Der Darmstädter Bürgerpark ist, was der Name verspricht. Der Park im Norden der über 140.000 Einwohner zählenden viertgrößten Stadt in Hessen ist mit den großen Grünflächen und zahlreichen Sportstätten (Nordbad, Rennbahn, Eissporthalle Leichtathletik-Stadion) ideal für Freizeit und Sport, Familien und Kinder. Geht es nach den Möglichkeiten, die der Bürgerpark den Marathon-Veranstaltern bietet, muss bei 1700 Teilnehmern (Marathon, Halbmarathon und Staffeln) lange nicht Schluss sein.
Wer „Alsfelder Straße“ in sein Navi eingibt, kommt genau zu den großen Parkplätzen, von denen es nicht weit ist zum Stadion, in dessen Nähe das große Zelt mit der Messe und der Startnummernausgabe ist. Die Bewirtung findet im Freien statt, was an diesem schönen Spätsommertag außer den Aktiven viele Schaulustige zum Verweilen einlädt.
In der Frühe ist es allerdings noch recht frisch und den Gesprächen ist zu entnehmen, dass es für viele Läufer nur zwei Wetter gibt: zu kalt und zu warm. Die bekommen heute beides.
Dass der Marathon in Darmstadt (noch) nicht zu den Großveranstaltungen seiner Art zählt, kann an der Unterstützung der Politprominenz nicht liegen. Denn sowohl OB Walter Hoffmann als auch die Bundesministerin der Justiz a.D. Brigitte Zypries sind anwesend. Geht es nach der Tradition, darf sich Darmstadt auch zu Recht eine Läuferhochburg nennen. Hier entstanden die ersten Lauftreffs, hier ist der Sitz der Bundesgeschäftsstelle des DLV und der Darmstädter Stadtlauf zählt zu den größten seiner Art in Deutschland. Und mit Wilfried Raatz (Journalist/Berglauf-Journal und Trainer/u. a. zwei Jahre Marathon-Bundestrainer) steht der Organisation ein exzellenter Fachmann vor.
Die Voraussetzungen stimmen, nur der Funke, so scheint mir, ist noch nicht so richtig übergesprungen. Jedenfalls habe ich auch bei einem Starterfeld dieser Größe schon mehr Zuschauer gesehen. Der Stimmung tut das keinen Abbruch. Die Leute sind gut drauf, Hektik gibt es keine. Und weil es keine Siegprämien geschweige denn Antrittsgelder gibt, ist das Starterfeld nicht ganz so prominent, wie die anwesenden Politiker. Sorry, René. Natürlich kennt man den sympathischen Ultraläufer (Trans-Europa-Lauf) und Vielstarter landauf, landab. Und alle freuen sich, wenn einer wie er mal nicht gegen Profis antreten muss, sondern sich mit Gleichgesinnten misst und dabei, wie im letzten Jahr, gewinnt. Natürlich hat er nichts dagegen, erneut das Treppchen zu stürmen. Aber Vorrang hat die Vorbereitung auf den Spartathlon, jenes Rennen von Athen nach Sparta, bei dem 246 km in max. 36 Stunden zurückgelegt werden müssen. Deshalb steht er auch nicht in der ersten Reihe, sondern irgendwo im Feld, wahrscheinlich bei seiner Angy, die das legendäre Rennen endlich auch einmal finishen will. Start ist am 24. September …
Punkt 9.00 Uhr geht es los. Die Wohngebiete und Seitenstraße liegen schnell hinter uns und auf der Dieburger Straße geht es Richtung Oberwald. Gleich zu Beginn spürt man, dass es sich hier nicht um einen brettebenen Stadtkurs handelt. Ängstigen braucht sich aber niemand, es sind keine langen oder steilen Anstiege zu bewältigen. Aber wellig ist der Kurs, was ihn jedoch kaum schwerer, dafür aber interessanter macht.
Beim Steinbrücker Teich laufen wir links zum Jagdschloss Kranichstein, das im 16. Jahrhundert aus einem Hofgut entstanden ist. Heute gibt es hier ein Museum und ein 4-Sterne-Hotel. Sorry, ich kriege von der Strecke aus von dem Kleinod nichts zu sehen, weil ich zu intensiv am Quatschen und (in die falsche Richtung) Schauen bin. Dummerweise kann ich das Versäumnis auf der zweiten Runde auch nicht nachholen, weil ich auf die vorsätzlich verzichten werde. Ich habe mir ja vorgenommen, mit Rücksicht auf mein lädiertes Knie etwas weniger zu laufen und so ist der Zwei-Runden-Kurs heute für mich ideal.
Wer mich von meiner Arbeit so ablenkt? Zwei junge Läuferinnen, Kerstin und Ricarda, blond und hübsch. Nicht nur meine Blicke ziehen sie mir ihrem modischen Outfit auf sich. Ich behaupte mal, die Funktion ihrer pinkfarbenen Kniestrümpfe war nicht kaufentscheidend. Ricarda toppt das Ganze mit einem gleichfarbigen Shirt. Ein ganzer Marathon ist ihnen noch zu viel, deshalb sind sie auf dem Halben unterwegs. Und das ganz respektabel. Ohne Einbruch und ganz gleichmäßig finishen sie in 2:07 Stunden.