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Laufberichte

The New Normal – oder alles beim Alten

 

„Immer links am Wasser lang, dann könnt Ihr Euch nicht verlaufen“, so begann mein Laufbericht von der letztjährigen Osteredition des Berliner Vollmondmarathons am Karsamstag. Mit ähnlichen Worten weist Etze (Frank-Ulrich Etzrodt) die Teilnehmer der diesjährigen Sommeredition ein, als Andreas und ich das Sport Centrum Siemensstadt, wo sich das Start- und Zielareal befindet, betreten. Also alles beim Alten. Auch sonst hat sich nicht viel verändert, der Streckenverlauf ist fast identisch mit den letzten Austragungen. Die Überweisung des Überschusses der Veranstaltung an „Frühstücke für Schulkinder“ - wie immer.

Wie gesagt, alles beim Alten. Also fast alles. Ungewohnt natürlich die Aufforderung am Eingang des Sport Centrum, die Hände zu desinfizieren und die Mund-/Nasen-Masken anzulegen. Über das vorbildlich umgesetzte Hygienekonzept sind wir natürlich schon vorab von der „Laufgruppe Saatwinkel e.V.“, wie das Veranstalterteam um Etze nun heißt, informiert worden. Also Masken angelegen (ich trage eine besonders schöne Edition, nämlich die orangefarbene M4You-Maske) und in die Schlange zum Einchecken einreihen. Mit Abstand, natürlich. Das Einchecken dauert etwas länger, da extra noch einmal alle Daten der Anwesenden erhoben werden müssen, um im Falle einer Infektion entsprechend informieren zu können. Ihr kennt das von den Restaurantbesuchen.

 

 

Wir vertreiben uns die anschließende Wartezeit bis zum Start um 17 Uhr (die Sommeredition ist also ein „Dämmermarathon“)  wie üblich mit dem Austausch mit alten und neuen Laufbekanntschaften. Mit Daniela zum Beispiel, die hier vor einigen Jahren einen Achillessehnenabriss kurz nach dem Start hatte und insofern noch eine „Rechnung offen hatte“, die heute beglichen werden soll, was auch gelingen wird. Auffällig die große Laufgemeinschaft der Mauerwegläufer (LG Mauerweg e.V.), erkennbar an ihren gelben Trikots. Überhaupt sind hier viele Stammgäste unterwegs, weswegen Etze gerne auch von der Gemeinde der Vollmondläufer spricht und in seiner Begrüßung keinen der zahlreichen guten alten Bekannten vergisst. Auch nicht Günter Hallas, dem Sieger des ersten Berlin-Marathon, der mich letztes Jahr noch eine Stück begleitete, oder Sigrid Eichner, Weltrekordhalterin in der Anzahl der gelaufenen Marathons, längst sind es über 2000 (sie wird heute nach überstandener Verletzungspause „nur“ den Halbmarathon finishen).

Dann folgt noch eine Spendenübergabe an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Schließlich laufen wir ein gutes Stück durch die Berlin-Brandenburger Forste und die sind durch die Trockenheit und Insektenbefall der letzten Jahre doch deutlich gekennzeichnet. Schließlich ein Dank an die Polizei und dann geht es Richtung Start, wie immer (ich sag ja, alles beim alten) begleitet von „Conquest von Paradise“ von Vangelis, auch Startmusik vom Swissalpine Davos – der ja in diesem Jahr eine Woche zuvor einer der ersten wieder stattfindenden Marathonläufe war.

 

Endlich geht es wieder los

 

Aber zunächst kommen wir doch noch zu einer Änderung. Es gibt kein Massenstart wie sonst, sondern ein Start in 10 Startblöcken mit je 10 Teilnehmern. Also insgesamt 100, dies war das Teilnehmerlimit. Dazu starten noch einmal 100 Halbmarathons eine Stunde nach uns. Startlinie ist ein Flatterband vom Berlin-Marathon, wird dieses Jahr ja dort leider nicht gebraucht (wäre mein 25ter in Folge gewesen) …. Start alle 2 Minuten (kein Problem, da die elektronische Zeitmessung die Nettozeit misst), somit kann auch hier die Abstandsregel gewahrt werden. Und mit Maske. Aber nur auf den ersten und den letzten 100 Metern. Das Startsignal mit einer Starterklappe gibt die örtliche Bundestagsabgeordnete, muss aber dabei aufpassen, dass sie nicht umgerannt wird.

 

 

Nach einem Halbrund auf der Laufbahn und einem kurzen Stück durch eine Kleingartenanlage erreichen wir bald den Hohenzollernkanal und damit die Gewässer rund um die Havel, die wir die nächsten 40km kaum verlassen werden. Schon kurz nach dem ersten Kilometer die erste Wasserstelle. Sehr sinnvoll, denn das Thermometer zeigt beim Start 30 Grad. Im Schatten. Und den gibt’s nicht überall. Wir biegen ab vom Hohenzollernkanal in Richtung Norden zur Jungfernheide.  Der Name täuscht, es geht nicht durch die Heide, sondern den Wald.

