In den Erinnerungen an die bisherigen 12 Teilnahmen fallen mir spontan folgende Stichworte ein: Kollektiv - Mannschaft - Team, Winter, Kap der Guten Hoffnung, Roland Winkler, Gegenwind auf der Spreeseite, plus oder minus 5 Stunden?
Was habe ich nicht schon alles auf diesen legendären 5 km-Rundkurs erlebt und durchgemacht? Viele schöne gemeinsame TEAM-Siege mit unserem "Last-Minute-TEAM" mit Werner Klimas, Manfred Arlt und später Carl-Robert David.
Immer wieder aber auch eine Reise für mich in die Vergangenheit, denn in diesem Park an der Spree habe ich viele schöne Stunden mit meinen Kindern Juliane und Sebastian verbracht. Unsere Wohnung lag nur wenige Meter neben dem ehemaligen Berliner Kulturpark in der Bergaustraße nahe der Eichbuschallee.
Der 28. Berliner TEAM-Marathon hat aber noch einen besonderen Stellenwert dadurch erhalten, daß mein Sohn Sebastian seine Marathon-Premiere starten wollte. Dazu entstand in einem von mir organisierten großen Familientreffen aller Etzrodt-Familien in Europa Anfang Oktober 2005 in Urbach bei Nordhausen der Gedanke, erstmals neben dem "Last-Minute-TEAM" noch ein "Etzrodt-TEAM" zu bilden und am 3. Januar-Samstag 2006 auf die Strecke zu schicken.
In vielen Ergebnislisten vom Berlin-Marathon und auch in der Meldeliste vom Rennsteig-Lauf hatte ich den Namen Peter Etzrodt aus Falkensee bei Berlin gelesen. Den Vater von Peter, er kommt aus Jena, hatte ich bei unserem damaligen Etzrodt-Treffen kennen gelernt. Er stellte den Kontakt zu Peter her und so nahm das Etzrodt-Team immer mehr Gestalt an und ich konnte endlich einen richtigen Jumbo-Jet-Piloten und noch dazu einen Namensvetter "laufenderweise" kennen lernen. Geboren und aufgewachsen im Ostteil Deutschlands, war mir selbst eine solche Karriere durch meine im niedersächsischen Bad Sachsa lebende Oma erwehrt. So war das eben in der DDR. Da blieb mir nur das Segelfliegen.
Sebastian hatte mir folgende Wette vorgeschlagen: ich sollte für jeden Marathon-Kilometer 1 Euro bekommen, wenn ich es schaffen sollte, nach der letzten Runde vor ihm über die Zielmatte zu laufen. Ich hielt dagegen und bot an, ihm für jeden Marathon-Kilometer 10 Euro zu zahlen, wenn er hier seinen ersten Marathon schafft, alles unter Beachtung des TEAM-Reglements natürlich. Es ging für mich also um die nicht unerhebliche Summe von 421,95. Ich fand es ganz legitim, daß ich als Vater von meinem Jungen dagegen nur ein Zehntel, also 42,19 € einfordern sollte.
Um es vorneweg zu nehmen: meine 20-jährige Marathon-Erfahrung mit mehr als 200 Läufen über die klassische Distanz und darüber, aber wahrscheinlich auch die zu kurze Vorbereitungszeit von Sebastian auf diesen Winter-Marathon bei glattem und schwer zu laufendem Untergrund, haben dann aber dazu geführt, daß ich diese Wette gewann. Sebastian mußte bei km 35, also zu Beginn der 7. Runde, den enorm schweren Bedingungen Tribut zollen und das Rennen vorzeitig beenden.
Der Rest des gesprengten Teams machte sich selbstständig und Peter Etzrodt, der erst einen Tag zuvor als Co-Pilot einer Lufthansa-Boeing 747 aus Bangkok wieder nach Frankfurt und dann weiter nach Berlin-Tegel geflogen war, zeigte sich in einer Top-Form und ist ca. 5 Minuten vor mir gegen 17 Uhr, also nach 5 Stunden, über die Ziellinie gelaufen.Ich lief nach 5 Stunden und 5 Minuten über die Ziellinie. 40 Minuten nach mir finishte das letzte Team.
