Der zweite Streich des Doppeldeckers führt mich heute zum Donautalmarathon in Tuttlingen. Für mich eine Premiere, denn da war ich noch nie. Und ich habe es auch nicht bereut.
Wo liegt denn eigentlich Tuttlingen? Ganz in der Nähe von Donaueschingen, wo „Brigach und Breg die Donau zu Weg bringen.“ Wer kennt noch diesen Spruch? Wir haben dieses schon in der Schule gelernt, wahrscheinlich, weil meine Heimat direkt an der Donau liegt. Das Gewässer liegt lediglich hinter einem schmalen Auwald von meinem Haus aus versteckt.
2006 und 2007 hat Klaus Duwe von dort berichtet, er musste etwas mehr als üblich trinken, denn die Sportler mussten sich mit Hitze herumplagen. Heute früh ist jedenfalls bestes Marathonwetter, der Himmel klar und die Luft mit weniger als fünf Grad sehr erfrischend.
In Tuttlingen ist dieses Wochenende komplett mit der Veranstaltung belegt. Der Samstag gehört vollständig den Kurzstrecklern über 10 und 21 Kilometer und den Schülern, zudem wird ein Radbewerb über 72 Kilometer durchgeführt. Ja und am Sonntag wird neben dem Marathon, auch in der Staffel möglich, ein NordicWalk über 18 Kilometer veranstaltet. Die Startgebühren sind günstig, der Marathon beginnt bei zeitiger Anmeldung bei 32 EUR, die kürzeren Strecken sind noch billiger zu haben.
Dafür erhalten wir nicht nur einen schönen Landschaftslauf an einem kühlen, aber lauffreundlichen Wettkampftag, sondern auch Medaille, übers Internet Urkunde und Funktionsshirt (nur für vorangemeldete Läufer). Die Besten der Klassen erhalten Pokale und Sachpreise, auch Geldpreise gibt es für die Schnellsten.
Kurz nach 06.30 Uhr parke ich mein Auto am Bahnhof. Parkplätze sind genug vorhanden. In der Bahnhofshalle herrscht schon heitere Stimmung. Wenige Minuten vor 06.45 Uhr, der planmäßigen Abfahrt, entert das Marathonfeld den Sonderzug, der uns in rund 30 Minuten an den Startort bringt. Mitunter sind im Tal noch einzelne Nebelfelder zu erahnen. Am Bahnhof in Hausen im Tal stehen bereits drei Busse bereit, die uns zum rund einen Kilometer entfernten Tobelhaus bringen. Sowohl im Bus als auch im Zug werden wir herzlich begrüßt, wir erhalten die letzten Informationen.
Im Tobelhaus wird schon eifrig gewerkelt: Es wird nachgemeldet, die Startunterlagen werden ausgegeben und auf der anderen Seite gibt es schon frisch gebrühten Kaffee und was zum Beißen. Zahlreiche Athleten sind am Ratschen und am Umziehen.
Ich komme mit einem Seniorenläufer zum Reden, es ist Dr. Peter Grinda aus Konstanz. Für ihn ist der Sport der ideale Ausgleich im Berufsleben. Er war, da auch er beim Laufen in sich hineinhört, noch nie verletzt. Er kann es nicht glauben, als ich ihm von meinem Doppeldecker erzähle. Heute will er einfach dem Motto der Veranstaltung folgen: Run & Fun. Auf gut bayerisch: Laffa und Spass ham.
Startaufstellung kurz vor halb neun. Eine Kapelle bläst uns den Marsch, die letzten Mannschaftsfotos werden geschossen und die Führungsradler stehen auch schon in den Pedalen. Die Prominenz, darunter Aesculap-Boss Prof. Dr. Dr. Dr. Michael Ungethüm, wird noch mal interviewt. Aesculap ist in der Medizintechnik aktiv und sponsert die Veranstaltung. Zahlreiche Sportler stehen in Firmentrikots bereit. Ich habe den Eindruck, dass die ganze Region hinter dem Event steht. Es werden Luftballons ausgeteilt.
Punkt 08.30 Uhr werden wir dann mit Schüssen aus zwei Startpistolen losgelassen. Die Ballons steigen in den Himmel. Nach kurzem Geläuf verlassen wir Hausen und laufen mit der Donau, also entgegengesetzt zur eigentlichen Richtung. Wir sammeln die fehlenden Kilometer, denn ein Wegweiser zeigt „nur“ 38 Kilometer nach Tuttlingen. Nach zwei Kilometer auf einem Feldweg, der bei größerer Beteiligung schon mal eng werden könnte, biegen wir rechts ab und überqueren die Donau.
Mittlerweile habe ich entdeckt, dass ein 3.30-Stunden-Zeitläufer gut zehn bis fünfzehn Läufer hinter sich versammelt hat. Das wäre für mich wieder ein guter Anhalt, denn so kann ich wieder einige Sportler ablichten. Die gut 200 Marathonis werden sich ja im Laufe des Rennes sehr weit auseinanderziehen.
