen in den Niederlanden entgegengebracht wird. Mein ganz besonders herzlicher Dank gebührt natürlich Ineke, Irma und Jan. Sie haben mir auch diesmal wieder ein einmalig schönes Lauferlebnis ermöglicht und ein unvergessliches Wochenende bereitet.

 

Resultate der sechs erstplatzierten Männer:

 

1. Frans Breet - Dronten - av flevodelta - 3:03:39 Stunden
2. Boersma - Twijzel - sv Friesland - 3:03:53 Stunden
3. Anton Slagers - Eelderwolde - Groningen atletiek - 3:11:35 Stunden
4. Mario Sagasser - Henstadt-Ulzburg/D - 100MC - 3:14:40 Stunden
4. Arne Franck - Kaltenkirchen/D - 100MC - 3:14:40 Stunden
6. Ton Aker - Boskoop - av Haarlemmermeer - 3:19:11 Stunden

 

Resultate der drei erstplatzierten Frauen:

 

1. Ineke Scheffer - Leens - sv Friesland - 4:15:39 Stunden
2. Betsy van Giels - Lepelstraat - Diomedon - 4:23:15 Stunden
3. Marijke van den Brink - Culemborg - av Statina - 4:52:49 Stunden

 

Informationen: De Marathon van Leens
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