Ich hatte mich in der letzten Woche durch die Teilnahme an der Winteredition des Vollmond-Marathon von Martin Linek im fränkischen Hersbruck, dort aber wegen dem TEAM-Marathon "nur" auf der Halbmarathon-Distanz und durch weitere 40 km als 10er-Einheiten im Cross-Training zwischen Poxdorf und Erlangen eigentlich intensiv auf Berlin vorbereitet. Wahrscheinlich sogar etwas zu intensiv. Jedenfalls war ich ziemlich geschafft.
Mit Sebastian habe ich jetzt folgende Abmachung getroffen: Der Junge soll seine zweite Chance beim Berlin-Marathon am 24. September 2006 erhalten. Nach dem Motto, einer mißlungenen Generalprobe folgt immer eine großartige Premiere, werden wir in 8 Monaten nochmals unsere Kräfte messen. Mir ist dabei vor allem wichtig, daß Sebastian Freude an unserem schönen Sport findet und daß ich in der Vorbereitungszeit ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Die Wette war schließlich seine Idee und soll ihn auch in den nächsten Wochen weiter antreiben. Mal sehen, wie ich mich zum Berlin-Marathon so gut vorbereiten Kann, daß ich die 421,95 € nicht zahlen muß und ich Sebastian trotzdem für den Laufsport auf Dauer gewinnen kann und sozusagen aus einer Wette eine gemeinsames und langfristiges Lebens- und Gesundheits-Projekt für uns wird.
Noch etwas zu dem TEAM-Marathon: Für viele deutsche Ultra-Läufer ist es der Marathon-Start in das Neue Jahr. Er lebt besonders auch durch das Engagement des großen Berliner Sportvereins Berlin-Charlottenburg (SCC), allen voran Roland Winkler mit seiner Familie und seiner vielen Helfer aus ganz Berlin. Alles ist professionel organisiert. Es gibt Bananen, Äpfel und Kekse und neben den schon legendären Rennsteig-Haferschleim (hier ohne Heidelbeeren) noch warmen Tee und warmes Wasser an dem Verpflegungspunkt bei der Spreefähre zum ehemaligen Berliner Funkhaus Nalepastraße. Die unmittelbar an der Laufstrecke liegende Schwimmhalle Baumschulenweg ist extra für die Teilnehmer bis 18 Uhr mit Schwimmbad und Duschen geöffnet. Und bei keinem anderen mir bekannten Marathon wird nach der feierlichen Siegerehrung so ausgelassen bis in den frühen Morgen getanzt und gelacht wie hier.
Die Verbundenheit des SCC mit diesem weltweit einmaligen Marathon mit 3er-"Frau- und Mannschaften" brachte auch der Präsident des SCC in seiner Begrüßung und während der Siegerehrung zum Ausdruck. Er appellierte an die Teilnehmer, noch mehr Werbung für diesen dieses sportliche Ereignis zu Jahresbeginn in unserer Hauptstadt zu machen.
Ach, und beinahe hätte ich das noch vergessen: Das "Last-Minute-TEAM" (Nr. 53) mit Hans Sütterlin vom Lauftreff Sulz am Eck und Gerhard Polleschner von den Cottbuser Parkläufern sowie Lothar Böttcher aus Berlin kam nach 5 Stunden und 22 Minuten und 16 Sekunden ins Ziel. Hans meinte, daß er um die 4 Stunden und 20 Minuten, also eine Stunde besser hätte laufen können. Aber das ist nun mal der Charakter dieses Wettstreites: Der Schwächste spielt die erste Geige: Sozusagen der Marathon mit einem ganz starken sozialen Ambiente. Praktizierter Gemeinschaftsgeist in bester sportlicher und fairer Art und Weise.
Laufberichte | ||||||
19.01.08 | Pattex-Piste im Plänterwald |
Klaus Duwe | ||||
20.01.07 | Der Star ist das Team |
Klaus Duwe |