Kilometer 4: Gefühlsmäßig sind wir schneller als üblich für 3.30 Stunden unterwegs, ich kann mich aber täuschen, wegen meines gestrigen Laufes. Aber auf eine entsprechende Äußerung eines anderen Läufers ist mein Eindruck nicht verkehrt, denn der Pacer reduziert augenblicklich sein Tempo.
Schön abwechslungsreich gestalten sich die folgenden Kilometer. Grüne Wiesen, eine mäandrierende Donau, schattige Buchenwälder, Felsformationen und ein munteres Auf und Ab unserer Strecke machen unser Tagwerk zum Erlebnis. An der ersten Verpflegungsstelle stehen links und rechts Biertische mit eingeschenkten Getränken.
Bereits von weitem sehe ich Schloss Werenwag rechts oberhalb der Donau. Es wurde direkt auf das Felsende hingebaut. Der Peter klopft mir auf die Schulter, ja er ist richtig schnell angegangen, will noch ein wenig am Pacer dran bleiben und dann etwas Tempo herausnehmen. Er kommt nächstes Jahr in die Klasse M65 und wird da sicher auch erfolgreich sein.
Wir überqueren die Donau bei Kilometer 9 in der Nähe des Donauhauses. Mehrere Läufer hantieren, so wie ich, mit einer Kamera. Dieter Ehrenberger vom LT Hemsbach lichtet mich ab. Wir wechseln ein paar Worte, anschließend lässt er sich zurückfallen. Einen Kilometer später finden wir die nächste Tankstelle bei der St. Maurus-Kapelle. Das Tal ist sehr eng, die Eisenbahn erscheint wieder aus einem Tunnel.
Nach einem weiteren Wegstück durch Wald und durch Wiesen liegt vor uns Beuron. Der Ort wurde bereits in der Mittelsteinzeit besiedelt. Heute ist er bekannt durch das Benediktinerkloster. Vom Kirchturm der Abteikirche läuten die Glocken. Die Patres haben sich schon alle im Gotteshaus versammelt. Wenn sie uns in ihr Gebet einschließen, dann kommen wir ja alle gesund ans Ziel. Unsere Strecke führt kurz durch Beuron, an einer Musikkapelle vorbei und dann wieder hinaus in die Natur.
Das Donautal ist weiterhin sehr eng. Rechterhand sehen wir immer wieder Felsformationen. Ich höre Alphörner, kann diese aber noch nicht orten. Doch dann oberhalb des Tales, glaube ich, Musikanten auf einer Kanzel oder einem Pavillon zu sehen. Kamera heraus und zoomen, ja, jetzt sehe ich sie auf dem Sucher.
Kurz vor der Halbzeit entfernen wir uns von der Donau, es geht aufwärts. Ich gehe an der 3.30 Stunden-Gruppe vorbei, ich bin ja die Berge von gestern gewöhnt, und kann so mal das “Pack“ von vorne fotografieren. So rund zehn Athleten zählen wir jetzt.
Halbzeit feiern wir mitten im Grünen. Die roten Matten liegen für die Zwischenzeitnahme aus. Meine Uhr zeigt rund 1.44 Stunden, das ist genau richtig. Kurz danach kommen wir an den Versickerungsstellen der Donau vorbei. Hier und einer weiteren Stelle bei Immendingen verschwindet Donauwasser und taucht im 16 Kilometer entfernten Aachtopf wieder auf. Das Wasser fließt dann in den Bodensee und über den Rhein in die Nordsee.
Die Donau selbst durchfließt 10 Länder und mündet schließlich in das Schwarze Meer. Was ich empfehlen kann, ist eine Radtour entlang der Donau. Da gibt es schöne Städte zu erkunden wie Donaueschingen, Ulm, Kelheim, Regensburg, Passau, Linz, die Wachau oder Wien, nur mal beispielhaft. Die ARGE Deutsche Donau, dessen Sitz in Neuburg ist, gibt viele Informationen, wo man unterkommen kann und was man besichtigen kann (
www.deutsche-donau.de).
In Fridingen (Kilometer 24) ist der Teufel los. Am Ortsrand hockt eine Frau am Straßenrand und haut mit einem Kochlöffel auf einen Deckel. Der Lärm steigert sich dann im denkmalgeschützten Stadtzentrum. Besonders vor dem Rathaus, da hat man Biertische aufgestellt und Fahnen hochgezogen, und an der St. Martinskirche herrscht Stimmung wie bei einem Citymarathon. Jeder Marathoni bekommt seinen Applaus und Ansprache. Am Stadtrand finden wir dann drei Alphornbläser. Nach einem weiteren Wegstück überholt unsere Gruppe, wir sind immer noch 10 Läufer, die Dritte des Frauenfeldes.
Kilometer 30, Mühlheim, nicht minder schön ist die Stimmung da zu erleben. Jetzt stehen die Anwohner staunend am Straßenrand und feuern uns an. Zahlreiche Kinder halten uns ihre Hände hin zum Abklatschen.
