Kennt ihr Wilma Elles? Nein? Ja, schaut ihr denn kein Fernsehen? Ok, die Dauerserie „Wie die Zeit vergeht“ läuft im Türkischen Fernsehen. Aber dort ist sie ein echter Renner mit bis zu 30 Mio. Zuschauern.
Wilma Elles ist Deutsche, 1986 in Köln geboren. Sie spielte zwar in Filmen mit Christine Kaufmann und Martin Semmelrogge, zu größerer Bekanntheit reichte das aber nicht. 2010 kam das Angebot eines Türkischen Senders, in einer Soap eine Holländerin zu spielen. Sie zog nach Istanbul, lernte Türkisch und ab ging die Post.
Wilma Elles ist ein Star in der Türkei und was das heißt, kann man am Vortag des Runtalya vor dem Einkaufscenter Terra City Lara erleben. Sie schmückt den ersten High-Heels-Run im Rahmen des Runtalya und zugleich den ersten Lauf dieser Art in der Türkei überhaupt. Das Aufgebot an Fotografen und Kameraleuten ist vergleichbar mit dem in Berlin, wenn Haile Gebrsellassie zum Termin bittet.
Dabei hat man die Zulassungen der Presseleute sogar begrenzt. „Wir sind eine Marathonveranstaltung, und der High-Heels-Run gehört zum Rahmenprogramm. So soll es bleiben,“ sagt Racedirektor Denniz Öger. Trotzdem, die Siegprämien (umgerechnet ca. 1500/1000/500 Euro) für die Stiletto-Ladies stellen die der Marathon-Cracks (Luxus-Reisen) glatt in den Schatten. Die 100 Startplätze waren in 3 Tagen weg. Gestartet wurde in 5 Blöcken, gelaufen 100 m. Schaut euch die Bilder an (Wilma Elles erkennt ihr sofort) und schätzt mal die Zeiten die schnellsten Mädels.
14 Sekunden!
Der Marathon in Antalya geht auf eine Idee von Uwe und Antje Cizinski zurück, beides leidenschaftliche Läufer und Türkei-Urlauber. In den bisher 6 Auflagen hat sich die Veranstaltung immer weiter entwickelt und ist mittlerweile zu einer festen Größe geworden. Die frühlingshaften Temperaturen anfangs März laden dazu ein, vor den ersten großen Marathons im Frühjahr einen Marathon als langen Trainingslauf zu absolvieren. Nachdem im letzten Jahr der Lauf wegen sintflutartiger Regenfälle beinahe buchstäblich ins Wasser gefallen wäre, ist dieses Wochenende Sonne angesagt bei idealen 15/16 Grad. Mit etwas Wind muss man allerdings rechnen, den hat man an der Küste ja fast immer.
Antalya ist eine schnell wachsende Stadt. Die Einwohnerzahl ist in den letzten Jahren um gut 50 % gestiegen und liegt jetzt bei über einer Million. Ganz genau weiß das aber niemand. Überall wird gebaut, was manchmal auch organisatorische Änderungen zur Folge hat. So ist auch bei der 7. Auflage wieder einmal so manches völlig anders.
Die Startunterlagen holt man sich wie gewohnt in einem der neuen, schicken Einkaufszentren. Diesmal ist es das „Terra City Lara“. Die Transfers von den Läuferhotels sind bestens organisiert. Resonanz und Stimmung sind wegen des Hihgh Heels Run sensationell. Weniger erfreulich sind die Teilnehmerzahlen für den traditionellen Volkslauf. Bisher war der immer am Sonntag, jetzt am Samstag. Das wird viele Einheimische von der Teilnahme abhalten, vermuten die Verantwortlichen.
Marathon-Start und Ziel ist beim Kulturzentrum von Antalya bei der Glaspyramide. Ganz treue Teilnehmer kennen das ideale und schön gelegene Gelände, denn bei den ersten Marathons in Antalya waren hier die Startnummernausgabe und die Pasta-Party. Man hat einen herrlichen Blick auf die Taurus-Berge. Bei klarer Sicht wie heute wird man unweigerlich an die Kulisse bei einem der bekannten Schweizer Bergmarathons erinnert. Allerdings gibt es statt Eidgenössisches aus mächtigen Lautsprechern Zeitgenössisches und Regionales auf die Ohren – und das richtig! Es wird getanzt, gelacht und gesungen und nur manchmal werden die Muskeln auch ganz traditionell aufgewärmt.
Dann versammeln sich ungefähr 3000 Läuferinnen und Läufer unter dem Startbanner, 10 km-Läufer, Halbe und Marathonis bunt gemischt und am liebsten möglichst weit vorne. Das ist zwar für die meisten ganz lustig, aber nicht sehr praktisch. Nächstes Mal hat man da bestimmt eine andere Lösung.
