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Laufberichte

Königliches Laufvergnügen

 

Wie jedes Jahr im Juli findet in Füssen der Königsschlösser-Marathon statt. Und erneut machen Judith und ich uns zu einem sommerlichen Sportwochenende ins Allgäu auf. Von München nehmen wir wieder einmal den sehr modernen Regionalzug. Mit dem Auto würde es auch nicht viel schneller gehen. Angesichts des frühen Starttermins am Samstag um 7:30 Uhr ist es sowieso sinnvoll, schon am Tag vorher anzureisen.

Der Austragungsort im Ostallgäu ist per Auto aus dem Norden über die A7 zu erreichen. Einfach vor dem Stau am Grenztunnel Füssen abfahren. Dass es sich bei der Gegend am Fuße der Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau um eine beliebte Urlaubsregion handelt, kann man am großen Hotelangebot ablesen. Mit Blick auf den Touristenansturm in der Ferienzeit ist es aber ratsam, frühzeitig nach erschwinglichen Übernachtungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.

 

 

Der Marathon und die Läufe über 10,5 und 21 km bieten einem internationalen Publikum die Gelegenheit, neben einem Besuch des renommierten Schlosses Neuschwanstein auch etwas für die sportliche Ertüchtigung zu tun. Das Veranstaltungszentrum des Marathons befindet sich am Rande der Füssener Altstadt in einem Zelt auf dem Parkplatz Morisse, direkt neben dem Start- und Zielbereich. Da die Startnummernausgabe erst um 15:00 Uhr beginnt, statten wir vorher noch einem der vielen Eiscafés (“nur Bargeld”) einen Besuch ab.

Die Strecke könnte man so beschreiben: kreuz und quer um den Hopfensee, Halbmarathonmarke am Festspielhaus, dann ein langes Stück am Forggensee entlang und zurück nach Füssen, final eine Schleife um den Schwansee.

 

Marathontag

 

Unser Hotel im Stadtteil Bad Faulenbach ist keine 10 Minuten vom Start entfernt, sodass wir relativ spät aufstehen können. Das Wetter ist warm und etwas schwül. Aber Sonne dürfen wir erst am Mittag erwarten. Fast ideal.

 

 

500 Marathonis warten auf den Start. Der erfolgt dann pünktlich um 7:30 Uhr durch einen Schuss. Wir halten uns kurz am Rande der Altstadt. Zuschauende natürlich am Startbereich, dann sind wir schnell auf einem breiten Rad-/Fußweg an der Augsburger Straße B16, aus der Stadt hinaus. Zeit zum Einordnen. Kurz vor Kilometer zwei erreichen wir die Feldkirche St. Ulrich und Afra, die der breiten Bundesstraße wohl etwas zu nahe kam, sodass unser Weg etwas schmaler werden muss. Dann nach links, hier ist auch das Sportstudio, in dem man nachher duschen könnte. Kurz danach werden wir beim Überqueren der B310 mit einem sehr schönen Alpenpanorama empfangen. Eine Läuferin trägt das Hemd vom diesjährigen Madrid-Marathon, das wir auch haben. Sie lässt sich aber nicht ansprechen. Vielleicht hätte ich es auf Spanisch probieren sollen?

Dann nach links auf einen Schotterweg. In der Gruppe um die 4:30-Pacer wird es etwas eng. Aber noch haben wir die Energie für eine Unterhaltung. Den Pacer Volker kennen wir schon seit vielen Jahren, er läuft auch manchmal unser Tempo, oft aber auch schneller. Heute hoffe ich, mithalten zu können. Erstmalig sehe ich einige Segelflugzeuge am kleinen Flugplatz stehen. Ein Becken auf der linken Seite wird von einigen als Regenüberlaufbecken erkannt. Einige Kurven erwarten uns hier, sodass man das Teilnehmerfeld im Blick behält. An den entscheidenden Abzweigungen stehen Streckenposten. Ich glaube, dass sich trotz einiger Trennstellen niemand verlaufen kann. Am Schorrenmoos geht es bei zwei Eseln vorbei, die wir noch vom letzten Jahr kennen.