 

Malle an der Havel

 

Allerdings geht es in der Jungfernheide nicht so beschaulich wie zu Ostern. Autos parken die sandigen Wege zu oder rangieren und zwingen uns zu Ausweichmanövern. Wo kommen die nur alle her? Bzw. wo sind Insassen?

Einige Hundert Meter weiter wissen wir es. Die vielen Badestellen an der Strecke, zu Ostern menschenleer, sind dicht bevölkert. Bei 30 Grad, Sommerferien und nicht erreichbaren Urlaubszielen in sonnigen südlichen Regionen gut nachvollziehbar. Und ich kann beobachten, dass der Mindestabstand von (äh?) 0,5 Metern meistens eingehalten wurde.

 

 

Für uns Läufer bedeutet das, dass wir nach den Autos nun den Badenden ausweichen müssen, die unseren Weg kreuzen. Beinahkollisionen lassen sich kaum vermeiden und beeinträchtigen unseren Laufrhythmus. Egal, es gibt schlimmeres. Zum Beispiel mag einem die Idee kommen, es den Badenden gleichzutun und statt in der Hitze zu Laufen das kühle Nass der Havel zu genießen. Kommt mir aber nicht in den Sinn, denn ich hab ja einen Job zu erfüllen und zu berichten.

 

Von Tauchern und Fahrgastschiffen

 

Weiter geht es auf einem schönen Uferweg, das Wasser ist natürlich links, vorbei an Bootsanlegestellen (mit dem Boot auf dem Wasser zu schippern statt zu Laufen wäre auch nicht schlecht – weg, Du scheußlicher Gedanke) und immer wieder schattigen Waldpassagen, bis wir nach ca. 7 Km die Greenwich-Promenade erreichen. Hier ist wieder mächtig was los, handelt es sich doch um die Seepromenade des Stadtbezirks Tegel. Außerdem ist hier eine große Fahrgastschifffahrtanlegestelle. Gerade als ich vorbeikomme, entleert sich ein Schiff und es ist kaum ein Durchkommen, schon wieder Slalom. Da war es doch einfacher, an der Gruppe Taucher vorhin vorbeizukommen. Ich dachte schon, es sei bekloppt bei dem Wetter zu Laufen. Aber im Taucheranzug bei der Hitze zu marschieren, muss ja der Wahnsinn sein. Dafür haben sie es wohl nicht so weit wie wir.

 

 

Wir verlassen den kurzen städtischen Einschub und erreichen über die schöne, rot angestrichene Sechserbrücke, welche den Tegeler Fließ überspannt, wieder die Natur. Schöne Buchten und Ausblicke auf den See laden erneut zum Verweilen ein, wir aber werden von der ersten großen (von insgesamt 5) Verpflegungsstellen angelockt. Hier gibt es - gereicht von „maskierten“ Helfern - Cola, Wasser, Riegel, Salzgebäck und vieles mehr, von dem wahrscheinlich einiges übrig geblieben ist, denn bei den Temperaturen belassen es die meisten bei flüssiger Nahrung. Schnell weiter, nicht nur weil das Ordnungsamt gerade kommt (doch nicht wegen uns?), sondern weil nicht einmal ein Viertel der Strecke geschafft ist. Noch einmal die Zumutung, an einer schönen Badestelle vorbeilaufen zu müssen – ich dokumentiere meine Tapferkeit mit einem Selfie.

 

Endlich Ruhe

 

Endlich haben wir für eine paar Kilometer Ruhe im Wald und die Hektik lässt nach. Eine Zeitlang liefere ich mir ein Rennen mit einem Schaufelraddampfer, den ich in einer Bucht erblicke. Bald verliere ich das Rennen, aber auch ein anderes Fahrgastschiff kann nicht mithalten. Ganz schön was drauf, der alte Knabe –ich meine den Dampfer, nicht mich. Dann, bei km 12, erreichen wir Tegelort, ein Stadtteil von Tegel. Zunächst geht es hier und im folgenden Stadtteil Konradshöhe weiter auf dem Uferweg entlang der Havel. Und schon die nächste Qual. Viele der Einwohner dieser schönen Gegend lassen es sich in den Gartenrestaurants gut gehen. Und wir laufen wieder vorbei. Natürlich auch an den folgenden Badestellen, bis auf der letzten. Direkt daneben ist gemeinerweise die nächste Getränkestelle aufgebaut. Bloß schnell ein, zwei Becher (sind übrigens Mehrwegbecher, die an der Station wieder abgegeben werden müssen – noch lieber werden eigene Becher gesehen – vorbildliche Nachhaltigkeit) getrunken und dann weiter.

