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OKVor elf Monaten kam er als politischer Flüchtling über ein Auffanglager im mittelfränkischen Zirndorf bei Nürnberg ins Asylbewerberheim nach Coburg. Davor lebte er im Verwaltungsgebiet Oromia im Südäthiopischen Hochland, der flächen- und bevölkerungsmäßig größten Region Äthiopiens.
Dort gehört er der Volksgruppe der Oromo an, welche mit cirka 34,5 Prozent der äthiopischen Gesamtbevölkerung das zahlenmäßig stärkste, in ihren Rechten zugleich aber auch ein verfolgtes und unterdrücktes Volk darstellen. Die brisante Lage, mit der sich die Oromo auseinander setzen müssen, ist hierzulande wenig bekannt. Die politischen Situation reicht von Repressalien bis hin zur Verfolgung und Tötung einzelner Bevölkerungsteile.
Vor diesem Hintergrund wählte Rashe Buggaa, der am 9. Mai im fränkischen Coburg seinen 21. Geburtstag feierte, den für ihn letzten Ausweg und verließ sein Heimatdorf im südlichen Hochland Äthiopiens, cirka 300 Kilometer von Addis Abeba entfernt, Richtung Deutschland.
Am 21. Mai 2011 wird Rashe das erste Mal in seinem Leben am GutsMuths-Rennsteiglauf teilnehmen – und zwar am Lotto Thüringen-Halbmarathon über 21,1 Kilometer von Oberhof nach Schmiedefeld. Christian Strauß vom GutsMuths-Rennsteiglaufverein, der selbst in der Laufgruppe Süd aktiv ist, kümmert sich seit ein paar Wochen gemeinsam mit einem Sportsfreund von der Coburger Turnerschaft aus sportlicher Sicht, aber auch darüber hinaus, um Rashe. So hat er gemeinsam mit Freunden der LG Süd des Rennsteiglaufvereins Rashe zum Rennsteiglauf angemeldet, ihm das Startgeld bezahlt, ebenso die Gebühren von jeweils zehn Euro, damit der junge Äthiopier den Landkreis beispielsweise zu Trainingszwecken verlassen durfte. „Rashe Buggaa ist kein Wettkampfläufer und hat in seinem Heimatland Äthiopien noch nie an einem läuferischen Wettstreit teilgenommen“, erzählt Christian Strauß.
Als Schüler musste Rashe aber täglich anderthalb Stunden von seinem Zuhause aus zur Schule laufen – und am Nachmittag auch wieder zurück. „Bei einigen gemeinsam durchgeführten Trainingsläufen“, so Christian Strauß, „haben wir schnell sein gewaltiges Talent erkannt, denn obwohl er noch nie methodisch trainiert hat, lief er uns von Anfang an locker davon.“ Im Gespräch erzählte Rashe stolz von den äthiopischen Lauflegenden Abebe Bikila und Haile Gebrselassie. Letzteren durfte er bei einem Besuch in seiner Schule als Kind sogar persönlich kennen lernen.
Sein – für europäische Verhältnisse – großes Talent bewies der Äthiopier auf Anhieb bei einem 10-Kilometer-Lauf in Erlangen, welchen er mit viel zu kleinen und drückenden Schuhen sowie langen Hosen in starken 33 Minuten als Gesamtdritter beendete. Es war sein aller erster Wettkampf überhaupt. „Als ich durch Michael von der Coburger Turnerschaft davon erfuhr, durchstöberte ich zur Soforthilfe meinen Schrank voller Laufutensilien, sammelte bei Freunden von der LG Süd des Rennsteiglaufvereins weitere nützliche Dinge und übergab Rashe bei unserem ersten Treffen eine erste Lauf-Grundausstattung.“
Mittlerweile ließ der Äthiopier im Herbst vergangenen Jahres zwei Siege bei Volksläufen im Coburger Raum folgen, wo er der Konkurrenz locker davon lief. Auch beim traditionellen Lange-Bahn-Lauf im südthüringischen Suhl beherrschte er die gewiss nicht schlechte Konkurrenz.
Strauß traut dem jungen Äthiopier auf Anhieb einen Platz im unmittelbaren Vorderfeld des Rennsteiglauf-Halbmarathons zu und wünscht dem Afrikaner, dass er sich schnell an die riesigen Dimensionen des Rennsteiglaufes gewöhnen kann, denn einen solch großen Sportwettkampf hat der Äthiopier schließlich noch nie erlebt.
Nach einem für einen Ostafrikaner gewöhnungsbedürftigen kalten und schneereichen Winter in Deutschland, in dem er das Lauftraining völlig ausließ, trafen sich die Lauffreunde im März wieder und Rashe ist seitdem kaum zu bremsen, wenn es darum geht, zu trainieren. Ist das Training in der Laufgruppe nicht möglich, dreht Rashe mit großem Spaß alleine seine Runden, ist doch das Laufen oder das Fußballspielen mit anderen Heimbewohnern nahezu die einzige Abwechslung in seinem Leben im Asylbewerberheim. Obwohl Rashe das Heimweh plagt, so hat er doch die große Hoffnung auf dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland.