Musik sorgt für Stimmung
Immer wieder sorgen Musikgruppen für Stimmung. Wir bekommen alle Musikrichtungen zu hören. Klassik ist ebenso vertreten wie Hardrock. Am Kudamm fällt mir die Steelband „Pan Explosion“ mit Klängen aus der Karibik auf, zwischendrin heizen Kinder den Läufern mächtig auf ihren Instrumenten ein, Nachwuchsdrummer Jan Lembke trommelt auf dem Schlagzeug, „Tayta Inji“ bezaubern in ihren indianischen Kostümen und ihrem Kopfschmuck zu den Klängen ihrer peruanischen Flöten.
Rund 70 Bands spielen entlang der Strecke und sorgen für ausgelassene Stimmung. Zu den vielen Musikgruppen kommen unzählige einzelne Zuschauer mit Kuhglocken, Flöten, Trompeten u. a. Instrumenten. Unzählige Ratschen klingen, Kinderhände wollen abgeklatscht werden, Berlin feiert den Marathon.
„Drei Säufer, Ein Läufer, Ein Team“
Insgesamt, so der Veranstalter, sind eine Million Zuschauer an der Strecke. A propos Zuschauer: Viele Transparente und Grußtafeln aus aller Welt feuern die Läufer an. Bayern, Schweizer, Schweden, Japaner und andere auswärtige Gäste feuern ihre Landsleute an. So z. B. steht Ken Aihara aus Japan mit einer Stofffahne auf der Bülowstraße.
Mir fällt ein Schweizer Ehepaar mit einem kleinen „privaten Getränkestand“ auf. Ich frage: „Siebenmal Jungfrau Marathon, zweimal K 78 in Davos und einmal Zermatt, bekomme ich jetzt was zu drinken?“ Und ob ich ne private Cola bekomme.
Überhaupt kann man sich als Läufer beim Berlin Marathon auch privat durchfuttern und den Durst stillen. So bekomme ich ein privates Bier, schnorre leckeren Kuchen und darf auch selbst an einer Trommel Musik machen bzw. es versuchen.
Am Rande fallen mir drei stattliche Burschen in orangenen Hemden auf. Auf dem Rücken haben sie ein nettes Motto: „Drei Säufer, Ein Läufer, Ein Team“. Der arme Läufer! Es herrscht eine tolle Stimmung, auch wenn die Zahl von einer Million Zuschauern mir als zu hoch erscheint.
Der Halbe ist geschafft
Entlang der Yorkstraße laufen wir unter einem langgezogenen Hochhaus durch, welches mitten über die mehrspurige Straße gebaut ist. So an die 10 Stockwerke hoch und 200m lang schätze ich im Durchlaufen. Wohnen möchte ich hier nicht. Kurz vor dem Hochhaus markiert ein Bogen voller Ballons, dass die erste Hälfte absolviert ist und der „Rückweg“ beginnt.
Vorbei am Schöneberger Rathaus, dem Sitz des Berliner Senats bis zur Wiedervereinigung, geht es durch Steglitz. Viele Läufer müssen nunmehr bereits der Hitze Tribut zollen. Die Lücken im Feld werden größer. Gottlob ist die Versorgung bestens. An den Verpflegungsstellen gibt es Wasser, Apfelschorle, Iso und Tee, dazu Äpfel und Bananen. Für müde Beine sind großzügig dimensionierte Massagestationen eingerichtet, wo man einige schmerzverzerrte Gesichter sehen kann. Schwammstationen und Wasserbottiche sorgen für Abkühlung der Läufer. Da lässt sich auch die Feuerwehr nicht lumpen und richtet die Wasserspritzen auf die Läufer.
An dieser Stelle möchte ich allen Helfern ein herzliches Dankeschön sagen. Die Versorgung einer solchen Menschenmasse ist eine logistische Meisterleistung, die in Berlin mit Bravour gemeistert wurde. Ich hatte unterwegs den Eindruck, dass aufgrund der Menge an Läufern der Stress für die vielen Helfer nicht minder groß war als der der Läufer. Danke!
Wo ist denn der Eber?
Am Wilden Eber bei KM 28 ist wieder ein traditionelles Stimmungsnest. Eine Samba-Band spielt, Cheerleader-Gruppen und die Tänzerinnen von „Dance de Luxe“ präsentieren sich auf der Bühne und auf dem Platz. Daneben brutzelt Koch Ronny Pietzner vor den vorbeilaufenden Massen eine Senfsuppe mit Kartoffeln und Gemüseragout. Dazu kommt noch Roulade im Würzblütenmantel. Es ist angerichtet.
Auf meine Frage an die Zuschauer „Wo ist denn der Eber?“ bekomme ich allerdings eine enttäuschende Antwort. „Der ist ganz klein und steht da hinten“. Und dafür laufe ich 28 KM. Egal, alle haben ihren Spaß, sowohl die hier zahlreichen Zuschauer als auch die Läufer. Der Wilde Eber ist ne feste Bank beim Berlin Marathon.
Auch vom Wilden Eber überträgt der RBB live, insgesamt von 8.30 bis 14 Uhr. Als Kölner kann man da nur neidisch werden, wenn man an das Desinteresse des WDR am Köln Marathon denkt.