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Laufberichte

Erst Weenix dann Marathon

24.03.12
Autor: Joe Kelbel

„Schloss und Dorf liegen auf einem hohen Berge, von dem man viele Meilen voll Wälder, Äcker und Heiden, in der Ferne eine Strecke des Rheines und die berühmten Sieben Berge sieht. … Ich glaube, dass die Götter dann und wann auf einer silbernen Wolke so ihren Nektar trinken und die Hälfte der Erde übersehen!“

So schrieb der Reisekumpel vom Goethe über Bensberg, dem Austragungsort des Königsforst Marathons. Der olle Goethe selber konnte nicht mehr schreiben, zuviel des Nektars, was er selbst zugab, er stammelte nur sowas wie: „Was mich daselbst über alle Maßen entzückte, waren die Wandverzierungen durch Weenix …“.

Weenix war kein Putzmittel, sondern ein Maler, der nicht wusste, wie alt er ist. Dem ging  es also genau wie mir. Also nix wie hin zum Schloß von Bensberg, um die Werke meines Leidesgenossen zu inspizieren.

Meine Aufgabe: wie komme ich im Marathon-Outfit mit Saharabart in das Jagdschloß Bensberg, das nun ein fünf Sterne Grandhotel ist. Zunächst mal durch die Hintertür. Der Azubi ist erstaunt, daß ich nach Weenix frage. Ich bin erstaunt, dass er weiß, in welchem der 100 Gänge des Schloßes noch ein Bild von ihm hängt. Die gutgekleideten Herrschaften, die wie Götter hier sitzen und bubbelnden Nektar trinken, sind erstaunt, dass jemand mit schmutzigen Nike Free und gebräunten Beinen hier durchstiefelt. Und  ich  bin erstaunt, das  Bild zu finden und dazu noch absolut klasse: Schloß Bensberg zu Goethes Zeiten, zwischen den Wolken. Dieses Licht, diese Komposition..... Die Originalwerke von Jan Weenix hängen mittlerweile hinter Panzerglas in der bayerischen Staatsgemäldesammlung und in Amsterdam.

Aus Provokationsgründen setze ich mich in eines der Teezimmer und bestelle auch so einen  Nektar. Alexander ist ein Freiherr. Er erklärt mir, die Bezeichnung stamme aus dem Heiligen Römischen Reich. Er findet es „außergewöhnlich“, wie ich hier erscheine. Ich sage: „Dem Mutigen gehört die Welt“  und ob er Weenix kenne. Er übernimmt die Rechnung und wir gehen zurück zum Bild im dritten Stock. Minutenlanges Betrachten. Alexander wird meinen Artikel lesen.

Durch den Haupteingang raus...Aha! Schon beeindruckend dieses Schloß. Volkswagen stellt gerade die Wagen vor, die im September an der Concours d`Elégance et Rally Historique teilnehmen. Die Jury wird von Franz-Josef Paefgen geleitet, Präsident von Bugatti. Damit kann ich hiermit gleich an die Anmeldung zum Weinmarathon in Molsheim, Elsaß erinnern, dem Firmensitz von Bugatti.

Meisterkoch Joachim Wissler wirbelt hier im „Vendom“, das ist eines der 10 besten Restaurants Deutschlands. Mittagsmenue für 110 €.  Von hier aus wunderbarer Blick auf den Kölner Dom.

Einmal ging der Besitzer des Schlosses, der Kurfürst „Jan Wellem“ durch den Königsforst, traf einen Schweinehirten, fragte diesen nach seinem Lohn. Der Hirte erklärte: „Im Jahr bekomme ich ein paar Taler, einen Rock, Schuhe und Kost!“  Da lachte der Kurfürst und erwiderte: „Auch ich bin Hirte, aber ich bekomme an einem Tag mehr Lohn, als Ihr im ganzen Jahr!“ „Donnerwetter“ meinte da sein Gegenüber, „dann ist eure Schweineherde aber auch größer als meine!“

Dieses Jahr ist die Schweineherde beim Königsforst Marathon besonders groß, das Wetter lockt. Nachmeldungen kosten nicht extra. Mysterium der Marathonwelt: warum nehmen andere Veranstalter sich kein Beispiel an diesem:  Wir haben  die Startnummern incl. Zeitmessung Anfang der Woche zugeschickt bekommen, haben jetzt schweissfreie Zeit vor dem Start.

Ich parke irgendwo zwischen Aldi und Getränkemarkt. Zur Sicherheit lege ich ein Schild auf das Armaturenbrett: „Keine Wertsachen im Auto“, doch das ist glatt gelogen, im  Kofferraum befindet sich ein kleiner Posten einer Kölner Getränkesorte. Aber das ist ja vom Veranstalter gewollt, wenn er die Startzeit auf 14 Uhr legt. 

Vom Getränkemarkt  geht es dann zu Fuß durch den Park mit seinen lieblichen, sumpfigen  Teichen zur Bundesanstalt für Strassenwesen in der Brüderstrasse.

Diesen kleinen  Satz  jetzt mal mit Geschichtshintergrund:

Durch das ehemalige sumpfige Gelände mit seinen Opfergaben aus keltischer Zeit, die nun im Landesmuseum in Köln zu besichtigen sind, begebe ich mich auf die „alde Broederstraiß“, die Strasse, die seit Jahrtausenden die Händlerstraße zwischen Siegen und Köln bildet. Diese Strasse war in sehr schlechten Zustand, die Ochsenkarren hatten tiefe Furchen in diesen Hohlweg gegraben, in den angeschwemmten Talsohlen findet man immer noch interessante metallene  Reste der jahrtausendelangen Nutzung . Unter Napoleons Besatzung  wurde die Strasse für eine schnelle Truppenbewegung ausgebaut. Vorgängerbau der Bundesanstalt für Strassenwesen war hier  die napoleanische  Präfektur gewesen, hier ist nun das Veranstaltungszentrum.