 

 

Bei Kilometer 7,5 beginnt unsere Runde um den Hopfensee. Anfangs noch in einem Wäldchen versteckt, lugt er nur gelegentlich hervor. Wir beginnen eine acht Kilometer lange Sightseeing-Schleife. Der Umfang des Sees beträgt zwar nur 6,8 km, aber wir laufen diesen ersten Kilometer später noch einmal. Daher auch die Streckenteilung nach einem Kilometer und dem Verlassen des Wäldchens. Hier im Süden ist der See verschilft, gibt aber viele schöne Ausblicke preis. Links ein verlassenes Zeltlager. Eine Holzbrücke über den Zufluss der Hopfensee-Achen bietet eine schöne Fotoposition. Sehr oft kann man nun auch Schloss Neuschwanstein sehen. Man muss nur darauf hingewiesen werden oder schon öfter hier gelaufen sein. Ich weiß noch, wie enttäuscht ich bei meiner ersten Teilnahme darüber war, das Schloss nur so selten gesehen zu haben. Das war aber nicht ein Problem des Laufkurses, sondern meiner Aufmerksamkeit. Auf den veröffentlichten Bildern taucht es zehn Mal auf.

 

 

Wir erreichen das Nordufer, verlassen das Gemeindegebiet von Füssen und kommen nach Hopfen am See. Hier kann man viele schöne Unterkünfte sehen. Und der Blick über den See auf die Alpen ist schon wunderbar. Irgendwann muss ich hier auch mal übernachten. Einige Spaziergänger feuern uns an. Im warmen, nur 10 Meter tiefen See sieht man niemanden. Vielleicht schreckt das trübe Wetter etwas ab.

Eine Läuferin und ein Läufer beginnen ein Gespräch und stellen fest, dass sie beide aus Neuseeland kommen. Internationalität wird hier großgeschrieben, was nicht verwundert, da die Königsschlösser im Allgäu als zweitwichtigste Sehenswürdigkeit in Deutschland gelten und Besucher aus aller Welt anziehen. Am Campingplatz vorbei und wieder in das bekannte Wäldchen. Jetzt bleibt Zeit, einige geschnitzte Figuren abzulichten. Trennstelle, diesmal nach links. Dann der bekannte VP an der nächsten Kurve. Es gibt Bananen, gelegentlich auch Energieriegel, Wasser und Iso-Getränke, später Cola. Danke an die Helferinnen und Helfer, die mit Schildern auf ihr jeweiliges „Angebot“ hinweisen.

Eine Teilnehmerin macht ein Selfie vor der Kulisse von Schloss Neuschwanstein. Das Foto wird dann gleich gepostet, um die FollowerInnen in Echtzeit am Erlebten teilhaben zu lassen. Obwohl die mehrheitlich in Brasilien wohnen dürften, wo noch tiefste Nacht herrscht. Bei dem einsamen Hof versucht Judith, einen der Esel zu streicheln, doch der weicht ängstlich zurück. Ich schaue mir mal eine der nebenan ausgelegten Zeitungen an: Die weiß von „600.000 schweren Nebenwirkungen durch Corona“ zu berichten. Aha. Womöglich liegt es also an meinen Corona-Infektionen oder gar an den Impfungen, dass ich so langsam geworden bin. Vielleicht ist es aber doch nur das Alter oder die viele lästige Arbeit zwischen den Marathons. Auf jeden Fall wird man auch vor dem Queren des Hofs gewarnt: „Keine Haftung“.

Damit wir den voralpenländischen Charakter des Laufs nicht vergessen, steht bei Kilometer 19 eine kleine Bergwertung an. Nach Unterqueren der Hopfener Straße müssen wir auf ca. einem Kilometer gut 30 Meter nach oben. Auch hier viele Ferienwohnungen. Ich verabschiede mich von Judith. Möchte mal sehen, wie gut ich heute drauf bin und ob ich die 4:30-Pacer wieder einholen kann.

 

 

Hinunter zum Forggensee. Ein Stausee des Lechs, der fünftgrößte See Bayerns. Den Staudamm könnte ich mir auch mal in Echt ansehen. Schöne Ausblicke auf das Gewässer und ein Kirchlein. Links davon ein Wäldchen, dort müssen wir hin. Aber zuerst einmal zum Festspielhaus. Zwischen 1998 und 2000 erbaut, war es ursprünglich gedacht als am Originalschauplatz gelegener Aufführungsort für ein Musical über den „Märchenkönig“ und Neuschwanstein-Bauherr Ludwig II. Seit 2007 wird es als Bespieltheater an kommerzielle Veranstalter vermietet. Gestern gastierte hier die Berliner Country-Band The BossHoss.

