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Laufberichte

Willkommen auf den Davoser X-Trails

 

Davos ist sicher vielen auch vom Weltwirtschaftsforum bekannt, anderen vielleicht vom Wintersport oder als Schauplatz von Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“. Es liegt im Kanton Graubünden in der Ostschweiz und ist mit Auto, Bahn und Privatflugzeug leicht zu erreichen. Im Sommer ist in den Ortsteilen „Dorf“ und „Platz“ viel los, es gibt viele Wandermöglichkeiten und das Mountainbiken ist schwer angesagt. Mit der Kurkarte erhält man sehr große Vergünstigungen auf Fahrten mit Zug und Seilbahnen.

Judith und ich reisen zu den X-Trails freitags mit dem Auto an. Per 9€-Billett mit dem Zug nach Lindau und dann viermal umsteigen war uns doch zu aufwändig. Wobei die Fahrt mit der Rhätischen Bahn ja durchaus Kultcharakter hat.

Drei Minuten nach dem offiziellen Schluss der Startnummernabgabe erreichen wir das Sportzentrum in Davos Platz. Ich starte durch und jogge zum Festzelt, habe Glück und bekomme meine Nummer samt Starterbeutel noch überreicht. Darin ein Trinkbecher, ein Karabiner, zwei Gels und ein Gutschein für die Pastaparty, die heute hier im Zelt stattfindet. Natürlich hätte man die Nummer auch noch am Samstag vor dem Lauf bekommen, aber so ist es bequemer.

Hotels gibt es in Davos natürlich mehr als genug und ich konnte ein schönes kleines für einen relativ günstigen Preis finden. Der Abend geht mit der Vorbereitung der Laufutensilien und der Kontrolle der Pflichtausrüstung schnell vorbei – ich entscheide mich gleich für das ganze Wander-Erste-Hilfe-Set - und natürlich geht es zeitig zu Bett.

Zum Frühstück, das im Hotel ab 5 Uhr serviert wird, haben sich etliche SportlerInnen eingefunden. Ein älterer Mann lässt die Bedienung in aller Ausführlichkeit an seinen bisherigen Lauferlebnissen teilhaben. Ich bin im Moment noch nicht zu Gesprächen aufgelegt und beschäftige mich ausgiebig mit meinen Semmeln.

Nach kurzem Fußmarsch bin ich um halb sieben am Sportplatz und treffe gleich auf Bernie, mit dem ich heute zusammen laufen möchte.

Auf dem Sportplatz ist richtig viel los, die Temperatur ist mit ca. 10 Grad ungewohnt frisch und die meisten Laufenden haben genug zum Anziehen dabei, denn in der Höhe dürfte es noch kälter werden. Die Wettbewerbe „Diamond“ mit 68 Kilometern und „Gold“ mit 43 Kilometern starten gemeinsam.

 

 

Der Streckenverlauf ist einfach erklärt: Im Dischmatal geht es bis Dürrboden, dann auf den Scalettapass. Dahinter über den Panoramatrail bis zum Sertigpass. Dort ist der höchste Punkt der ganzen Strecke. Von dort hinunter nach Sertig Dörfli durch das Sertigtal zurück nach Davos. Die Diamantläufer legen von Sertig Dörfli eine 25 km lange Zusatzschleife über den Fanezfurgga-Pass nach Monstein hin und laufen dann um den Gebirgsstock zurück bis fast zur Streckenteilung bei Sertig Dörfli. Die „Gold“-Läufer haben 1.424, die „Diamant“-Läufer 2.644 Höhenmeter zu absolvieren, wobei an  der Streckenteilung noch die Möglichkeit besteht, von „Diamant“ auf „Gold“ zu wechseln.

Warum stehe ich nun am Start? Am 26.7.2018 waren Judith und ich beim neu geschaffenen K88 in Sankt Moritz viel langsamer unterwegs als errechnet. Um Mitternacht erreichten wir den Sertigpass, sahen nur die vielen Stirnlampen der Sportler und hörten das Dröhnen der Helikopter. Es war mit 20 Stunden unser längster Lauf. Die sich bietende Gelegenheit, den Pass bei Tag zu erleben, will ich mir nicht entgehen lassen, zumal der Veranstalter mit 43 km auch eine für Marathonsammler optimale Länge kreiert hat. Und 1.400 Höhenmeter schaffe ich doch auch ohne spezielles Training. Wobei der Veranstalter eine Akklimatisierung auf 1.500 m Höhe empfiehlt.