Schnell kennen sich die Stammläufer mit der neuen Streckenführung aus, denn spätestens als man den Platz der Republik (Startplatz bei der Premiere) mit dem Atatürk-Denkmal und dem Blick auf die Altstadt umläuft, ist man auf bekanntem Terrain. Die sich anschließende Palmenallee mit den Dönerbuden kennt man mittlerweile auch und das Hadrianstor sowieso. Gleich ist man an der Steilküste, wo man wegen der gigantischen Ausblicke am liebsten rückwärts laufen würde. Aber es gibt ja einen Rückweg. Und der ist diesmal zu 100% mit dem Hinweg identisch. Die neue Strecke ist also ein lupenreiner Pendelkurs.
Ich sehe schon, wie der eine oder andere die Nase rümpft. Völlig überflüssig, denn die Strecke ist jetzt noch attraktiver. Na ja, mir persönlich gefiel der Abschnitt in Lara mit den Themenhotels schon ganz gut. Jetzt fällt er weg. Man läuft beim Hotel Sera zur Strandpromenade bis zum Ende, dann wie bisher durch eine kleine Einöde und wendet mit Blick auf das Taurus-Gebirge und die Hotels. Man läuft jetzt also noch einmal die ganze Strandpromenade und später die Steilküste entlang und hat permanent die schneebedeckten Berge im Blick. Herrlich!
Das sagen auch Brigitte und Rudolf Mahlburg, die von unseren Leserinnen und Lesern zu den Heros 2011 gewählt wurden und auf Einladung von Öger Tours am Marathon teilnehmen. Brigitte hat sich ganz besonders auf die Reise gefreut, denn sie war als Kind ein paar Jahre in Istanbul und spricht noch ganz gut türkisch.
Natürlich trifft man hier auch Türken-Mike, den in Österreich geborenen Berliner, der seit Jahren von Istanbul aus nicht nur seine eigene Firma leitet, sondern auch zu Marathons und extremen Laufexpeditionen in der ganzen Welt startet. Seine Geschichte kennt man vielleicht schon aus anderen Berichten, aber aus aktuellem Anlass muss ich unbedingt darauf zurückkommen.
Wie gesagt, Mike ist ein ziemlich extremer Läufer. Als solcher ist man in der Türkei auch heute noch ziemlich einsam, vor 10 Jahren war man allerdings ein absoluter Exote. Also drehte Mike seine Runden alleine und meistens nachts, weil es tagsüber zu heiß war und er ja auch noch etwas anderes zu tun hatte. Was Mike nicht merkte: Er wurde beobachtet. Irgendwann wurde er auch angesprochen und gefragt, ob man sich ihm anschließen dürfe. Sich Mike anschließen, als blutiger Anfänger? Das ging nur so, dass sich mehrere der neuen Freunde das Pensum des „Wunderläufers“ teilten. Unter den hoffnungsvollen Nachwuchsläufern waren auch Murat, sein Bruder Fethi Kaya und dessen Frau Lütfiye, die auch noch 20 kg Übergewicht mit sich schleppte. Der Begeisterung tat das keinen Abbruch.
Die Gruppe wurde größer und nach angemessener Zeit erfüllte sich eine(r) nach de(r)m anderen den Traum vom ersten Marathon. Wie das so ist: Der Eine ist damit zufrieden, die Andere nicht. Und wenn ich recht informiert bin, feiert heute Antalya die erste Türkische Marathonsiegerin: Lütfiye Kaya (2:52:24). Fethi, ihr Mann, kam 3 Minuten später als 11. ins Ziel. Er hatte sich verletzt und musste seine Frau am Schluss alleine lassen. Murat, Fethis Bruder, belegte sogar Platz 3 bei den Männern und gehört zu den 10 besten Marathonläufern in der Türkei. Lütfiye hat in der Türkei schon fast alle Halbmarathons gewonnen und vor vier Wochen kaufte sie sich von den erlaufenen Preisgeldern ein Auto. Zwischenzeitlich trainierte sie sogar mit der Türkischen Nationalmannschaft.
Mike ist stolz wie ein Türke!
Wer seinen Lauf beendet hat, feiert bei der Glaspyramide. Eine erstklassige Cover-Band macht jetzt die Musik. Ansonsten das gleiche Bild wie schon am Morgen: Tanz und ausgelassene Freude. Wie wird das erst bei der traditionellen Abschlussfeier am Abend?
Als Spaßbremser könnte man jetzt noch ein paar Dinge auflisten, die zu verbessern wären. Man kann es sich aber auch sparen. Am 3. März 2013 sind die Karten neu gemischt.
Männer
1 AYDIN, Yücel TRABZONSPOR ATLETIZM TUR 2:34:23
2 VELTEN, Sascha GER 2:35:15
3 KAYA, Murat TRABZONSPOR ATLETIZM TUR 2:36:16
Frauen
1 KAYA, Lütfiye TUR 2:52:24
2 AKDEŞIR, Ezgi TUR 2:57:06
3 MAYER-TANCIC, Ulrike GER 3:06:32
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