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OKAus Bayern kommend ist Innsbruck für mich so etwas wie das Tor zum Süden. Zwangsläufig passiert man auf dem Weg dorthin die Landeshauptstadt Tirols. Über die Autobahn oder Landstraße hinauf zum Passübergang am Brenner sind es noch 40 km, und schon ist man in Italien. Meistens küsst einen bereits hier die Sonne, bevor es die Alpensüdseite runter geht. Unzählige Male bin ich die Route schon gefahren, aber Rast, einen Stopp oder gar einen längeren Aufenthalt habe ich ehrlich gesagt in der Stadt noch nie eingeplant und auch nicht gemacht. Allerhöchstens die Bergisel-Schanze bewundert, die man auf der alten Brennerstraße passiert.
Dabei gilt Innsbruck als Hauptstadt der Alpen und hat einiges zu bieten. Eingegrenzt von der Nordkette des Karwendels und von den Vorbergen der alpinen Zentralkette im Süden, kann die mit 130.000 Einwohnern fünftgrößte Stadt Österreichs sowohl mit Gipfelgefühlen, Naturwundern, als auch mit Kulturschätzen aufwarten. Beim Schlendern durch die historische Altstadt wird man in längst vergangene Zeiten zurück versetzt. Spätgotische Hausfassaden aus der Zeit um 1500 mit den typischen Arkadengängen und bunten Erkern erzählen viel von Geschichte und Kultur. Und zwischen den Häuserzeilen kann man die jetzt noch schneebedeckten Bergspitzen ausmachen. Ein imponierendes Bild.
Das Wahrzeichen der Stadt ist das Goldene Dachl. Der Prunkerker einer Residenz, die um 1500 im Auftrag von Kaiser Maximilian I. errichtet wurde, ist gedeckt mit 2.657 feuervergoldeten Kupferschindeln, die alle noch im Original erhalten sind. Von hier aus hat man einen wundervollen Ausblick über das bunte Treiben in der Altstadt.
„Nutze jeden Augenblick, lass keinen Tanz im Leben aus, mitnehmen kannst du nichts.“ So soll der Spruch auf dem Schriftband des Reliefs am Goldenen Dachl lauten. Das ist aber nur eine Hypothese, denn der Schriftzug gilt bis heute als nicht entziffert.
© marathon4you.de | 13 Bilder |
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Ich übertrage das Ganze jetzt mal auf die derzeitige Trailrunning-Szene und formuliere es so: „Nutze jede Veranstaltung, lass keinen Trail im Leben aus.“ Das passt doch für viele unter uns bestens. Unglaublich viele neue Veranstaltungen an tollen Orten werden derzeit angeboten und überall möchte man natürlich auch gerne einmal am Start sein, zumindest geht es mir so. Ganz neu ist jetzt das Innsbruck Alpine Trailrun Festival (IATF) nicht, die Premiere fand bereits im Vorjahr statt und ist aus dem bereits mehr als 10 Jahre durchgeführten Abenteuerlauf entstanden, bei dem gemeinsam in einer geführten Gruppe gelaufen wird.
Neben der immer noch bestehenden Möglichkeit den Gruppenlauf zu bestreiten, werden noch fünf weitere Distanzen angeboten, so dass für alle Leistungsklassen was zu finden ist. Der K15 Rookie-Trailrun sowie der K25 Trail-Halbmarathon sind die kürzeren Distanzen und bestens geeignet für Trailrunning-Einsteiger. Der K42 Trailmarathon mit 1.450 Höhenmetern spricht bereits etwas erfahrenere Läufer an. Beim K65 Panorama Ultra Trail sind zu seinen 65 km bereits 2.100 Höhenmeter einzuplanen. Königsstrecke ist der K85 Heart of the Alps Ultra Trail mit 3.600 Höhenmetern, hier geht es auch auf den höchsten Punkt aller Strecken, auf fast 1.700 m über Seehöhe.
Nur etwa fünf Gehminuten vom Goldenen Dachl, direkt vor dem Landestheater, liegt die Trailcity, das Veranstaltungsgelände des IATF mit Start und Ziel der meisten Rennen. Von 14 – 18 Uhr können wir uns hier am Freitag die Startunterlagen abholen. Für die Starter des K65 & K85 gibt es anschließend um 18 Uhr im etwa 5 Minuten entfernten Hotel Grauer Bär ein verpflichtendes Racebriefing.
Eine lange Schlange empfängt Daniel und mich vor dem Abholstand der Startunterlagen. Das hat auch seinen besonderen Grund, denn es gilt am Rennen auch eine Pflichtausrüstung am Mann zu haben und die wird vor Aushändigung der Startnummer erst einmal sorgfältig kontrolliert. So sollte jeder Teilnehmer der beiden Langstrecken seinen gepackten Rucksack bereits dabei haben. Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände sind dabei Handy, 1 Liter Flüssigkeit, Erste-Hilfe-Set, Ausweis und Krankenversicherungskarte. Zudem muss jeder seinen eigenen Trinkbecher dabei haben, es wird an den Versorgungsstellen nichts in Einmal-Bechern ausgeschenkt. Die Teilnehmer des K85 sind des Weiteren dazu verpflichtet, eine Stirnlampe und anschnallbare Schuhspikes mitzuführen, was dem Wintereinbruch zur Wochenmitte geschuldet ist. Das Mitführen von zusätzlicher Wärmebekleidung ist nicht reglementiert, das überlässt man der Vernunft der Teilnehmer.