Genug sinniert, um 7.00 Uhr geht es los. Bernie und ich bleiben eher im hinteren Bereich, das hat sich bei gemeinsamen Trailläufen als sinnvoll erwiesen. Die ersten  drei Kilometer sind auf Teer zurückzulegen, was den Vorteil hat, dass sich das Feld sortieren kann. Mit 360 „Gold“ und 190 „Diamant“-Meldungen ist das Potenzial der X-Trails sicher noch nicht ausgeschöpft, was wohl auf Corona zurückzuführen ist. Apropos: In der Schweiz gibt es keinerlei einschlägige Vorschriften mehr. Auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln tragen höchstens noch Asiaten eine Maske. Hoffen wir mal, dass es gut geht.

 

 

Nach drei Kilometern endlich Schotterkontakt. Das wird so bis kurz vor Ende bleiben, mit wenigen kurzen Unterbrechungen. Wir schrauben uns im Dischmatal leicht nach oben. Es ist das mittlere der drei Seitentäler, die vom Davoser Hochtal nach Südosten Richtung Engadin verlaufen. Mir fällt ein kleines Holzhäuschen auf, das eine Plastiktoilette enthält. Das nutze ich doch gleich aus. Diese Häuschen werden wir in den beiden Tälern noch ein paarmal sehen.

Getränke gibt es bei km 5, gesponsert von der Schweizer Supermarktkette Migros. Fast unbemerkt sind wir aus dem Waldgebiet über eine kurze Latschenkieferstrecke schon in baum- und strauchlose Höhen geraten.

Beim Gasthaus Dürrboden haben wir schon 500 Höhenmeter hinter uns und sind auf 2.000 Metern. Dort erwarten uns ein großer Verpflegungsstand und dummerweise auch der Regen. Zeit sich auszurüsten, unter einem Dach bin ich geschützt. Nebenan liegen Alphörner, von den Musikanten keine Spur. Wir sind wohl zu spät dran. Noch schnell etwas Käse und Trockenwurst essen. Hinter dem Rasthaus galoppiert ein Pferd auf mich zu, das es anscheinend auf meine Banane abgesehen hat.

 

 

Der Nieselregen nimmt noch etwas zu, um dann bald wieder aufzuhören. Fast spürt man den angekündigten Sonnenschein. Ein Blick zurück bietet eine wunderbare Aussicht auf das Tal mit Wolkenfetzen. Steile Aufstiege sind mein Spezialgebiet. Da kann ich gut überholen.

In der nächsten Wolke mahnt ein Schild „Geniesse die Aussicht! Du weisst nicht, was der Tag noch bringt!“ Der Scalettapass mit 2.606 Metern Höhe ist erreicht. Noch 25 km. Die mittelalterliche Route über den Pass verlor durch den Bau einer Straße im nördlichen Flüelatal ihre Bedeutung. Der Panoramatrail wartet auf uns. Und Panorama wird hier geboten. Sonnenstrahlen geben den Blick auf zwei Hochtäler frei. Geradeaus geht es ins Engadin. Wir halten uns rechts. Ein paar kurze Geröllfelder sind zu meistern. Dann sind wir auf einem schönen Trail am Hang entlang. Nicht sehr steil, aber mit dem Überholen wird das nichts. Im Laufe der Kilometer bildet sich eine Schlange. Bernie und ich begegnen uns immer mal wieder, wenn wir für ein Foto am Rand stehen bleiben. Da der Erste der Kolonne es anscheinend nicht nötig hat, andere vorbeizulassen,  kann ich die Landschaft ausgiebig genießen. Ein Streckenposten begrüßt uns. Das Stück ohne Getränkestelle zieht sich. In großer Sommerhitze dürfte sich das zur Pflichtausrüstung zählende Mitnahmegetränk als sehr sinnvoll erweisen.

 

 

Eine Wegmarkierung. Hier sind Judith und ich beim letzten Mal von der Keschhütte angekommen. Die Markierung an einem Felsen kündigt eine Brücke an. Ich kann mich nicht entsinnen, hier irgendwo eine Brücke gesehen zu haben. Der nächste VP dann bei Kilometer 23. Die Hälfte ist geschafft. Ein Blick zurück ist auch hier viel wert: Der Porchabellagletscher ist gut zu sehen. Als Stadtmensch denkt man nun sofort an die schmelzenden Gletscher und der Porchabella sieht auch recht mitgenommen aus. Vor zwanzig Jahren gab das Eis die Leiche eines jungen Mädchens frei, das um 1700 gelebt hatte.

Jetzt weiter hinauf. Und wieder packt mich der Ehrgeiz. Die Luft wird dünn und ich keuche vor mich hin. Links der Lai da Ravais-ch Sur See. Der lädt gerade nicht zum Bade ein. Die Strecke wird immer grauer und ist mit weißen Fähnchen markiert. Der Sertigpass mit 2.739 Höhenmetern ist erreicht. Ein fröstelnder Helfer mit Hund beobachtet die Szenerie.

