Auch auf der Mathildenhöhe und doch auf Russischem Boden steht die Russische Kapelle. Denn sie wurde 1897 im Auftrag von Zar Nikolaus II. errichtet und zwar auf extra aus Russland importierter Erde. Architekt war Leon N. Beois aus St. Petersburg, einem Großvater von Peter Ustinov.
Der Weg steigt etwas an und spätestens jetzt werden einige der so verheißungsvoll Gestarteten ausgebremst und können, weil im Gehschritt, mühelos eingesammelt werden. Weiter geht’s hinunter in die Stadt, durch einen kleinen Park und vorbei am Darmstadtium und genau auf das Residenzschloss, ehemaliger Verwaltungssitz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt, zu. Rechts sehen wir das Hessische Landesmuseum und das Landesarchiv. Darmstadtium – welcher Werbefuzzy hat sich denn diesen Namen ausgedacht? Denkste! Darmstadtium ist ein in Darmstadt entdecktes chemisches Element, nach dem das Veranstaltungs- und Kongresszentrum benannt ist. Ich sag’s ja immer: Laufen bildet. Aber das Element erkläre ich Euch trotzdem nicht.
Bevor es in den Herrngarten, den Darmstädtern ihre „Gute Stubb“, geht, kann man sich noch einmal erfrischen. Den Park gibt es schon seit dem 16. Jahrhundert, seit 1811 ist er öffentlich. Das Parkrunning ist herrlich, aber nur kurz. Wir kommen zur TU Darmstadt, in der über 25.000 Studenten eingeschrieben sind. Wir machen einen Schlenker in ein nicht besonders attraktives Wohngebiet. Außer einer vielköpfigen Familie nimmt niemand von uns Notiz. Eine andere Familie hat zwar auch das Frühstück nach draußen an die Strecke verlegt, hat aber mit sich zu tun. Schließlich kommen wir auf die Kranichsteiner Straße, die uns schnurstracks Richtung Ziel bringt. Zuvor wird ganz unspektakulär bei exakt 10 km für den City-Zehner die Zeit genommen.
Auf geht’s in Runde zwei. Die Temperaturen sind deutlich angestiegen, zu warm ist es aber nicht. Die Hektik ist natürlich längst raus, jetzt ist Genusslauf angesagt. Statt langer Läuferschlangen bewundere und fotografiere ich jetzt eine Schar Gänse, die, so fürchte ich, das nächste Jahr nicht erleben. Raphael Grotti überrundet mich mit Polizeieskorte, wenig später René Strosny, der sich seinen Weg selber bahnen muss. Bei dieser Reihenfolge bleibt es bis zum Schluss. Irgendwann düst auch Simone Maissenbacher an mir vorbei. Ihr Sieg ist ungefährdet.
Toll, was man alles entdeckt, wenn man sich nicht hetzen lässt. Am Wegrand blüht es bunt und für das Motiv „Kleewiese mit Läufern“ mache ich sogar einen kleinen Umweg. Hinter den Bäumen sieht man sogar den Fünffingerturm.
„Läufst Du auch mit?“, werde ich gefragt. Ich muss recht ratlos aus der Wäsche schauen. „Na ja, Du machst so viele Bilder.“ Ich kläre die junge Frau auf und morgen haben wir eine Besucherin mehr auf der Seite.
Die Trommler sind schon von weitem zu hören. Nicht nur sie, auch einige Zuschauer geben ihr Bestes. Auch die hyperaktive Großfamilie ist noch dabei. Die stummen Frühstücker haben ihr Mahl beendet, sind aber immer noch nicht in Stimmung.
Neben mehr Stimmung sollte die neue Strecke ja auch für bessere Zeiten sorgen. Das wenigstens scheint gelungen, denn der Sieger Raphael Grotti läuft neue Bestzeit. Oder ist er einfach nur besser in Form? Die Strecke jedenfalls ist nicht flach und wird es auch nicht werden, wenn sie nicht an Attraktivität einbüßen will. Allerdings, das muss man schon sagen, es gibt Schlimmeres. Deshalb wird es nur die interessieren, die in Sekunden rechnen. Und das sind die wenigsten.
Meine Fototour ist nach 2 ½ Stunden beendet. Ich könnte jetzt mit den letzten „Halben“ ins Stadion laufen, dort noch eine Runde drehen und mich feiern lassen von den vielen Zuschauern, die auf den Marathonsieger warten. Das erspare ich mir. Erst frisch geduscht und im Sonntagshemd tauche ich dort auf.
Fotos: Margot Duwe
Männer
1 Grotti, Raphael (GER) engelhorn sports 02:45:11
2 Strosny, Rene (GER) Bautzener LV 02:48:50
3 Scharf, Gregor (GER)TV Hergershausen 02:58:44
Frauen
1 Maissenbacher, Simone (GER) SG Karlsruhe 03:02:10
2 Breitwieser, Martina (GER) 03:33:54
3 Falkhausen, Christine (GER)TV-Seeheim 03:41:07
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