Auf dem Streckenplan ist der Weg durch den Oberwald hauptsächlich ein gerader Strich. Die Befürchtung, man könne die mehr als drei Kilometer vom Anfang bis zum Ende einsehen und das Stück würde keine Ende nehmen, ist überflüssig. Auch dieser Weg ist nicht flach sondern wellig und mehr als 300 Meter reicht der Blick nicht. Mir gefällt’s und Uwe auch. Und weil er mir die Geschichte erzählt, wie er zum Laufen kam, vergeht die Zeit im Flug.
Die Geschichte geht so: Ein Freund fragte ihn, ob er sein ärztlicher Berater und Supporter beim Badwater sein wolle. Er ließ sich kurz informieren, um welch „verrücktes“ Vorhaben es sich dabei handelte und sagte ja. Allerdings hatte er selbst von Laufen keine Ahnung. Das wollte er bei dieser Gelegenheit ändern und kaufte sich seine ersten Laufschuhe. Dreizehn Monate später läuft Uwe seinen ersten Marathon. Damit nicht genug: Seine besten Freunde Gerhard und Monika lassen sich von seiner neuen Leidenschaft anstecken und sind längst auch als Marathonis läuferisch unterwegs und jetzt auch noch seine Frau. Da ist es doch völlig unwichtig, dass es zu der geplanten Teilnahme seines Freundes am Badwater, die ja Auslöser der kleinen Lawine war, gar nicht kam.
Inzwischen haben wir den Waldweg verlassen und sind bei km 10 auf der Aschaffenburger Straße in Richtung Darmstadt unterwegs. Bei den ersten Häusern laufen wir rechts und erleben eine ländliche Idylle mit gepflegten Gärten, Feldern und Wiesen. Davor gibt es bereits die vierte Getränke- oder Verpflegungsstelle mit Wasser, Iso, Obst und Cola. Schwämme zum Erfrischen gibt es auch zum wiederholten Mal. Man ist also gut versorgt.
Das Wetter ist ideal, trotz strahlendem Sonnenschein ist es nicht zu warm. Im Wald ist es zumindest auf der ersten Runde sogar angenehm kühl. Das Laufen ist ein Genuss und dass man dabei nur ganz selten mal auf ein paar Zuschauer trifft, ist absolute Nebensache. Bei km 15 sind wir am Steinbrücker Teich mit dem Oberwaldhaus, einem beliebten Ausflugslokal. Links laufen wir dann auf die Dieburger Straße, diesmal stadteinwärts.
Bis wir plötzlich links abbiegen, passiert nicht viel. Dann beginnt aber mit dem Löwentor, das den Eingang zum Park Rosenhöhe bildet, ein „Schau“-Laufen der ganz besonderen Art. Schon von weitem kann man die Spitze des 48 Meter hohen Hochzeitsturmes sehen, der 1908 zur Hochzeit des Großherzogs Ernst Ludwig errichtet wurde. Der auch „Fünffingerturm“ genannte Bau ist das Wahrzeichen von Darmstadt.
Mit dem Löwentor bei der Rosenhöhe beginnt ein „Schau“-Laufen der ganz besonderen Art. Von weitem ist schon der Hochzeitsturm zu sehen, der 1908 zur Hochzeit von Großherzog Ernst Ludwig errichtet wurde. Der auch „Fünffingerturm“ genannte Backsteinbau ist Wahrzeichen von Darmstadt und wesentlicher Teil der von eben diesem Ernst Ludwig um 1900 initiierten Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe. Dort sollten junge Architekten und Künstler neue Lebens- und Wohnformen entwickeln und umsetzen. Wegen der damals entstandenen Bauten gilt Darmstadt noch heute als Zentrum des Jungendstils.
Um diese Zeit (1899) wurde auch die Russische Kapelle auf der Mathildenhöhe erbaut, und zwar von Leonti Benois, dem Großvater von Peter Ustinov. Die Kapelle steht übrigens auf Russischem Boden. Für den Bau wurde nämlich extra Erde aus Russland eingeführt.
Kinder haben viele der Sehenswürdigkeiten der Mathildenhöhe gemalt und die kleinen Kunstwerke hier an der Strecke „ausgestellt“, eine sehr schöne Aktion. Weiter geht’s hinunter in die Stadt, durch einen kleinen Park und vorbei am Veranstaltungszentrum Darmstadtium und genau auf das Residenzschloss, ehemaliger Verwaltungssitz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt, zu. Rechts sehen wir das Hessische Landesmuseum und das Landesarchiv.
Nach ausgiebiger Verpflegung geht es durch den bereits im 16. Jahrhundert errichteten Herrngarten und weiter zur Technischen Universität, die zu den besten in Deutschland zählt und wegen ihrer Forschungen und Leistungen auch international einen sehr guten Ruf hat. 30.000 Studenten sind hier eingeschrieben.
Eins, zwei Kurven noch, dann sind wir auf der Kranichsteiner Straße, die geradeaus zum Bürgerpark führt. Zuvor sehen wir noch das schöne Eingangsportal zur Villa Oetinger, die das jukuz, ein linkes und alternatives Kulturzentrum beherbergt. Gleich geht es entweder links ins Stadion zum Zieleinlauf oder rechts in die zweite Runde.Ich habe mich für eine dritte Variante entschieden, schnappe mir das schwere Fotogerät und gehe zurück in die Stadt, um weitere Eindrücke einzufangen.
Der Marathon in Darmstadt ist keiner der üblichen Citymarathons, er ist mehr ein Landschaftslauf, bei dem man als Höhepunkt die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu sehen bekommt. Dass der Lauf bei der Bevölkerung noch nicht angekommen ist, ist schade, aber nicht schlimm. Bei fast allen Landschaftsläufen ist man ja alleine unterwegs. Lediglich in der Stadt vermisst man einige „Actionpoints“, die auch für Zuschauer attraktiv sind.
Marathonsieger
Männer
1 Grotti, Raphael (GER) laufundsportshop.de 02:46:11
2 Strosny, Rene (GER) Bautzener LV 02:52:29
3 Eichheimer, Stefan (GER) Constantin Marathon 02:52:30
Frauen
1 Fetzer, Michelle (USA) USA Triathlon 03:08:21
2 Schmahl, Steffi (GER) Darmstadt 03:14:19
3 Dr. Sattler, Annette (GER) Spiridon Frankfurt 03:20:01