Es folgt ein haariges Geröllstück. Da muss man einfach Vertrauen haben. Warum sollten die wackligen Steine gerade bei mir aus dem Gleichgewicht geraten? Nur die Sache mit dem Stockeinsatz sollte man bleiben lassen. Inzwischen sind einige der beim Aufstieg Überholten schon so weit entfernt, dass ich sie fast nicht mehr sehe.

 

 

Der Weg wird schnell einfacher und bald kommen wir unten im Chüealptal auf einen breiteren Fahrweg. Jetzt kann man voll durchstarten. Vorher aber noch schnell die Regenmontur ausziehen, denn es ist auf einmal sehr warm geworden. An einer mobilen Melkanlage vorbei. Der Strom kommt aus einem Generator, der Sprit steht nebenan. Nur die Kühe sind gerade anderswo unterwegs. Noch 15 Kilometer.

Kurz danach sind wir in dem flach wirkenden Sertigtal angekommen. Hier gibt es eine Zeitnahme und die Trennung der Diamant- und Goldläufer. Weiter auf einem Wanderweg. An der schmalen Teerstraße ein Veranstaltungsgelände. Hier wird das „Sertig Schwinget“ ausgetragen, eine Schweizer Variante des Freistilringens auf Sägemehl-Untergrund. Gut, dass wir schwachen Gesellen ein Stück entfernt unterwegs sind.

Noch eine große Verpflegungsstelle samt Sanitätscontainer. Kurz vorher müssen die Diamant-Läufer wieder auf die Strecke zurückgekommen sein. Im Moment sind das erst die ganz Schnellen. Einer überholt uns gerade. Der Wanderweg führt nun auf der rechten Talseite leicht bergauf durch wunderschöne Lärchen- und Tannenwälder. Noch 10 Kilometer. Ich passe auf, Wurzeln sind nicht so mein Ding.

 

 

Die Region Davos-Klosters kann man auch als Mountainbike-Eldorado bezeichnen. Glücklicherweise wurden die Radler heute von unseren Wegen ferngehalten, aber etwas überrascht bin ich schon, dass nun eine große Barriere kommt. Die folgende Privatstraße ist unter Androhung einer Strafe von 2.000 CHF für das Befahren mit Rädern gesperrt. Schön geht es für uns bergab. In der Ferne liegt die beschauliche Ortschaft Clavadel.

Das Tal senkt sich links weiter hinunter zum Langwasser. Wir halten auf Clavadel zu. Inzwischen habe ich auf Anke und Burkhard aufgeschlossen, die ich schon seit vielen Stunden kenne. Das spornt mich an und da wir jetzt ein kurzes Stück auf Teer sind, kann ich aufschließen. „Save water, drink milk“ steht an einem Stall.

Letzter VP,vier Kilometer vor dem Ziel. Ein Akkordeonspieler ist hier noch aktiv. 2018 kamen Judith hier um 3:30 Uhr in der Früh vorbei und wurden von Jugendlichen gefeiert.

Davos Platz taucht vor uns auf. Es ist nicht mehr weit und es geht kontinuierlich bergab. Nur ein paar hundert Meter auf Teer, dann noch die Laufbahn im Sportzentrum. Wenig später komme ich nach Anke und Burkhard ins Ziel. Kurz darauf kann ich Bernie empfangen.

 

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Wir verköstigen uns bei Münchner Weißbier und Bergkäse samt Dörrwurst aus der heimischen Produktion. Auf der Videowand werden die letzten Kilometer der Siegerin im Diamantlauf übertragen. Beeindruckend, wie schnell sie unterwegs ist. Kurze Zeit später läuft sie mit schwerem Lorbeerkranz ins Ziel.

Die in Innsbruck lebende Heidi Annemarie Schwartz ist super glücklich und das Interview macht viel Spaß: Die Moderatorin stellt ihre Fragen auf Schwyzerdütsch und Heidi antwortet auf Hochdeutsch.

 

Fazit

 

Bei den Davos X-Trails handelt es sich um die gleichen Strecken wie zuvor beim berühmten Swissalpine: Sehr schön und abwechslungsreich. Eine Herausforderung könnte die Höhe (2.500 bis 2.700 m) sein, auf der die Strecke größtenteils verläuft. Die Laufuntergründe sind mit etwas Bergerfahrung unproblematisch und sehr ausgesetzte Stellen habe ich nicht erlebt. Die Betreuung ist super und das Beste für Genießer: Das Zeitlimit für die Gold-Variante liegt bei komfortablen 11,5 Stunden.

 

 
 
 

Informationen: Davos X-Trails
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