 

 

Ab jetzt ändert sich das Bild, wir laufen für 4 km durch den Stadtteil Heilgensee abseits der Havel. Schöne Wohnbebauung, aber leider schlechte Wegstrecke, bestehen aus unregelmäßigem Kopfsteinpflaster oder Betonplatten (bislang hatten wir meist angenehm zu laufenden Naturboden unter den Füßen gehabt). Dann haben wir endlich diese Passage geschafft, erreichen die nächste Verpflegungsstelle etwa bei Halbmarathon und dann auch die ehemalige innerdeutsche Grenze.

 

Auf dem Mauerweg zurück nach Spandau

 

Wir verlassen unsere Nordausrichtung und laufen nach dem Überqueren der Havel auf dem Mauerweg am Westufer zurück Richtung Spandau. Stelen mit Gedenken an die Maueropfer und ein Wachturm erinnern an 28 Jahre Berliner Mauer. Wir folgen dem Mauerweg nur ca. 6 km, wer mehr mag, kann am Mauerweglauf teilnehmen, einem 100 Meilen-Lauf im August, leider auch in diesem Jahr ausgefallen. Hier habe ich noch eine Rechnung offen, denn nach 96 km bin ich letztes Jahr ausgestiegen. Zu einem DNF soll es heute nicht kommen, daher mache ich mich nach dem Fotostopp schnell wieder auf den Weg, aber ab km 25 nur noch flott gehend. Mangelndes Training, die Hektik der ersten 10 km und die Hitze haben mir heute arg zugesetzt, so dass ich auf Nummer sicher „gehe“.  Astrid von der LG Mauerweg schließt sich mir an. Allerdings mit einer anderen, besseren Begründung, denn sie ist letzte Woche mit ihrer Laufgruppe ein gutes Drittel des Mauerweges durch die Nacht gelaufen. Respekt!

 

 

Mit der nun eintretenden Dämmerung lässt die Temperatur nach, aber auch im Ziel werden wir noch 24 Grad haben. Alleine aber die fehlende Sonnenbestrahlung macht schon gut etwas aus und fördert das körperliche Wohlbefinden.  Das mentale wurde schon durch einen schönen Sonnenuntergang an der Havel angeregt. Als wir Spandau erreichen, ist es bereits dunkel. Eine besondere Stimmung, nachts durch die Außenbezirke der beleuchteten Stadt zu gehen. Attraktive neue Siedlungen sind hier im ehemaligen Hafengebiet entstanden, und zahlreiche weitere sind noch am Entstehen, wie einige Baustellen zeigen.

Nach 38 km die letzten Verpflegungsstelle, völlig im Dunkeln. Hier gibt es zusätzlich Bier und Malzbier, ich bevorzuge letzteres. Nachdem Astrid und ich schon seit fast 10 km keine weiteren Läufer mehr gesehen hatten, schließen nun mit Anja und Matthias „Matze“ weitere Läufer der LG Mauerweg auf. Wir machen uns schnell auf den Weg, denn das Zeitlimit vom 6h 30 Minuten muss eingehalten werden. Klingt viel, ist es aber unter den Umständen (neben den genannten kommt noch die etwas längere Strecke von 43,6 km hinzu) nicht, denn die Hälfte aller Läufer erreicht das Ziel erst nach knapp 5 Stunden. Auf den letzten zwei Kilometern, wir haben die Havel verlassen und sind wieder am Hohenzollernkanal, werden wir doch noch von Anja und Matze eingeholt (sicher auch deswegen, weil wir auf dem Wurzelweg sehr achtsam waren… Beide ziehen an uns vorbei, obwohl Matze heute Morgen noch einen Halbmarathon lief. Lauter Verrückte hier.

 

Im Ziel

 

Egal, uns geht es nur noch ums Ankommen. Dann leuchten uns die Stadionscheinwerfer ins Ziel. 6:28:28, meine langsamste Zeit bei einem Flachlandmarathon.  Astrid war schneller, denn sie ist in einem späteren Startblock gestartet, und hier zählt die Nettozeit.

 

 

Evi, Etzes Frau, überreicht uns die schönen handgefertigten Medaillen und an der Zeitnahmestelle können wir gleich die Urkunden in Empfang nehmen. Aber erst einmal hinsetzen, verschnaufen, was trinken, eine reichhaltige Auswahl mit Wasser, Bier, Cola usw. steht bereit. Es wird aber nicht mehr gelingen, den heutigen Flüssigkeitsverlust auszugleichen…

Dann verabschiedet Etze uns ungeduscht in die Nacht.

 

The New Normal – oder alles beim Alten.

 

New: ein vorbildliches Hygienekonzept -  mit allem, was dazu gehört oder weggelassen werden muss, wie die Duschen.

Alt: ein günstiger Preis von 40 €, der gute Zweck, der nebenbei verfolgt wird, eine schöne Strecke, eine liebevolle Organisation durch die Laufgruppe „Saatwinkel e.V.“  - Vielen Dank Etze, Evi & Team

Habt Ihr auch Lust, dass neue Normal an der Havel kennenzulernen? Dann merkt Euch Ostern 2021 vor, ich bin jedenfalls wieder dabei.

 

Informationen: Berliner Vollmond-Marathon
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