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OKAls ich beim 100 km Lauf in Leipzig Auensee war, fielen mir eigenartige „Grenzsteine“ auf. Man sieht sie überall in und um Leipzig. Es gibt 50 der kleinen Denkmäler, in zwei Ausführungen:
- abgerundeter Kopf mit Großbuchstabe "N" und ungerade Zahl: Standorte der napoleonischen Armee
- oben spitz zusammenlaufend mit Großbuchstabe "V" und gerader Zahl: Standorte der Verbündeten
Es sind sogenannte Apelsteine und es dreht sich um die Völkerschlacht bei Leipzig.
Was wissen die Ossis? Die Wessis jedenfalls wenig. Dabei war die Völkerschlacht bis zum ersten Weltkrieg die größte Schlacht der Geschichte. 100.000 Tote, dazu Heerscharen von Verwundeten, die wimmernd, stöhnend, schreiend und mit dem Tode ringend in Leipzig und auf den Feldern rund um die Stadt lagen und Seuchen auf die überlebenden Leipziger übertrugen.
Gegen das Vergessen gibt es diese 50 Apelsteine und zahlreiche Denkmäler. Der Marathon führt zwangsläufig über das Schlachtfeld von 1813.
1812: Napoleon in Moskau. Die Stadt brennt, deswegen können die Soldaten dort nicht überwintern und müssen zurück nach Westen. Am 5.Dezember verduftet Napoleon nach Paris, wenige Soldaten schaffen es zurück bis nach Dresden.
Tip: wer zum Oberelbemarathon am 08.05.11 reist, der sollte am Startplatz in Königstein mit der Fähre übersetzen und auf den Lilienstein klettern. Der Lilienstein liegt gegenüber der Festung Königstein und von dort oben sind in dieser Jahreszeit in den frischen Getreidefeldern die Umrisse der Soldatenunterkünfte von 1813 zu sehen. Es sind die Unterkünfte, die von den französischen Soldaten des Russlandsfeldzuges erbaut wurden. Von hier aus zogen sie nach Leipzig.
© marathon4you.de | 8 Bilder |
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Oktober 1813: Napoleons hat wieder neue Truppen vor Leipzig versammelt, sie bestehen zum großen Teil aus deutschen Söldnern. Sachsen ist auf Bonapartes Seite. Dagegen stehen die Allierten: die Österreicher, Preußen, Russen und Schweden. Schweden deshalb, weil Bernadotte die Ex vom Napoleon geheiratet hatte, der deswegen Schweden-Pommern eroberte.
© marathon4you.de | 15 Bilder |
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Als wir uns für den Start um 10 Uhr am Sportforum versammeln, stehen wir schon auf historischen Boden. Die Völkerschlacht ist vorbei.Wo jetzt das Elsterbecken ist, zogen Napoleons geschlagenen Soldaten über Lindenau und Weißenfels Richtung Frankfurt, wo sie in der Berger Strasse von den Nutten mit Besen in Richtung Rhein getrieben wurden. Am Rhein bei Kaub schlug General Blücher nochmals drauf und gab Napoleon den Rest.
Der Marathonkurs geht in Uhrzeigerrichtung, entgegengesetzt zu Napoleons Fluchtrichtung, denn der musste gegen den Uhrzeigersinn vom Schlachtfeld zurück nach Leipzig und von dort aus über die Frankfurter Wiesen (wo jetzt das Elsterbecken ist) flüchten.
Schon beim ersten Kilometer passieren wir eine grausame Stelle: Den Elstermühlgraben, er ist jetzt getunnelt. In den Wirren des Rückzuges von Napoleon wurde die Brücke hier frühzeitig gesprengt. Kaum zu glauben: 20.000 Flüchtende starben an dieser Stelle, wohlgemerkt: nach der Schlacht, bei Durchquerung des Hochwasser führenden Grabens. Das Brückensprengungsdenkmal erinnert daran. Mit dem Tode des polnischen Generals Poniatowski stirbt auch Polens Hoffnung auf Eigenständigkeit aus Napoleons Gnaden.
© marathon4you.de | 22 Bilder |
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Die Ringstrasse markiert die alte Stadtmauer, die war 1813 schon größtenteils abgebaut worden, da Leipzig als Messestadt viel Platz brauchte. Ohnehin waren die Mauern zu jener Zeit aufgrund der neuen, starken Kanonen nutzlos geworden. Alle Gebäude, an denen wir jetzt vorbeilaufen gab es im Prinzip 1813 auch schon. Ob das Neue Rathaus, das Gewandhaus, die Oper, die Gebäude, die Jürgen Schneider sanierte, oder im Hintergrund die Nikolaikirche, all jene Gebäude hat der Korse auch gesehen.
Km 4 Johannisplatz: Die Johanniskirche (die Reste wurden 1963 gesprengt) fungierte zuerst als Getreidemagazin der Franzosen, später als Lazarett und konnte aufgrund der Leichen- und Amputationsreste jahrelang nicht mehr als Kirche genutzt werden. Von hier aus breiteten sich die Seuchen aus, die tausende überlebende Leipziger dahinrafften. Hier, wo jetzt das Grassimuseum steht, kam der Totengräber Johann Ahlemann seiner Pflicht nach. In seinen Aufzeichnungen schildert er, wie Sterbende und Tote wie Holzscheite übereinandergestapelt in der Kirche lagen.