Verpflegungspunkt und dann die Halbmarathonmarke. Zwischen Ortsrand und Lech weiter bis zum Lechwehr. Am Hotel Sommer vorbei. Die dazu passende Sonne hält sich weiter freundlich zurück, aber warm ist es schon. Am Wehr kommen uns die Führenden entgegen. Die an zweiter Position liegende Italienerin Valeria Gasperini lächelt zu mir herüber. Anhand der Kilometertafeln, die heute sehr gut zur GPS-Messung meiner Uhr passen, stelle ich fest, dass wir fast 5 Kilometer bis zur Wendestelle zurücklegen müssen.

Horn ist wieder so eine Idyllische Siedlung am Laufweg. Dort gibt es auch Zuschauerzuspruch und bei km 26 sind wir dann auf dem etwas rustikalen Uferweg am Forgensee entlang. Die Ortschaft Waltenhofen drückt sich dicht an den See; wir passieren Segelklub, Gasthof, Kirche und Bootsanlegestelle. Da werden wir auch ausgiebig angefeuert. Was mir wie ein recht steiler Anstieg erscheint, registriert meine Uhr als läppische zwei Höhenmeter. Noch einen Kilometer bis zur Wendestelle. Ich hoffe die 4:30 Pacer nicht so bald zu sehen. Je später sie mir entgegenkommen, desto eher besteht eine Chance, sie einzuholen. Leider geht es dann doch schneller. Sie sind einen Kilometer vor mir. Das wird wahrscheinlich heute nichts mehr.

Auffallend wenig Kühe sind heute zu sehen, obwohl doch im Allgäu die Milchwirtschaft einen hohen Stellenwert hat. Die Grasflächen am Wegesrand sind alle verwaist. Die Wendestelle liegt mit einer Verpflegungsstelle zusammen. Dann zurück und wieder der Blick auf Neuschwanstein, ein Schiff und dahinter Ausblicke aufs Festspielhaus und das spätgotische Hohe Schloss samt Kloster St. Mang in Füssen. Die Besenradler kommen entgegen. Im Anhänger liegen die schon wieder eingesammelten Kilometertafeln. Kurz danach noch eine Läuferin. Bei der Wende wird es den Besenradlern wohl auffallen, dass sie da jemanden übersehen haben. Und später zeigt sich, dass die Läuferin es noch in die Ergebnisliste geschafft hat. Über das Wehr zurück und unter der Straßenbrücke hindurch.

 

 

Kilometer 34, das Schlussabenteuer beginnt. Nochmals über den Lech, diesmal auf der Fußgängerbrücke mit sehr vielen Zuschauenden, schließlich entlang der Parkstraße Richtung Hohenschwangau. Erst leicht bergab, dann Trennung von den Entgegenkommenden und nun leicht bergauf. Auf glattem Radwegteer läuft es sich angenehm, fast bis zu den Parkplätzen von Hohenschwangau im Königswinkel. Hier befindet sich der Ausgangspunkt für Besichtigungen der Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau, welches auch kurz von unserer Laufstrecke aus zu sehen war. König Ludwig II. verbrachte Teile seiner Jugend in diesem älteren Schloss, das sein Vater Maximilian II. anno 1837 im romantischen Stil hatte umbauen lassen. Gemäß dem Zeitgeist wollte er in der Nachbarschaft eine idealisierte mittelalterliche Burg bauen.

Für die Errichtung der heute „Neuschwanstein“ genannten Anlage mussten die Reste der ehemaligen Burg Vorderhohenschwangau weichen. Ludwig wohnte nur wenige Monate dort; die Fertigstellung seines 1869 begonnenen und heute berühmtesten Schlosses erlebte er nicht mehr. Beeindruckend, was dort immer los ist. Heute scheint sich die ganze Welt im Ostallgäu ein Stelldichein zu geben. Das Pauschalprogramm beinhaltet vor allem für die asiatischen Reisegruppen den Besuch von kunsthandwerklichen Betrieben oder Duty-Free-Schmucktempeln. Man muss ja ein Andenken mitbringen.

Aber für uns geht es kurz vor dem Shoppingareal nach rechts. Wieder ein Kiesweg, aber sehr idyllisch. Kilometer 38, am Schwansee entlang. Endlich ein kleiner Zwischen-VP. Abends werden die Viertel- und Halbmarathonis hier links über den Hügel nach Füssen zurücklaufen. Wir sparen uns die 50 Höhenmeter auf einem Kilometer und laufen an Badebuchten und einem Kiosk vorbei. „Linsencurry“, lese ich laut von einer Angebotstafel ab. „Das käme jetzt genau recht.“ Da müssen die Besucher lachen. Aber das Linsencurry habe ich am Sonntag nach einer kleinen 18-km-Wanderung tatsächlich probiert und kann es nur empfehlen.

Parkstraße, der große VP am Zusammentreffen der beiden Laufrichtungen. Ich nehme an, Judith ist schon vorbei. Anderthalb Kilometer, die endlos erscheinen. Irgendwie fühlt es sich an, als ginge es leicht bergauf. Unter der Straße nach Österreich hindurch und wieder über die Fußgängerbrücke über den Lech. Letzter VP und diesmal Cola für mich. Hinunter zum Fluss, bald danach noch mal hoch in die Altstadt. Die Flößergasse und dann die Spitalgasse, keine Laufenden vor mir. Die Spitalkirche Heilig Geist, das Hohe Schloss, eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Burganlagen Bayerns, und das ehemalige Benediktinerkloster St. Mang. Noch mal ein paar Meter steil hinauf. Die Kneipenbesucher sind desinteressiert. „Gut seht ihr aus“, rufe ich ihnen zu. Keine Reaktion. In den Cafés am Stadtbrunnen geht es etwas weniger apathisch zu. Der Aperol Spritz scheint verlockend.

Durch die Ritterstraße die letzten hundert Meter hinunter Richtung Ziel. Nach 4:36 komme ich an, leider habe ich die 4:30 leicht verfehlt. Viele Bekannte empfangen mich hinter dem Zielbogen. Eine junge Dame hängt mir die Medaille um. Die zeigt eine laufende Figur, deren gekröntes Haupt vermuten lässt, dass es sich um den “Kini” handelt. Vielleicht in einer sportlich aktiven Phase, bevor er sich aufs Schlösserbauen verlegte? Nix Genaues weiß man nicht. Die Viertelmarathonis bekommen jedenfalls später eine goldene Medaille.       

Wir fachsimpeln und bald darauf kommt auch Judith ins Ziel. Ein Stück weiter ist die Zielverpflegung aufgebaut. Natürlich findet das alkoholfreie Bier viel Zuspruch. Im Zelt kann man sich noch einen Teller Pasta abholen.

 

Fazit

 

Der Königsschlösser-Marathon ist ein guter Tipp für einen Sommer-Marathon. Die Strecke verläuft oft im Schatten und es gibt sehr viele VPs, sodass man auch an heißen Tagen zurechtkommen wird. Die Organisation ist gut. Der motorisierte Verkehr stört durch Nutzung von Unterführungen kaum. Fahrradfahrende auf der Laufstrecke sind eher selten oder werden umgeleitet. Es sind zirka 95 Höhenmeter und etwa die Hälfte der Strecke bestehet aus Kieswegen. Der Startpreis mit ca 65€ ist günstig. Einige Zuschauende applaudieren an der Strecke, Musik gibt es eher selten und wenn, dann bei einigen VPs.

Die Gegend ist wirklich sehr idyllisch und die Bauwerke legendär, sodass sich ein Kurzurlaub lohnt, um  Kulturelles und Sportliches zu verbinden. So wird aus dem Marathon in Füssen ein königliches Vergnügen.

 

Siegerinnen Marathon

 

1. Maria Elisa Legelli             DE      02:52:06
2. Valeria        Gasparini         IT        03:17:10
.3. Johanna      Hiemer            AT       03:17:49

 

Sieger Marathon

 

1. Benjamin    Polin                FR       02:27:32
2. Charlie        Smith              GB      02:47:06
3. Markus       Mey                 DE      02:48:51

 

Finisher

 

Marathon:                   465
Halbmarathon:          499
Viertelmarathon:       333                 

 

 

 

Informationen: Königsschlösser Marathon
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