Die Brüderstraße ist Etappe des  Jakobswegs  von Görlitz nach Aachen und vom  Elisabethpfad von Köln nach Marburg. Das weiss aber noch nicht mal der Königsforst-Marathon e.V, der seit 1973 diesen Marthon ausrichtet. Wenn man sich die Bilder von 1973  auf der Homepage des Königsforst Marathon anschaut, dann hat der damalige Gewinner und amtierender Streckenrekortler, der Helmut Urbach (am Mikrofon), sich seine Frisur von mir abgeschaut. In der Mode kommt halt alles wieder. Auch Birgit Lennarz wird kurz inerwievt, sie hat aber eine andere Frisur als ich.

Mir hat letzte Woche jemand  geschrieben, ich würde das Laufen nicht ernst genug nehmen und seine Bewerbungsaussichten würden nun schwinden, weil ich ihn fotografiert habe.

Ja genau, ich werde nun alle seine und meine Fotos löschen und bekomme endliche eine Arbeit. Bis hierhin war mein Bericht einigermaßen seriös. Das kann ich nun  aber nicht mehr durchhalten.

Der Königsforst- Marathon e.V.  schert sich nicht drum, macht gleich kölsche Stimmung: Nur geiles, sinngedrehtes  Rumgedödel auf der Website. Die nehmen genauso viel ernst wie ich, schon gar nicht  den Halbmarathon, klasse.  Deswegen brummt der Lauf.  Wir, also zumindest die Marathonläufer, verzichten  nun auf unsere Bewerbungsaussichten  und laufen einfach los! Meine Rede, kurzer Sinn, wer joggen will, soll das bei Mudder machen, nicht in aller Öffentlichkeit und nicht im Königsforst, zumal wenn der WDR anwesend ist.

Besonders grüßen muss ich den Halbmarathoni, der oben ohne, mit fettem Trinkgürtel und strapsartigem Brustgurt gegangen ist. Aus Rücksicht auf seine Bewerbungsaussichten habe ich ihn  nur von hinten fotografiert. Wir leiden  alle an diesem warmen Tag, aber bitte, man muss es nicht forcieren.

Ich  würde gerne jetzt  eine kalte Cola oder ein Bier trinken, aber es gibt nur Lusch-Wasser und daraus hergestelltes Iso, die Müsliriegel und Bananen haben mich auch nicht mehr auf Tour gebracht, so leide ich zusammen mit den zahlreichen Halbmarathonis, ziehe herzlos an ihnen vorbei, an denen, die sich ab km 15 nur noch gehend fortbewegen können.

Ich muss lachen, immer wenn ich hier laufe, denke ich an den Artikel von Bernhard Sesterheim von 2009. Der hockte damals hochkonzentriert  hinterm Holzstapel und beschrieb welchen Gesichtsausdruck die Vorbeilaufenden haben, dabei wäre doch seiner viel interessanter gewesen. Ich weiss nicht mehr, ob man diesen Holzstapel noch jemals verwenden konnte...mag sein er steht nun in irgendeinem Schlafzimmer mit seltsamer Maserung, aber ich muss seriös bleiben. So  wie dieser  Monte Trödeldidö, höchste Erhebung von Köln. Oder wie diese Stadt geschrieben wird. 

Sei es drum..ich nehme wirklich so einen Lauf nicht mehr besonders ernst, ich habe Respekt und Vorsicht, mehr nicht. Und meinen Lauf hier und  heute kann ich nicht serös nennen, da ich irgendwie total schlapp bin, kann ja mal passieren.

Die zweite Runde ist dieses Jahr besonders einsam, liegt wohl an meiner Langssamkeit.

Und dann habe ich fürchterlich gelacht, denn es gab nur noch warmes Wasser, das kalte war ausgegangen. Klasse! Die waren  sogar für einen Kälteeinbruch gewappnet.

Geltüten wurden dieses Jahr so gut wie keine auf der Strecke fallen gelassen, der Königsforst Marathon hat eh Probleme mit den Umweltauflagen, weil angeblich wegen uns die brütenden Zwitschermänner aus dem Nest fallen. Wahrscheinlich  müssen deswegen auch die Helfer an den Verpflegungsstationen diese weissen Hauben tragen.

Einzig das Pärchen, sie geht weit links und er weit rechts in den Wald hinein, könnten irgendwelche Brutgeschäfte gestört haben, aber glücklicherweise haben Läufer nicht denselben Speiseplan.

Ich bin dieses Jahr jedenfalls sehr leise gelaufen, habe meine Beine kaum gehoben, damit keine brütende Krähe aus dem Nest fällt. Habe keinen Regenwurm plattgetrampelt und nur verhalten Pipi gemacht, damit die laichenden Kröten keine Apfelwein-Knoblauchvergiftung bekommen.  An mir liegt es nicht! Ich komme gerne nächstes Jahr wieder, so wie all die Jahre.

Und nun bin ich Fan von Weenix: „Ich glaube, dass die Götter dann und wann auf einer silbernen Wolke so ihren Nektar trinken und die Hälfte der Erde übersehen!“

 

 

Informationen: Königsforst-Marathon
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