© marathon4you.de | 16 Bilder |
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Der Samstag begrüßt uns mit einem wolkenlosen blauen Himmel. Das verspricht ein herrlicher Tag zu werden. Das Winterintermezzo in diesem Frühling macht tatsächlich eine Pause und beschert uns fast unerwartet Top-Bedingungen. Zwar ist es so früh am Morgen noch frisch im Schatten, mit einer wärmenden Schicht ist es aber gut auszuhalten. Bis kurz vor dem Start kann man seine Wärmebekleidung in einem Zelt im hinteren Bereich der Trailcity abgeben, so braucht keiner lange zu frösteln. Die meisten halten sich aber eh gegenüber des Starttors entlang des schmiedeeisernen Zauns der Hofburg auf oder liegen in der Sonne.
Zeitgleich mit dem Panorama Ultra Trail K65 erfolgt um 8:00 Uhr auch der Start des K25, während der K85 bereits vor 4 Stunden gestartet wurde. Der Läufer mit dem großen gelben Ballon ist der Pacer für den Abenteuerlauf über die 65 km Strecke, wird uns per Ansage mitgeteilt. Groß ist der Andrang bei ihm aber nicht mehr.
Eine kurze Beschreibung der K65-Strecke würde bei mir etwa so lauten: Einmal rund um Innsbruck mit vier Aufstiegen, nicht sonderlich hochalpin, sondern in einem Höhenbereich bis etwa 1000 Meter. Je zwei der Kletterpartien sind dabei auf der Nordkette des Karwendels und auf der Zentralkette im Süden zu bewältigen.
Zwei Mal muss dabei das Inntal durchquert werden, um jeweils zur gegenüberliegenden Bergkette zu gelangen. Somit teile ich mir die Strecke zeitlich in 4 Abschnitte ein. Ich meine, eine Zeit unter 10 Stunden müsste für mich erfahrungsgemäß realistisch sein. Das offizielle Zeitlimit beträgt 12 Stunden.
Nach ein bisschen Einstimmung geht’s pünktlich los. Die ca. 100 K65er vermischen sich mit etwa der doppelten Anzahl an K25ern, sie haben exakt die gleiche Strecke wie wir vor uns und beenden dann am Natterersee ihr Rennen. Am Hofgarten entlang geht es Richtung Inn. Die futuristische Talstation der 2007 neu eröffneten Hungerburgbahn passieren wir nach 200 Metern. Was für ein krasser Gegensatz zu den antiken Gebäuden der Altstadt, sieht aber wirklich geil aus und ergänzt sich prima. Geplant hat das Mammutprojekt die aus Bagdad stammende Stararchitektin Zaha Hadid, wie auch das Bergisel-Stadion.
Nach 500 Metern sind wir am Inn, wo wir auf dem überdachten Hans-Psenner-Steg die Seite wechseln. Und schon beginnt für uns der erste Aufstieg. Serpentinenartig geht es auf wechselnden Belägen nach oben. Wir passieren das spätgotische Schloss Weiherburg und den Alpenzoo Innsbruck, der einer der höchstgelegenen Zoos Europas ist. Er beherbergt 2000 Tiere aus dem gesamten Alpenraum. Wer feudal heiraten will, kann das im über 500 Jahre alten Schloss machen.
Die Spitze unseres ersten Aufstiegs erreichen wir nach 4 km in 950 m Höhe. Wellig geht es weiter, meist auf wunderschönen Trails, teilweise auch fast weglos durch den Wald. Wunderschön liegt unsere erste Versorgungsstation auf einer sonnenbeschienenen Wiese. Ich habe jetzt Appetit auf was Herzhaftes und werde da nicht enttäuscht. Salami, Käse und Laugenbrötchen taugen bestens als zweites Frühstück. Dazu gibt es warmen Tee, Cola, Apfelschorle und noch einiges mehr. Mir ist bereits richtig warm geworden. Die Sonne scheint, der Tag ist herrlich mit bereits wunderbar angenehmen Temperaturen. Also lege ich jetzt alles bisher noch wärmende ab. Dann zieht‘s mit nochmal an die Tische mit den Tiroler Spezialitäten.
© marathon4you.de | 47 Bilder |
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Über 20 Helfer/innen sind heute auf der Strecke an strategischen Punkten verteilt und notieren von jedem durchkommenden Läufer die Startnummer. So können die derzeitigen Standorte jedes einzelnen an ein Live-Tracking-System weitergegeben werden und sofort im Internet abgerufen werden. Beim Racebriefing wurden wir explizit darauf hingewiesen, jedem Posten die Startnummer vorzuzeigen. Neben Live-Tracking dient dies auch der Streckenkontrolle, aber natürlich auch unserer Sicherheit. Falls jemand Probleme hat, kann der Standort schnell ermittelt werden.
Unmittelbar nach der Labestelle passieren wir das Höttinger Bild. Die Wallfahrtskapelle ist ein traditioneller Pilgerort für Studenten in Prüfungsnöten. Der Legende nach befestigte ein Student im Jahr 1675 ein Muttergottesbild an einer Lärche. Er besuchte den Ort häufig und bat Maria um Hilfe bei seinen Prüfungen. Als er erhört wurde, pilgerten auch andere Studenten hierher.1705 wurde eine einfache Holzkapelle errichtet, die 1774 durch eine gemauerte Kapelle ersetzt wurde.
Meist auf schmalen wurzeligen Trails führt uns der Stangensteig abwärts durch den Alpenpark Karwendel. Der Hang fällt oft ziemlich steil ab, so ist es ratsam, seine Augen auf den Weg zu werfen. Aber wirklich gefährlich ist das nicht. Wir sind jetzt genau oberhalb des Flugplatzes von Innsbruck, hin und wieder wird der beeindruckende Blick nach unten frei.