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Laufberichte

Zum Wohl die Pfalz

 

Den ersten und zweiten Becher trinke ich noch aus, am nächsten wird nur genippt, am übernächsten ebenfalls; dann noch einmal, und noch einmal. Die Plastikbecher sind gefüllt mit purem Pfälzer Traubensaft - hochprozentig.

Ein fast perfekter Lauf, abgesehen von Begleiterscheinungen, die diese ungewöhnlichen elf Trinkpausen mit sich bringen (können). Nicht nur die Wirkung des spritzigen, leichten Getränks lässt mich entspannt und rosarot auf die noch vor mir liegenden Kilometer schauen. Gleichmäßig unrhythmisch sind meine Schritte. Ich schlurfe mich in Trance und liefere mir dabei Zweikämpfe mit Weinbergschnecken und rosaroten Panthern. Nicht umsonst sagt man, Wein sei ein idealer Begleiter.


„Eher soll die Welt verderwe, als vor Dorschd en Pälzer sterwe“


Bekanntlich soll am Tag vor einem Marathon ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen werden und so wird den Läufern am Samstag an der Bushaltestelle am Start-/und Zielbereich in Bockenheim, eine Weinprobe angeboten. Von dort startet die Besichtigungstour, die den Läufern und auch den Laufinteressierten bequem einen Überblick über die Marathon- und Halbmarathonstrecke gibt. Der Weinstraßen Marathon ist ein Höhepunkt im Rausch der Pfälzer Festfreude. „Wer jetzt nicht dabei ist, muss dann leider wieder zwei Jahre warten, um auf der Deutschen Weinstraße die Laufsaison zu starten“, sagt Cheforganisator Rolf Kley von der Dürkheimer Kreisverwaltung.


„In Bock`rem geht´s los uff de Woistroß Ihr Leit…“


Der Versuch, vorab einzuchecken, um Zeit und Nerven zu sparen, scheitert. Anders als ursprünglich geplant, beginnt für mich der Weinstraßen Marathon leider erst sonntagsfrüh. Es ist ein wenig zu spät in der Nacht zuvor geworden, als dass ich im Moment ein Ausbund an Fröhlichkeit wäre. Noch immer bin ich überwältigt von den Eindrücken und Erlebnissen der letzten Tage auf der Insel Malta.

 

 

So komme ich mit quietschenden und qualmenden Reifen dennoch rechtzeitig in Grünstadt an, wo die Shuttle-Busse zum Glück auch schon bereit stehen.


„Kummen gut hääm!“


Ist es zehn, oder vielleicht doch erst neun Uhr? Die gestrige Reise und die unsensible Zeitumstellung stecken mir in den Knochen. Für Stimmung am Startplatz um das Haus der Deutschen Weinstraße sorgt ein Song der Höhner: „Wenn nicht jetzt wann dann? Wenn nicht hier, sag mir wo und wann. Wenn nicht du, wer sonst.“ Das haben sich die 2.931 Starter bei der Anmeldung wohl auch gedacht. Dichtgedrängt laufe ich durch das Haus der Deutschen Weinstraße, welches brückenartig die Weinstraße überspannt. Es geht auf der B 271 Richtung Süden. „Kummen gut hääm!“ steht auf einem über die Straße gespannten Plakat.



Gemeinsam mit Renate und Bernd bin ich viel zu weit vorne gestartet. Ständig werden wir überholt. Es ist ein frühlingshafter Morgen, es ist Sonntag und ich bleibe gelassen. Die warmen Tage und das mediterrane Klima der Pfalz haben die Mandelbäume in den vergangene Wochen rosa gefärbt. Besonders hier auf dem  Streckenabschnitt zwischen Bockenheim und Asselheim, der für seine Mandelbäume bekannt ist, ist dieser Anblick eine wahre Streicheleinheit für die Seele. Überhaupt blühen überall an der Weinstraße die Mandeln, die Kirschen und der Weißdorn. 

 

„Zwische Grünstadt und Derkem do nemmscht der mol Zeit…“


So heißt es schon im Weinstraßenlied von Kurt Dehn. Der Marktplatz wurde herausgeputzt. In Grünstadt, einst die Residenz der ehemaligen Grafen von Leiningen, lockt auf dem Carrières-sur-Seine-Platz am Alten Rathaus in der Fußgängerzone die erste Verpflegung.



Ich werde mit einem rosafarbenen Schwamm, der in einer mit Riesling gefüllten Wanne schwimmt, geködert. Den tropfenden Traubenschwamm in der Hand frage ich anfängerhaft, was ich damit anstellen soll? So kommt es, dass ich bereits am frühen Morgen, um kurz nach zehn Uhr, den ersten Riesling genieße, quasi im Selbstversuch, als Experiment. Es gab eine Zeit, da wäre es mir nicht im Traum eingefallen, am Tag vor dem Marathon Wein zu trinken und schon gar nicht während des Marathonlaufens. „Die Weisheit eines Menschen misst man nicht nach seinen Erfahrungen, sondern nach seiner Fähigkeit, Erfahrungen zu machen“, sagte George Bernard Shaw. Der sollte es wissen, schließlich ist der irische Schriftsteller ein Nobelpreisträger. 


 „Ja an de Woistroß muß mer ab und zu mol soi…“


Wo sonst traubenbehangene Weinberge sind, laufen farbige Läuferpunkte entlang der knorrigen, noch splitternackten Rebknorze, die zu tausenden schnurgerade in Reih‘ und Glied stehen. Zwischen den Reihen sprießt frisches, junges Gras. Die vielen Feldwege sind kurvenfrei und meist asphaltiert, Bäume und Hecken sind dagegen Mangelware. „Isch kumm aus dä Palz“, tönt ein kommunikationsfreudiger Läufer und gesellt sich zu mir. Seine Offenheit ist entwaffnend. Die Pfälzer Frohnatur fühlt sich sichtlich wohl. „Un wi ald bischd´n du?“, und deutet gleichzeitig auf ein Schild mit einer kleinbeerigen, schwarzen Traube auf gelben Grund.



Auf Pfälzer-Hochdeutsch erklärt er mir, dass auf beinahe 85 Kilometern die so markierte Route verläuft. Von Bockenheim im Norden bis nach Schweigen, an dem einstigen deutsch-französischen Schlagbaum zum Elsass. Um das Jahr 1934 erlebten auch die Winzer eine schwere Zeit. Es gab zu viel Wein und zu wenig Abnehmer. Ein erheblicher Preisverfall war die Folge. Ein Plan musste her. Mit geringem materiellem Aufwand wurde die Idee der Deutschen Weinstraße ins Leben gerufen und diese bereits 1935 mit einem Festakt feierlich in Bad Dürkheim eröffnet. Der Plan ging auf: Bis heute werden die Touristen mit Trauben angeködert, was den Weinabsatz steigert und die Region belebt.

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Informationen: Marathon Deutsche Weinstraße
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