In Stetten (Kilometer 32) haben Bewohner ein Riesentransparent angebracht. „Stetten grüßt run & fun“, steht drauf. Und wieder haben Kinder ihre helle Freude. Zwei Kilometer weiter, in Neningen, sehe ich kurz vor einer Kapelle zahlreiche Schilder. Es werden besonders Einheimische angefeuert. Nach einem weiteren Wegstück haben die Nendinger ein Bierzelt fast auf der grünen Wiese aufgestellt. Eine super Stimmung. Nächstes Jahr sollte man hier Bier für die Läufer ausschenken. Und wenn der Gerstensaft knapp ist, dann wär ich schon mit ein paar Schlucken zufrieden, gell.
Das Donautal ist nun sehr weit geworden. Der erste Staffelläufer, 30 Minuten nach uns gestartet, kommt von hinten heran und springt davon. Zum Laufen sagt ja der Schwabe springa, bei uns is des z’laffa.
Mit einem Bogen laufen wir an den Stadtrand von Tuttlingen heran. Der Zeitläufer hat sich mit zwei bis drei Läufern nach vorne davongemacht. Ich will mich nicht mehr quälen, sondern nur noch genießen und Spass haben. Das merken dann die Helfer an der letzten Tankstelle, als auf meine übliche Frage nach Bier nur ein Kopfschütteln kommt. Dann sauft’s den Plempel selbst, denke ich und starte durch.
Es folgt noch ein kurzes Stück durch ein Industriegebiet, bevor am Eingang zum Donaupark die „Mühlengeischter“ mit ihrer schrägen Guggenmusik Stimmung machen. Entweder hören die schlecht oder sind be... Der eine hat gar eine Halterung für ein Bierglas an seinem Instrument angebracht. Die Musik gibt mir echt noch einen letzten Schub.
Wir überqueren noch mal die Donau auf einer Brücke und nach einer Rechts-Links-Kombination sehe ich bereits das Zieltransparent. Ich motiviere noch mal die Zuschauer links und rechts zu einer Ola-Welle und laufe gut gelaunt am Marktplatz ein. Hollereiduljö.
Der Pacer wartet, wir gratulieren uns gegenseitig. Ein Medaillenmädle hängt mir das Eisenteil um den Hals. Prof. Ungethüm steht in Laufklamotten ebenfalls im Zielraum. Ich wechsele ein paar Worte mit ihm. Und dann zum Pacer: „Kennst du diese Person?“ deute ich auf einen Mann. „Ne“. Und dann: „Haben Sie hier eine Funktion?“ frage ich. „Ich bin hier der OB.“ „Ja, dann gehören Sie auch aufs Foto, “ so kumm i grad no um d’Kurvn num.
Ein paar Meter weiter um die Ecke finden wir die Zielverpflegung. Cola, Wasser, Schorle, Hefezopf, Melonen, Bananen, Orangen, genug für alle. Die Helfer laufen einem sogar noch mit Getränkenachschub nach. Das habe ich auch noch nicht erlebt. Ja und wie schaut’s mit der Zeit aus, höre ich schon wieder Fragen. 3.27.55 Stunden, und die zweite Hälfte sogar noch 21 Sekunden schneller als die erste. Passt scho, sagt der Bayer. Im TuWass können sich dann die Marathonis duschen und erholen. Das genieße ich, bevor ich mich nach einer gscheiten Brotzeit auf den Rückweg mache.
Die Marathonsieger
Männer
1 Hauser, Thomas (DEU) SV Kirchzarten 02:48:19
2 Läpple, Gerhard (DEU) TSV Hildrizhausen 02:49:23
3 Andreas, Schmitz (DEU) USC Freiburg 02:51:50
Frauen
1 Dieterle, Barbara (DEU) LG Uni Konstanz 03:11:33
2 Hotz, Claudia (DEU) SV Unter-/Oberschmeien 03:26:38
3 Gruber, Michaela (DEU) TV Rielasingen 03:33:29
Streckenbeschreibung:
Start in Hausen im Tal, Ziel auf dem Marktplatz in Tuttlingen. Punkt-zu-Punkt-Strecke, gut zu laufen, zu Beginn mehr Feld- und Waldwege, am Ende mehr asphaltiert. Welliger Kurs, aber noch alles belaufbar
Auszeichnung:
Medaille, Funktionsshirt (bei frühzeitiger Voranmeldung), Urkunde übers Internet. Sachpreise für die Klassensieger. Geldpreise für die schnellsten Drei.
Logistik:
Sonderzug von Tuttlingen Hauptbahnhof (dort genug Parkplätze) nach Hausen im Tal. Frühstücksmöglichkeit im Tobelhaus. Gepäcktransport zum Ziel.
Verpflegung:
Zahlreiche Versorgungsstellen mit Wasser, Apfelschorle, später auch Cola, Bananen und Hefezopf.
Finisher:
Marathon 221, Halbmarathon 554, 385 10-Kilometer-Läufer. Weitere Bewerbe für Schüler, Staffeln, Nordic Walker.
Zuschauer:
Viele Zuschauer in den Ortschaften, teilweise Gänsehautfeeling, besonders im Ziel. Unterwegs herzlicher Beifall von Wanderern und Radfahrern.
Informationen: Donautal-Marathon